Rede von Dr. Franziska Brantner Deutsch-französisches Parlamentsabkommen

20.03.2019

Dr. Franziska Brantner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mich auf den heutigen Tag echt gefreut; denn es ist ein guter Tag für die deutsch-französischen Beziehungen. Wir leisten hier heute gemeinsam echt etwas ziemlich Großartiges.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Heute, Herr De Masi, steht das Parlamentsabkommen auf der Tagesordnung. Wir werden noch über den Aachener Vertrag debattieren und diesen ratifizieren; darüber stimmen wir aber heute nicht ab.

Sie, Herr Jung, haben gesagt: Das ist die Antwort des Parlaments auf den Aachener Vertrag. – Ich würde es eher andersherum definieren: Ohne uns Parlamentarier hätte es gar keinen Aachener Vertrag gegeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Es war ja unsere parlamentarische Initiative. Blöderweise hat die Regierung dann gemeint, sie müsse vorspurten. Aber ohne uns wäre es dazu nicht gekommen.

Nachdem die Assemblée nationale schon letzte Woche zugestimmt hat, können auch wir das Abkommen heute verabschieden. Ich möchte mich an der Stelle für die gute Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen in unserer Arbeitsgruppe wirklich bedanken. Auch Ihnen, Herr Dr. Schäuble, möchte ich für Ihren Einsatz für dieses Parlamentsabkommen persönlich danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Abkommen ist eine gute Grundlage für unsere zukünftige Arbeit, aber es ist eben auch nur ein Fundament. Jetzt kommt es auf uns an. Es kommt darauf an, was wir daraus machen, ob wir es schaffen, dass dort spannende, relevante, gute Debatten stattfinden, oder ob es nur schöne Fotos gibt und man sich sagt, wie gerne man sich hat.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Unserer Meinung nach muss es da um die wirklich schwierigen Themen gehen. Wir müssen über folgende Fragen diskutieren: Wie geht es mit der gemeinsamen Rüstung weiter? Wie machen wir zusammen den Euro stabil? Wie sorgen wir auf europäischer Ebene gemeinsam für mehr Klimaschutz? Wir müssen die harten Themen angehen, wo wir wissen, dass nicht alle einer Meinung sind, und hoffentlich gute Lösungen finden, die die Regierungen momentan offensichtlich nicht hinbekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Katrin Budde [SPD])

Deswegen war es mir auch wichtig, dass wir nicht unilateral, ohne die Zustimmung der Franzosen bzw. ohne Absprache mit den Franzosen, schon ein Abstimmungsverfahren für diese Versammlung festgelegt haben. Einen größeren Affront gegenüber der Assemblée nationale hätte es ja gar nicht geben können. Außerdem wäre diese Versammlung sinnentleert, wenn es um nichts anderes ginge als darum, dass eine deutsche Position auf eine französische trifft. Dann hätten wir nämlich nur Regierungsverhandlungen gedoppelt, und das kann nicht der Sinn dieser Versammlung sein. Wir müssen Neues schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Herr Kleinwächter, alles wird ja nur rechtlich wirksam, wenn es durch den Bundestag und durch die As­semblée nationale gegangen ist.

(Norbert Kleinwächter [AfD]: Genau! Sehr gut!)

Von daher: Wenn Sie diese Versammlung nicht wollen, müssen Sie nicht mitkommen. Es wird Sie keiner vermissen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Ich frage mich bis jetzt, was von Ihrer Rede Inhalt war und was darstellendes Spiel. Das haben Sie ja gut studiert.

(Beifall des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir wollen gemeinsame Wege gehen. Wir sollten nicht nur Schlagworte produzieren, sondern auch wirkliche Lösungen finden, und wir sollten damit aufhören, Vorurteile voranzubringen nach dem Motto „Der eine will nur unser Geld, der andere will nur dominieren“. Nur wenn wir wirklich zuhören, haben wir die Möglichkeit, Sorgen und Wünsche ernst zu nehmen und gemeinsam darüber zu diskutieren, zu überlegen, wie wir Europas Stimme in der Welt stärken, aber auch kritisch darüber diskutieren können. Ich darf dazu noch etwas sagen: Die Regierungen haben offensichtlich die Bedeutung unserer Versammlung noch nicht wirklich verstanden und sie in ihrem Aachener Vertrag auch nicht verankert. Der Vertrag enthält zum Beispiel eine Vorhabenliste, die die Schaffung von deutsch-französischen Ministerräten vorsieht, die entscheiden werden. Was wir jetzt noch sicherstellen müssen, ist, dass wir dabei auch ein Wort mitzureden haben. Es wird die Aufgabe sein, die Parlamentarische Versammlung vertraglich zu verankern, damit klar ist: Wir bringen die Ideen ein, die Regierungen können sie dann gerne umsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Michael Georg Link [FDP])

Wir haben ja gesehen, dass im Aachener Vertrag europatechnisch nicht so wahnsinnig viel drin ist. Wir haben es gehört: Es gibt noch Nebenabsprachen zu Rüstungsexporten. Was ich daran eigentlich das Tragischste finde, ist, dass der Aachener Vertrag ja zum Ziel hatte, Europa voranzubringen. Aber wenn wir jetzt bilateral Absprachen zu Rüstungsexporten treffen und den gemeinsamen europäischen Standpunkt zu Waffenexporten nicht zum Maßstab machen, dann ist das kein europäischer Fortschritt, sondern ein deutsch-französischer Rückschritt, und das kann ja wohl nicht das Ziel von deutsch-französischer Kooperation sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Erlauben Sie mir noch einen Kommentar. Es ist ja wunderbar, wenn die neue Parteivorsitzende der CDU auf Herrn Macron reagiert. Aber in der ersten Antwort zu sagen: „Wir schaffen mal den Sitz in Straßburg ab“, ist doch eine reine Provokation, wenn man weiß, wie wichtig das für die Franzosen ist, und wenn man weiß, wie wichtig es ist, dass alles in Europa nicht nur in Brüssel zentralisiert ist. Ich bin echt kein Fan kompletter Zentralisierung, aber anscheinend Frau Kramp-Karrenbauer. Aber selbst wenn man der Auffassung ist, alles zu zen­tralisieren, sei richtig, dann kann das nicht das erste Willkommenswort an Herrn Macron sein, sondern dann muss man vielleicht mal etwas diplomatischer rangehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Michael Georg Link [FDP])

Von daher: Hören Sie auf, die deutsch-französische Freundschaft zu gefährden. Lassen Sie uns das Ganze endlich voranbringen. Wir machen hier heute den ersten richtigen und wichtigen Schritt. Wir werden lebendig diskutieren, Feuer in die Bude bringen, das Ganze voranbringen. Ich bin optimistisch, dass die Zukunft noch viel Wunderbares für Europa bringt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])