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21.04.2021

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es mir nicht verkneifen, ich muss etwas zu Ihnen sagen, Herr Dr. Maier. Man kann in vielen Fragen unterschiedlicher Meinung sein. Aber sich hierhinzustellen und über eine Region mit einer 700-jährigen Geschichte zu sagen: „Das ist doch einfach nur ein Haufen Sand“ und dann zu sagen: „Es gab da nie Leute, es gab noch nie eine Kultur“ – ich war schon mal in El Aaiún; da gibt es eine wunderschöne Altstadt. Wenn Sie das alles ignorieren, wollen Sie diese Realität entweder nicht wahrnehmen, oder es ist einfach nur altkoloniales Denken, und das ist einfach unerträglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Meine Damen und Herren, am 10. Dezember 2020 haben Marokko und Israel eine Übereinkunft darüber erzielt, dass sie ihre Beziehungen normalisieren wollen. Wir wissen, dass das keine Selbstverständlichkeit ist. Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die unsere Unterstützung verdient. Gleichzeitig aber haben die Amerikaner die Souveränität Marokkos über Westsahara anerkannt. Das können und dürfen wir nicht akzeptieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir eine multilaterale Ordnung in den internationalen Beziehungen wollen, dann müssen wir das Völkerrecht, die Grundlage dieser Ordnung, achten. Es gibt nicht die eine oder die andere Völkerrechtsgrundlage, es gibt nur ein Völkerrecht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt für die gegenwärtige Annexion der Krim, das galt für die Annexion Osttimors bis 2002, und das gilt natürlich auch für die Annexion Westsaharas. Die Eskalation der Situation in Guerguerat im Oktober 2020 hat es doch gezeigt: Es gibt sehr, sehr viele junge Sahrauis in den von Marokko nicht kontrollierten Gebieten, die einfach nur noch resigniert haben.

Es ist gerade gesagt worden: Die Resolution 690 der Vereinten Nationen ist aus dem Jahre 1991, und die dort festgeschriebene Durchführung eines Referendums ist bis heute ausgeblieben. Gleichzeitig versucht Marokko, immer mehr Staaten davon zu überzeugen, die Souveränität des Landes so anzuerkennen, dass sie auch für Westsahara gelten würde. Es gibt mittlerweile über 20 dort eröffnete diplomatische Vertretungen. Das erzeugt bei den Sahrauis Frustration und Resignation, aber eben auch Wut. Das ist eine sehr gefährliche Situation. Ohne schnelles Handeln droht hier die Gefahr von Radikalisierung und auch von militärischer Eskalation. Dieser Status quo kann deshalb nicht wie bisher einfach hingenommen werden, nach dem Motto: Wird schon gut gehen. Es spricht sehr vieles dafür, dass es nicht einfach gut gehen wird, und das muss verhindert werden, damit in Nordafrika nicht noch ein weiterer Regionalkonflikt eskaliert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um aus dieser Sackgasse zu entkommen, braucht es stetige Initiative. Wir sind sehr dankbar für all das, was Altpräsident Köhler bis 2019 geleistet hat. Es war eine hervorragende, dankenswerte Arbeit. Ich muss jedoch sehen, dass diese Bundesregierung, dass Heiko Maas das Arbeiten an diesem Thema seitdem eingestellt hat, und der Dornröschenschlaf wird erst dann unterbrochen werden, wenn es knallt. Genau in solchen Konflikten kommt man mit dieser Strategie des Nichtstuns nicht weiter.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es reicht nicht, nur aktiv zu werden, wenn es eskaliert. Es muss einfach ein stetiger Raum der Initiative da sein, damit die dicken Bretter auch gebohrt werden können. Das bedeutet: mehr Kohäsion innerhalb der Europäischen Union, mehr Zusammenarbeit mit der Afrikanischen Union.

Natürlich muss man alles dafür tun, damit die Konfliktparteien wieder an einen Tisch kommen und konstruktiv an Lösungen arbeiten. Und es geht um nicht weniger, als die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen aufrechtzuerhalten. Dafür müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht. Das steht gut nachlesbar in unseren Anträgen für die ich um Ihre Zustimmung bitte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Vielen Dank, Kollege Nouripour. – Als Nächste hat das Wort Gisela Manderla von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)