Rede von Corinna Rüffer Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses im Jahr 2018

Zur Darstellung dieses Videos speichert Youtube Daten in einem Cookie und verarbeitet auch Nutzungsdaten außerhalb der EU. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

15.05.2019

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Demokraten und Demokratinnen! Ich möchte mich als Allererstes bedanken bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes, die eine unglaubliche Arbeit machen. Alle, die ein bisschen mit dem Petitionswesen vertraut sind, wissen: Es gibt viel zu viel Arbeit für viel zu wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir sollten nicht nur sonntags von der Wichtigkeit des Petitionswesens reden, sondern dafür sorgen, dass unsere Strukturen so ausgebaut werden, dass wir vernünftig auf die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger eingehen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Bedanken möchte ich mich auch ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit mit den allermeisten Kolleginnen und Kollegen in diesem Ausschuss; es ist mir ganz wichtig, das zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir wollen ehrlich bleiben. Ich möchte zum Ausdruck bringen, dass ich mir wünsche, dass wir die Luft, die wir nach oben haben, tatsächlich konsequent nutzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Petitionsausschuss ist – das muss man sagen – ein besonderer Ausschuss. Er arbeitet auf andere Art und Weise als andere Ausschüsse. Er ist ein Ausschuss, wo Parteiprogramme, wo Fraktionszwänge beiseitegelassen werden sollen. Unsere Aufgabe ist, auf die Anliegen der Menschen zu schauen, die sich an uns wenden, die sich häufig in prekären Situationen befinden und unsere Unterstützung brauchen. Aber leider wirkt der Ausschuss sehr häufig wie ein Regierungsausschuss, wo die Mehrheiten entscheiden, wo die Große Koalition auf ihrem Standpunkt beharrt und wo viel zu selten auf den Punkt geschaut wird, an dem wir gemeinsam aktiv werden müssten,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

an dem wir im Zweifel in die Auseinandersetzung mit der Bundesregierung gehen müssten, um etwas zu bewegen. Das ist die Luft nach oben, die ich meine.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist gar nicht so schwierig, über den politischen Schatten zu springen. Ich weiß, dass sich viele gerade in der SPD-Fraktion sehnlich wünschen, dass wir die Potenziale ausschöpfen, die wir haben. Herr Todtenhausen, ich möchte Ihnen sagen: Es macht unheimlich viel Freude, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Sie sagen zum Beispiel solche Sätze: Ich habe mir das noch einmal angeschaut, und man kann den Grünen hier guten Gewissens zustimmen. – Ihre Art, mit diesem Ausschuss umzugehen, führt dazu, dass ganz andere Konstellationen zustande kommen, dass Linke, FDP und Grüne zu gemeinsamen Positionen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land finden. Herr Todtenhausen, Sie sollten stilbildend sein. Ich freue mich auch über Herrn Ebbing, ebenfalls ein neues Mitglied in diesem Ausschuss – er ist nicht anwesend –, der einfach sagt: Ich finde dieses Thema so interessant; ich will eine Berichterstattung. Ich will mich damit vertieft auseinandersetzen. – Der Witz ist: Er tut es dann auch. Da überwinden wir Gräben. FDP und Linke können in diesem Ausschuss zusammenarbeiten. Warum sollten SPD und CDU/CSU diesem Beispiel nicht folgen? So könnten wir gemeinsam etwas in Bewegung bringen; das wäre eigentlich unser Anliegen. Dann könnten wir stolz auf den Ausschuss sein, in dem wir alle gerne zusammenarbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Jetzt Spaß beiseite! Es ist nötig, dass wir eine andere Form der Zusammenarbeit finden; denn dieser Ausschuss ist ein total wichtiges Mittel gegen den erstarkenden Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in diesem Land,

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

gegen eine Diskursverschiebung nach rechts, die wir alle seit Jahren erleben und von der wir wissen, dass sie stattfindet. Wir haben eine Antwort zu geben. Unser Petitionsausschuss ist ein potenzieller Mutmacher. Er will Menschen Mut machen, mitzumachen, aktiv zu sein, Gesellschaft zu gestalten. Er will Bürgerinnen und Bürger einbeziehen, sie schützen und sie stärken. Das ist eine Perle, mit der wir es hier zu tun haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Grundrecht in Artikel 17 des Grundgesetzes gilt für jeden, unabhängig von Geschlecht und Hautfarbe. Ob ich Geld habe oder nicht, spielt hier keine Rolle. Jeder, der für Gerechtigkeit in diesem Land kämpfen möchte, ist aufgefordert, das Recht in Artikel 17 wahrzunehmen. Damit sind Artikel 17 und der Petitionsausschuss an sich ein natürliches Mittel gegen Hass, Hetze und Ausgrenzung; das sollten wir uns deutlich machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der FDP und der LINKEN)

Genau deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass Spalter und Populisten das Petitionsrecht für sich instrumentalisieren

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abg eordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

und letztendlich das Vertrauen in die Demokratie aufs Spiel setzen. Es geht hier also um etwas ganz Elementares. Wir reden nicht leichtfüßig über einen Jahresbericht; wir reden über etwas sehr Elementares.

Wir haben Versuche erlebt, diese Instrumentalisierung durchzuziehen, und das hat zum Teil ja auch geklappt. Ich zitiere aus einem Artikel über den UN-Migrationspakt.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Frau Rüffer, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung des Abgeordneten Hebner?

Corinna Rüffer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Nein. – „All das begann im Frühjahr 2018 im Büro des AfD-Bundestagsabgeordneten Martin Hebner“, heißt es in einem Artikel im Berliner „Tagesspiegel“ mit dem Titel „Wie gefährlich ist rechte Desinformation im Netz?“ vom 14. April 2019, den ich allen empfehle zu lesen, die es noch nicht getan haben. Herr Hebner ist heute hier. Er ist Mitglied des Petitionsausschusses. Aus seinem Büro heraus wurde diese Petition, diese Kampagne der AfD lanciert. Sie hat Zweifel gesät und Falschnachrichten gesendet; sie hat den gesamten Diskurs vergiftet.

Am Ende des Artikels heißt es – das möchte ich gerne noch zitieren; ich komme zum Ende –:

Und es geht keineswegs nur um bloße Worte, denn diese können schnell zu Waffen werden. Als Mitte März ein Mann im neuseeländischen Christchurch 50 Muslime erschießt, steht auf seiner Maschinenpistole: „Hier ist euer Migrationspakt“.

Und jetzt wisset, womit wir es zu tun haben. Das hier ist kein Spaß. Wir müssen um unsere Demokratie kämpfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)