22.03.2019

Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte anschließen an Kollegin Stadler, die damit eingestiegen ist, dass wir hier heute den Entwurf eines kleinen, aber feinen Gesetzes vorliegen haben. Da stimme ich ihr zu; die Betonung liegt eindeutig auf „klein“, würde ich sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])

Wir gehen heute nur einen sehr kleinen Schritt zur Erhöhung der Attraktivität der Freiwilligendienste. Das ist positiv, weil man mehr Menschen erreicht – das will ich gerne zugeben –; aber um die Freiwilligendienste wirklich umfassend zu verbessern, wäre sehr viel mehr notwendig.

Die Teilzeitoption ist ein Mittel, um Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen zu erreichen, um Menschen, die sich um ihre Angehörigen kümmern, die Kinder zu betreuen haben, zu motivieren, einen Freiwilligendienst zu leisten. Das ist auch uns Grünen ein Anliegen. Auch wir wollen die Freiwilligendienste für eine größere Gruppe von Menschen attraktiver machen. Insofern können wir diesem kleinen, aber feinen Gesetzentwurf heute zustimmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Kritik an einzelnen Regelungen habe ich letzte Woche schon vorgetragen: Diese starren Regelungen zur Proportionalität des Taschengeldes sind schade, weil sie den Trägern Flexibilität nehmen. Auch die sehr allgemeine Beschreibung der persönlichen Gründe, die für die Teilzeitoption notwendig sind, sehen wir skeptisch. Hier werden wir nach Inkrafttreten des Gesetzes sehr genau hinschauen, ob es tatsächlich den gewünschten Effekt hat, dass alle Menschen sich angesprochen fühlen; denn das muss das Ziel sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen aber so ehrlich sein, Frau Ministerin: Für das Ziel „attraktivere Freiwilligendienste“ braucht es sehr viel mehr als diese Teilzeitregelung. Auch wenn ich es sehr begrüße, dass wir jetzt zwei Wochen hintereinander zur besten Zeit im Plenum über Freiwilligendienste sprechen,

(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es nur ein sehr kleiner Fortschritt ist und wir hiermit nicht die kompletten Freiwilligendienste revolutionieren. Der große Wurf für den Jugendfreiwilligendienst, den Sie angekündigt haben, steht noch aus. Hier haben wir noch keinen Vorschlag gesehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte Sie heute noch einmal fragen: Wann kommt denn das Jugendfreiwilligenjahr? In den Eckpunkten zum Haushalt haben wir noch nichts dazu gesehen. Wir haben bisher keinen Fahrplan vorgelegt bekommen. Wann kommen die Vergünstigungen bei den Fahrtkosten für die Freiwilligen? Wann packen Sie eine Verbesserung der internationalen Freiwilligendienste an, die seit Jahren auf eine Erhöhung der Zuschüsse warten, um es noch leisten zu können, den Freiwilligen internationale Aufenthalte zu ermöglichen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

All das ist ganz zentral für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft und die Förderung von Engagement. Da erwarten wir sehr viel größere Schritte, als es jetzt mit diesem kleinen Teilzeitgesetz der Fall ist.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Noch ein paar Sätze zum FDP-Antrag, zu dem ich mich letzte Woche noch nicht geäußert hatte. In der Begründung sind wir uns sehr einig, Kollege Aggelidis. Da schreiben Sie, das Engagement gerade der älteren Generation solle weiter gefördert werden, ältere Menschen sollten angesprochen, sollten zu vielfältigen Formen von Engagement motiviert werden. Das unterstützen wir ausdrücklich. Aber was die Idee angeht, dafür den Bundesfreiwilligendienst, der ja grundsätzlich schon auch für Seniorinnen und Senioren offen ist, sehr stark zu flexibilisieren und auch für kleinere Stundenumfänge zu öffnen: Wir glauben nicht, dass der Bundesfreiwilligendienst der richtige Rahmen ist. Deswegen können wir an der Stelle nicht zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Grundsätzlich ist für uns Grüne aber klar: Wir wollen Engagement von allen Menschen, ob alt oder jung, mit unterschiedlichsten Hintergründen. Dafür bleibt sehr viel zu tun; denn wir haben im Moment eine einseitige Form von Engagement. Oft ist es die gleiche Gruppe. Für unsere Demokratie ist es aber ganz entscheidend, dass wir verschiedene Menschen gewinnen, sich zu engagieren. Das stärkt den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Gerade in Zeiten, in denen auch unsere Demokratie vor großen Herausforderungen steht, ist es ganz entscheidend, dieses Engagement wertzuschätzen und zu stärken. Da warten wir auf Ihren Entwurf, Frau Giffey.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben Vorschläge dazu gemacht. Daran können Sie sich gerne orientieren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)