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06.06.2019

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Einen kleinen messbaren Fortschritt haben die vielen Menschen in Deutschland, die sich derzeit auf der Straße und in der Wahlkabine für mehr Klimaschutz einsetzen, ja erreicht: Sie von der FDP-Fraktion haben Ihren einzigen Antrag zum Thema Klimaschutz aus dieser Wahlperiode nun heute hier im Parlament zur Debatte gestellt. Das ist ja schon mal was.

(Beifall beim BÜNDNI S 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist der dritte! Fake News!)

Aber, meine Damen und Herren, die Enttäuschung folgt auf dem Fuß. Statt die Gelegenheit zu nutzen, jetzt konkrete und sofort wirksame Maßnahmen vorzulegen, wärmen Sie doch nur Ihre alte Leier vom Emissionshandel auf. Dabei wissen Sie doch so gut wie ich: In der Praxis ist ein globaler CO 2 -Preis in angemessener Höhe ungefähr so realistisch wie der Weltfrieden. Was Sie mit Ihrem Ansatz wollen, ist ein internationaler Verschiebebahnhof statt nationaler Verantwortung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Die nationale Verantwortung steht doch drin!)

Sie von der FDP fordern die Bundesregierung in Ihrem Antrag auf, auf eine „EU-weite Einbeziehung“ der „Sektoren Verkehr und Wärme“ in den Emissionshandel – Zitat – „hinzuwirken“.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Artikel 24!)

Ich übersetze das mal in einfache Sprache: Wir warten einfach weiter ab, und falls sich die EU-Staaten irgendwann auf irgendwas Neues geeinigt haben, können wir immer noch weitersehen. – Sie haben offensichtlich immer noch nicht verstanden, liebe FDP:

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Sie haben den Antrag nicht gelesen!)

Die Klimakrise wartet nicht. Auch hier in Deutschland müssen wir handeln, und zwar jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Ja, steht doch drin! Lesen Sie den Antrag! Das würde helfen!)

Die unerträgliche Verzögerungstaktik der Bundesregierung beim Klimaschutz, der Sie von der FDP hier auch wieder das Wort reden, bedroht übrigens nicht nur die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder,

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Haben Sie mir nicht zugehört?)

sie wird schon ab dem nächsten Jahr reale Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben; denn zum ersten Mal hat die Regierung Strafzahlungen für Versäumnisse beim Klimaschutz in ihre Finanzplanung aufgenommen, und dieses Geld muss Deutschland dann an andere EU-Staaten zahlen,

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das können Sie über Artikel 24 verhindern!)

um dort Emissionsrechte für die viel zu hohen Treibhausgasemissionen in Deutschland zu kaufen. Diese Strafzahlungen können sich im nächsten Jahrzehnt auf bis zu 60 Milliarden Euro summieren. Da wundert es mich schon sehr, dass ausgerechnet die FDP hier keine Vorschläge vorlegt,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Natürlich! Artikel‑24-Maßnahmen!)

um solche Ausgaben zulasten aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu verhindern.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Frau Verlinden, schauen Sie doch mal ins EU-Recht rein! Das würde Ihnen helfen!)

Ihre klimapolitische Nebelkerze, den Emissionshandel auf Wärme und Verkehr auszudehnen, wird uns dabei übrigens nicht helfen, und Ihren Vorschlag, über den wir hier gleich abstimmen sollen, wollen noch nicht einmal Ihre Freunde vom BDI. Noch nicht mal Herr Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie hat sich am 3. April im Umweltausschuss dafür ausgesprochen. Er hat klipp und klar gesagt: Das ist nicht unser Instrument. Damit können wir nicht vorankommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Aber Professor ­Weimann! Die Wissenschaft hat sich dafür ausgesprochen!)

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung – – Es ist hier so laut, dass ich mich nicht mal mit der Rednerin unterhalten kann. Wir können auch abbrechen. Wenn Ihnen das lieber ist, dann mache ich eine Unterbrechung. – Erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung?

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich glaube, es ist im Interesse aller, wenn wir die Debatte fortsetzen.

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Also nein.

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir Grüne setzen dem Nichtstun der FDP und der Regierungsfraktionen eine ganze Liste von über 30 ganz konkreten Klimaschutzmaßnahmen entgegen, nämlich unseren Antrag für ein wirksames Klimaschutzgesetz, den wir heute hier gegenüberstellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Ohne einen einzigen Plan!)

Zu diesen wirksamen Maßnahmen gehört natürlich allen voran auch ein CO 2 -Preis – auch national. Dazu gehört natürlich der sofortige Einstieg in den Kohleausstieg. Doch was machen die Regierungsfraktionen? Statt wenigstens den unzureichenden Kompromiss der von Ihnen eingesetzten Kohlekommission in ein Gesetz zu gießen, verabschieden Sie im sogenannten Klimakabinett lediglich einen Zeitplan. Meine Güte! Herzlichen Glückwunsch, Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Beim Klimaschutz geht es natürlich um noch viel mehr als um CO 2 -Preis und Kohleausstieg. Meine Zeit reicht nur, um das exemplarisch für den Bereich Wärme und Gebäude darzustellen. Hier könnte Deutschland sofort real CO 2 einsparen, wenn wir endlich einen Energiestandard für Neubauten bekommen, der dem Stand der Technik entspricht, wenn die Regierung endlich die Subventionen für Öl- und Gasheizungen streicht

(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

oder den Einbau von neuen Ölheizungen wie in einigen europäischen Nachbarländern gleich ganz beendet. Wenn Sie weitere Anregungen brauchen, liebe Bundesregierung, schauen Sie einfach in unseren ausführlichen Antrag.

Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, sage ich zum Schluss ganz frei nach Ihrem Vorsitzenden: Wenn Ihnen nicht mehr zum Thema Klimaschutz einfällt als der Verweis auf den Emissionshandel, dann überlassen Sie das Thema doch besser den Profis.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Lukas Köhler [FDP]: Zum Glück müssen wir Ihnen das Lesen nicht überlassen! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Narren! Hu! Hu! So ein Stuss! Grüner Stuss! – Beifall des Abg. Petr Bystron [AfD] – Dr. Stefan Ruppert [FDP]: Und vor allem arrogant!)