Saison 2019: Grüne Tulpe - SC Union 06

13.05.2019

Fußball ist ein einfaches Spiel!

(Zitat von Bill Shankly)

Ein gutes Pferd springt nicht höher als es muss! Ein Spiel hat 90 Minuten und zwei Halbzeiten. Wer ein Tor mehr als der Gegner schießt, gewinnt. Fußball ist ein einfaches Spiel, und viel mehr als diese paar Sätze brauchte es am Montagabend nicht, um das jüngste Spiel der Tulpe zu beschreiben.

Coach Toffi gab als Matchplan hohes Pressing für die ersten 20 Minuten aus, um dann in der zweiten Hälfte der ersten Halbzeit tiefer zu stehen. Und das klappte. Toffi selbst klaute dem SC Union 06 Torwart den Ball im eigenen Sechzehner vom Fuß, als der nicht wusste, wen er anspielen sollte, weil tatsächlich alle gedeckt waren. Und schon stand es 1:0 Kurz darauf ein Pass aus dem Halbfeld in den Lauf von Toffi, der wird zwar noch vom eisernen Union-Libero beim Torabschluss gecheckt, aber der Ball liegt dennoch im Netz 2:0.

Und als auch noch eine Kombination über rechts Till allein vor dem Union-Keeper freispielt und der überlegt flach am Torwart vorbei einschiebt, steht es 3:0. Bis dahin hatte Union noch kaum eine ernst zu nehmende Chance gehabt. Die Viererkette stand, im Mittelfeld gab es Anspielstationen und die meisten Bälle mussten gar nicht erst abgelaufen werden, sondern wurden schon im defensiven Mittelfeld aufgesogen.

Bei dem Spielstand und -verlauf kann man normaler Weise davon ausgehen, dass das Spiel gelaufen ist. Aber weil Fußball eben einfach ist und die Zukunft offen, ist ein Spiel eben erst nach 90 Minuten zu Ende. Ein Rückpass aus dem Mittelfeld auf Tulpe-Keeper Patrick, der nimmt den Ball ruhig an, schaut, macht ein paar Schritte nach rechts, schaut noch mal, es tut sich nicht richtig was, die Zeit läuft runter, ein langer Abschlag wäre jetzt fein, Patrick nimmt den Ball in die Hand... Wo kam der noch mal her, damals? Schiedsrichter und Spieler erinnern sich dunkel, und so gibt es indirekten Freistoß vom Fünf-Meter-Raum. Man kennt das: zehn Mann in der Mauer im Tor, der Torwart wirft sich in den Schuss. Aber die Tulpen probieren es mal mit drei Mann in der Mauer und Manndeckung am Sechzehner. (Fußball ist doch eigentlich einfach.) Der Freistoß zieht eine Schneise durch die Luft und schlägt zum 1:3 im langen Eck ein.

Danach ist das Spiel offener, aber mit einigen waghalsigen Grätschen in der Innenverteidigung und schnellen Außenverteidigern kontrolliert die Tulpen-Abwehr das Geschehen recht souverän. Nur einmal spielt ein schneller Steckpass gleich zwei Union-Stürmer vor dem Tulpen-Keeper frei, der erste legt den Ball an Keeper Patrick vorbei, der zweite schiebt noch leicht durch eine Grätsche von Sebastian gestört den Ball ins freie Tor. Denkste! Denn Tor ist erst, wenn der Ball über die Linie ist, und davor fegt Außenverteidiger Nico im Stile von Speedy Gonzalez heran und kratzt das Leder noch von der Linie. Da feiert Villarriba, während Villabajo noch schrubben muss. (Die Älteren werden sich erinnern: In den 90ern konnten wir uns darüber kaputt lachen, wenn jemand die zwei berühmtesten spanischen Städte erwähnte.)

Kurz darauf segelt eine Ecke über den gesamten Tulpen-Strafraum. Rasmus erläuft den Ball noch vor dem Seitenaus und leitet einen Konter ein, wie er im Bilderbuche steht: ein Pass von der Mittellinie in den Lauf auf Till weit rechts außen. Der hat am Sechzehner alle Zeit der Welt, sich seine Anspielstation auszuwählen und schlägt die Flanke passgenau in den Fuß des auf links mitgelaufenen Jonas, der mit perfekter Ballkontrolle zum 4:1 einnetzt.

Halbzeit, aber wie gesagt, ein Spiel hat zwei Halbzeiten. Und nun beginnt Union zu zeigen, dass sie Holsteiner sind: Sie springen nicht höher, als sie müssen. Inzwischen ist Jan im Tor, der sich fast sofort einige Male auszeichnen kann. Einen perfekten Fernschuss holt er noch sensationell aus dem Winkel, wehrt ihn zur Seite ab, aber da ist der Sturmführer der 06er ganz allein. Sofort eilt Jan seinem Ball hinterher und springt mit, doch der Sturmtank, der in der ersten Halbzeit noch um einen Elfmeter bettelte, als er vom alten Abwehrrecken Sebastian wunderschön abgegrätscht wurde und einfach zu spät kam, hat diesmal das bessere Timing und sein Kopfball fällt zum 2:4 ins leere Tor.

Nur wenige Minuten später kommt er wieder einen Bruchteil einer Sekunde vor dem herauslaufenden Keeper an einen langen Ball und legt ihn durchaus technisch anspruchsvoll am Torwart vorbei und kann ins leere Tor einschieben. 3:4. Und schon rollt die nächste Angriffswelle, eine Flanke von rechts landet bei dem nächsten Sturmpartner, der den schwierigen Ball kontrolliert und aus zentraler Position zum 4:4 einschießt. Nunja, gewinnen tut man aber eben nur mit einem Tor mehr als der Gegner.

Doch nun ist das Spiel wieder ausgeglichener. Aber bei einem langen Ball stolpern Rasmus und sein Gegenspieler kurz vor dem Sechzehner gegenseitig über ihre Beine. Und dieses Mal wird der direkte Freistoß vom herauslaufenden Sebastian abgefälscht und schlägt zentral ein 5:4. Spiel gedreht und noch vier Minuten zu spielen. Passt doch.

Aber nun will die Tulpe sich doch noch belohnen. Sie drängen auf den Ausgleich. Eine letzte Ecke. Eigentlich ist das die Zeit der Torhüter. Gerry Hillringhaus per Tor des Monats zum 1:1 gegen Ingolstadt, Frank Rost zum 3:3 gegen Hansa Rostock. Aber dieses Mal ist es Till, der den zu kurz und zentral geklärten Kopfball vom in der zweiten Hälfte gekommenen Union Mittelfeldmotor auf den Fuß bekommt und aus der zweiten Reihe abzieht. Und der Ball zischt wie ein Strich durch Freund und Feind, er muss wohl vom Fußballgott persönlich gelenkt werden und geht wenige Zentimeter neben den linken Pfosten. Nur hat sich der Fußballgott wohl letzte Woche bei Liverpool und Tottenham schon so verausgabt, dass die Feinjustierung nicht mehr stimmt. Der Ball geht an der falschen Seite des Pfostens vorbei.

Fußball ist eben einfach. Und Union war einfach besser. Aber es war ein wirklich feines Spiel von beiden Teams.