Rede von Sven Lehmann Aktionsplan Queer leben
Sven Lehmann, Beauftragter der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt:
Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor genau 30 Jahren wurde § 175 Strafgesetzbuch endgültig abgeschafft. Damit endete ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte, unter dem Generationen vor allem homo- und bisexueller Menschen gelitten haben. Ihre Liebe wurde staatlich verfolgt, sie mussten sich verstecken, sie riskierten ihren Arbeitsplatz. Zehntausende wurden inhaftiert, viele davon in den Suizid getrieben. Ich denke, dass ich auch in ihrem Namen spreche, wenn ich sage: So etwas darf in Deutschland nie wieder passieren!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP sowie bei Abgeordneten der Linken)
Heute sind wir zum Glück weiter. Ich konnte vor einem Monat den Mann, den ich liebe, heiraten, und ich möchte, dass auch in Zukunft alle Menschen den Menschen heiraten dürfen, den sie lieben, egal welches Geschlecht dieser Mensch hat.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Linken – Beatrix von Storch [AfD]: Oder wie viele es sind!)
Damit Errungenschaften wie die Ehe für alle – die ja nicht vom Himmel gefallen sind, sondern sehr hart erstritten wurden – von Dauer sind und nicht wieder zurückgedreht werden können, braucht es einen ausdrücklichen und verfassungsrechtlichen Schutz in Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz.
Dafür bitte ich ganz besonders Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, um Unterstützung. Ich freue mich sehr, dass immer mehr CDU-geführte Landesregierungen genau dieses Anliegen unterstützen. Ich glaube, das wäre ein wichtiges Zeichen in dieser Legislaturperiode, auf das sehr viele Menschen setzen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Lenders [FDP])
Wir haben in den letzten zwei Jahren große Fortschritte für queere Menschen erreicht: Wir haben die Diskriminierung bei der Blutspende abgeschafft; wir haben Hasskriminalität gegen LSBTIQ* ausdrücklich ins Strafrecht aufgenommen, und wir haben mit dem Selbstbestimmungsgesetz die Grundrechte für transgeschlechtliche Menschen gestärkt. Dafür bin ich dem Bundestag sehr dankbar und viele Menschen auch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Jürgen Lenders [FDP])
Diese Fortschritte lassen sich messen: Nach vielen Jahren Stillstand ist Deutschland bei der rechtlichen Gleichstellung von LSBTIQ* auf Platz acht innerhalb der Europäischen Union aufgestiegen. Ich finde, darauf können wir zusammen sehr stolz sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das reicht natürlich nicht; wir wollen unter die Top 5 – mindestens. Alles, was dazu notwendig ist, steht im Aktionsplan der Bundesregierung, den wir heute hier debattieren. Es ist der erste Aktionsplan dieser Art einer Bundesregierung überhaupt, mit dem sich alle Ressorts zur Umsetzung verpflichtet haben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für diese Fortschritte gehen auch in diesem Jahr bei den CSDs im ganzen Land wieder Millionen Menschen auf die Straße. Bei diesen CSDs geht es nicht, wie manchmal behauptet wird, um Sonderrechte einer Minderheit, sondern es geht um grundlegende Menschenrechte für alle Menschen,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
nämlich das Recht, selbstbestimmt zu leben und zu lieben, und zwar frei von Diskriminierung und Anfeindungen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass eine Gesellschaft freier und stärker ist, wenn alle Menschen verschieden sein können, aber gleich an Rechten und Würde sind. Auch daran zeigt sich, wie stark unsere Demokratie ist.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Petra Pau:
Das Wort hat die Kollegin Mareike Lotte Wulf für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)