21.02.2019

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf soll die Bundeswehr berechtigt werden, den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben zu nutzen. Sie soll als eigenständiger Teilnehmer neben den BOS, also zum Beispiel der Polizei, den Hilfsorganisationen oder den Feuerwehren, aufgenommen werden.

Dabei nutzen bereits jetzt einige wenige Teilnehmer der Bundeswehr den Digitalfunk der BOS. Hierzu zählen zum Beispiel die Feldjäger im Personenschutz oder die Bundeswehrkrankenhäuser. Diese Teilnutzung auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, ist richtig. Die von der Bundesregierung geplante Erweiterung um bis zu 40 000 zusätzliche Teilnehmer soll den Aufbau von teuren Doppelstrukturen vermeiden, Synergieeffekte erzeugen sowie die zivil-militärische Zusammenarbeit, zum Beispiel im Katastrophenfall, verbessern.

Allerdings frage ich mich, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, die zahlreichen Probleme beim Digitalfunk abzustellen, bevor neue Teilnehmer integriert werden. Denn die Einführung des Digitalfunks kann wahrlich nicht als Erfolgsgeschichte verkauft werden. Vielmehr ist sie eine Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen, sozusagen der Flughafen BER des Bundesinnenministeriums. Neben jahrelanger Verzögerung bei der Einführung und Kostensteigerungen, machte der Digitalfunk vor allem immer wieder mit erheblichen Problemen von sich reden.

Berichte über überlastete Netze bei Großschadenslagen, wie zum Beispiel bei dem Anschlag am Münchener Olympia-Einkaufszentrum, schlechte Netzabdeckung, vor allem in großen Gebäudekomplexen, oder technische Störungen haben uns auch hier im Bundestag immer wieder beschäftigt. Dabei ist eine sichere und zuverlässige Kommunikation der Schlüssel für eine erfolgreiche Einsatzführung. Sie ist aber vor allem für die Sicherheit der Einsatzkräfte in Gefahrenlagen, die jederzeit in Verbindung mit den Leitstellen stehen müssen oder in der Lage sein müssen, Verstärkung herbeizurufen, von essenzieller Bedeutung.

Ich frage mich ganz ernsthaft, ob es klug ist, mit der Gesetzesänderung und Aufnahme der Bundeswehr weitere Teilnehmer in das Digitalfunknetz der BOS aufzunehmen, solange die beschriebenen Probleme noch nicht abschließend gelöst sind.

Durch die Gesetzesänderung soll die zivil-militärische Zusammenarbeit bei Katastrophenlagen, wie zum Beispiel Hochwasser, verbessert werden. Sicherlich kann die Nutzung einer einheitlichen Kommunikationsinfrastruktur dazu beitragen. Klar ist auch, dass Soldatinnen und Soldaten bei der Bewältigung von Naturkatastrophen hervorragende Arbeit leisten. Erst kürzlich haben wir erlebt, dass Angehörige der Bundeswehr im Rahmen der starken Schneefälle in Süddeutschland eine große Hilfe waren. Gleichwohl drängt sich hier aber ein anderer Verdacht auf: Ich befürchte, dass die Bundesregierung hiermit einen weiteren Baustein für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren legen will. Auf jeden Fall würde sich dies in die Kette von Diskussionen, aber auch konkreten Maßnahmen, wie gemeinsame Übungen von Sicherheitsbehörden und der Bundeswehr, einfügen.

Eine Militarisierung der Innenpolitik ist ein falscher Ansatz und wird nicht für mehr Sicherheit sorgen. Ich sage es noch mal ganz deutlich: Es darf keine Militarisierung der Innenpolitik geben, und schon gar nicht durch die kalte Küche. Die Bundesregierung muss aufhören, diesen Weg unbeirrt weiter zu beschreiten.

Die größte Baustelle im Digitalfunk ist nicht die mangelnde Integration von Teilnehmern der Bundeswehr. Dringender Handlungsbedarf besteht vor allem bei der Netzabdeckung in großen Gebäudekomplexen und bei der Übertragbarkeit von großen Datenmengen. Ich fordere Sie auf: Stellen Sie endlich vollständig die Probleme ab, bevor Sie neue schaffen.