Rede von Lamya Kaddor Fortsetzung des UNIFIL-Einsatzes im Libanon
Lamya Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Wir stimmen heute über die Fortführung einer der ältesten aktiven UN-Beobachtermissionen, der „United Nations Interim Force in Lebanon“ ab. Diese gibt es bereits seit 1978. Als wir vor einem Jahr hier standen und dieses Mandat zuletzt verlängert haben, konnte niemand erahnen, wie dramatisch sich die Lage vor Ort innerhalb eines Jahres verschlechtern würde. Nach dem grauenhaften Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober steht die Region kurz vor einer weiteren katastrophalen Eskalation, einer Eskalation, die die Hisbollah mit ihren Angriffen auf Israel seit Oktober losgetreten hat. Die Gefahr eines offenen Krieges an Israels Nordgrenze war noch nie so groß wie in den vergangenen Tagen.
Dieser Krieg wird vor allem diejenigen besonders hart treffen, die im wirtschaftlich ruinierten und politisch gelähmten Libanon jetzt schon am meisten leiden: die zahlreichen palästinensischen und syrischen Geflüchteten im Land beispielsweise. Ich blicke aber auch mit Sorge auf die knapp 100 000 Menschen in Israel, die wegen des Dauerfeuers aus dem Libanon bereits ihre Heimat verlassen mussten und einer ungewissen Zukunft entgegenblicken, nicht wissend, wann sie zurückkehren können. Die permanente Bedrohung israelischer Bürger in Galiläa ist nicht hinnehmbar, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wegen all dessen ist für unsere Soldatinnen und Soldaten dieser Einsatz seit Oktober sehr viel gefährlicher geworden. Die UNIFIL-Mission ist immer wieder in die Schusslinie von IDF und Hisbollah geraten. Es ist daher folgerichtig, dass wir die einzusetzenden Fähigkeiten der Bundeswehr an die neuen Einsatzrealitäten vor Ort anpassen. Es ist auch gut, dass UNIFIL vor Ort wichtige Gesprächskanäle zwischen den Konfliktparteien aufrechterhält, dass unsere Marineeinheiten an den libanesischen Küsten den Waffenschmuggel an die Hisbollah verhindern und dass die Mission dafür sorgen soll, den Südlibanon zu entmilitarisieren. Für diesen ebenso gefährlichen wie dramatisch wichtigen Einsatz gilt den Soldatinnen und Soldaten unser großer Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Wir müssen uns jedoch auch klarmachen: UNIFIL soll und kann dazu beitragen, eine ungewollte Eskalation zu verhindern. Eine gewollte Eskalation jedoch wird sie nicht stoppen können. Der Schutz und die Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten muss für uns oberste Priorität haben. Dasselbe gilt für alle deutsche Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die sich aktuell noch im Libanon befinden. Sie sind natürlich alle aufgefordert, das Land zu verlassen.
Sehr geehrte Damen und Herren, vieles von dem, was gerade passiert, erinnert an den Vorabend des Krieges von 2006 ebenso wie an den israelischen Einmarsch 1982. Die Hisbollah-Miliz entstand 1982 als Reaktion auf die israelische Präsenz im Südlibanon. Aus dem Krieg 2006 ging sie gestärkt hervor.
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Lamya Kaddor (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme zum Schluss. – Die Gefahr durch die Hisbollah ist deshalb nicht zu unterschätzen. Ich empfehle daher meiner Fraktion unbedingt die Zustimmung zum Mandat und dessen Verlängerung.
Vielen Dank, meine Damen und Herren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Der nächste Redner ist Roderich Kiesewetter für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)