Rede von Ekin Deligöz Einzelplan Auswärtiges Amt

04.07.2018

Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden hier über den Etat der zivilen Friedenspolitik und der Diplomatie. Es ist bei den Vorrednern eindeutig klar geworden, worum es geht. Wir brauchen die Diplomatie. Wir brauchen sie auf der internationalen Bühne. Wir brauchen sie besonders in dieser komplexen, unübersichtlichen Weltlage, Beispiele dazu sind gefallen: der Brexit, die neue geopolitische Rolle der USA, die humanitären Krisen oder die Tatsache, dass weltweit fast 70 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Laut UNICEF ist mehr als jeder zweite Flüchtling weltweit ein Kind, ein Minderjähriger, ein unter 18 Jähriger. Das bringt uns in neue Verantwortung.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Syrien-Krieg, die Ukraine-Krise, all das ist etwas, wo wir uns in unserer Verantwortung angesprochen fühlen müssen. Deshalb brauchen wir auch das Auswärtige Amt; denn die Diplomaten dort sind unsere Kräfte, die uns nicht nur vom Ausland berichten, sondern natürlich auch unsere Werte nach außen tragen und dort für uns gute Arbeit machen. Ich finde, es ist auch an der Zeit, einmal ein Dankeschön auszusprechen für die gute Arbeit, die in Ihrem Haus, Herr Minister, im Inland wie im Ausland geleistet wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

An die AfD gerichtet muss ich sagen: Sie zielen ja die ganze Zeit darauf ab, die Stiftungen abzuschaffen. Sie sagen: „Die Stiftungen sind unrecht“, oder was auch immer Sie da im Kopf haben. Jedenfalls: Sie wollen die Stiftungen abschaffen. Mich wundert das ein bisschen; denn gleichzeitig gründen Sie doch selber eine Stiftung.

(Armin-Paulus Hampel [AfD]: Die Stiftungen können Sie behalten!)

Jetzt kann man daraus entnehmen: Sie werden niemals im Ausland eine Stiftung aufmachen. Das ist gut für die Welt. Bleiben Sie dabei!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde die Arbeit der Stiftungen, die ich kenne, wichtig: Ja, sie setzen sich für Demokratisierung ein, sie setzen sich für unsere Werte ein. Ich bin Verfassungspatriotin genug – und von Tag zu Tag werde ich durch Ihre Reden noch verfassungspatriotischer –, um diese Demokratie und diese Werte stärker zu verteidigen und an dieser Stelle auch die Stiftungen zu verteidigen. Wir brauchen mehr von ihrer Arbeit und nicht weniger – im Sinne der Aufklärung und eines modernen Staates.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Jetzt sind wir uns alle einig über die Wichtigkeit der Diplomatie in der Welt. Da klatschen auch alle; das finde ich super. Aber bei der Etatplanung sind wir uns, ehrlich gesagt, nicht mehr einig. Warum? Wenn wir das Gesagte für richtig halten, dann können Sie doch nicht in der Finanzplanung für die kommenden Jahre die Ansätze senken und weniger Mittel für das Auswärtige Amt ausgeben – ganz im Gegenteil: Weil die Herausforderungen steigen, müssten die Mittel in diesem Etat auch steigen. Die Ausgaben für zivile Außenpolitik und Entwicklungshilfe sind ja laut Koalitionsvertrag an die Höhe des Militäretats gebunden. Jetzt stellen wir fest: Der Militäretat steigt, die anderen beiden müssen sich in Bescheidenheit üben. Das passt nicht. Das ist falsch. Das kann nicht die Rolle Deutschlands sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich gebe Ihnen ein Beispiel, zu was es führt, wenn Sie so weitermachen: Das Auswärtige Amt erhält nur eine minimalste Steigerung bei den Personalmitteln. Ja, Sie erhalten neue Stellen; aber dabei geht es auch um die Erledigung sehr vieler Pflichtaufgaben, die ohnehin angefallen wären.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: So ist es!)

Dabei benötigten Sie mittelfristig alleine 500 neue Stellen für den Bereich der Personalreserve. Worum geht es bei der Personalreserve? Gemeint sind Bedienstete, die wir ad hoc einsetzen können, um Überlastungen im Ausland, zum Beispiel bei Pass- und Visastellen, ausgleichen zu können. Wir brauchen diese Menschen. Übrigens wissen wir genau, wo die Stellen gebraucht werden, welchen Auftrag sie haben, welche Aufgaben sie übernehmen.

Für die Personalreserve bekommen Sie, Herr Maas, aber keine einzige Stelle zugebilligt. Dann haben wir andererseits das sogenannte Heimatministerium, und da wissen wir eigentlich nicht, was die Leute machen sollen, welchen Auftrag sie haben sollen, womit sie beschäftigt sein sollen. Trotzdem bekommt die Heimatabteilung fast 100 neue Stellen.

(Alexander Graf Lambsdorff [FDP]: Abstrus!)

Finde den Fehler!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Die einen wüssten, woran sie arbeiten sollen. Die anderen haben keine Ahnung davon, bekommen aber die Stellen. Finde den Fehler! Ich finde, hier verkommt Personalpolitik zu symbolischer Machtpolitik. Das ist zu teuer. Das ist ignorant. Das ist selbstvergessen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Da gibt es überhaupt keine Idee, worum es geht. Da, finde ich, müssen wir noch einmal nachhaken.

Zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik haben wir vieles gesagt; aber, ehrlich gesagt, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich hoffe, dass die Mittel dafür am Freitag, wenn der Haushaltsentwurf für 2019 kommt, immer noch in mindestens gleicher Höhe im Etat für das nächste Jahr stehen werden. Meine Angst ist, dass wir Haushälter beim Haushalt für das nächste Jahr von neuem anfangen müssen, dafür zu kämpfen. Ich fände das schade; denn wenn es alle gut finden, dann sollte die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auch angemessen etatisiert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden beim Etat 2019 über Personal reden, über Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, über humanitäre Hilfe und die Spending Review zwischen Entwicklungsministerium und dem Auswärtigen Amt. Wir sollten aber auch dringend darüber reden, wie wir den UNHCR besser ausstatten; denn für all das, was die Regierung sich für den UNHCR vornimmt, ist dieser überhaupt nicht vorbereitet. Gerade durch unsere Haushaltspolitik setzen wir starke Bedingungen: Wir gehen nicht so stark in die ungebundenen Beiträge, aber gerade die ungebundenen Beiträge stärken den UNHCR in seiner Arbeit, damit er tatsächlich auf Krisen reagieren kann,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

sodass er flexibel ist, er schnell ist, vor Ort ist und den Flüchtlingen hilft. Was die ungebundenen Beiträge angeht: Das tun Sie, wie gesagt, nicht genug. Es ist mein persönliches Ziel, Herr Minister, dass wir da stärker mit hineingehen.

Ein Letztes. Zur Colonia Dignidad gibt es jetzt einen Bericht der Bundesregierung. Darin steht, eine rechtliche Verpflichtung Deutschlands sei nicht gegeben. Aber eine moralische Verpflichtung haben wir schon.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU])

Dazu hat der Bundestag eine Entscheidung getroffen – und ich finde, im Haushalt muss das dann auch nachvollzogen werden. Auch das ist ein Auftrag – mindestens für den Etat 2019.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU])