Rede von Marlene Schönberger Universitäten und Postkolonialismus
Marlene Schönberger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Es ist unerträglich, jedes einzelne Mal! Ausgerechnet die AfD
(Enrico Komning [AfD]: … macht von ihrem parlamentarischen Recht Gebrauch, hier Anträge zu stellen! Dass das für Sie unerträglich ist, kann ich verstehen!)
inszeniert sich als Verteidigerin von Jüdinnen und Juden. Dabei ist sie eine Partei, deren Mitglieder hier im Bundestag Reden halten, die vor antisemitischen Codes nur so strotzen, deren Posterboy wegen SA-Losungen verurteilt wird und deren EU-Spitzenkandidat nicht alle SS-Männer für Verbrecher hält.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Günter Grass war nicht ganz so schlecht!)
Doch wir alle kennen diese Strategie.
(Awet Tesfaiesus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Mit den heutigen Anträgen soll die eigene extrem rechte Ideologie verharmlost werden. Es geht um Selbstverharmlosung.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Enrico Komning [AfD]: „Extrem rechte Ideologie“! Das ist ja Hass und Hetze, was Sie hier betreiben!)
Ich will daran erinnern, dass der Zentralrat der Juden ausdrücklich vor der AfD warnt,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
dass das israelische Parlament diese Partei nicht empfängt
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
und dass der Leiter der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem nach Kritik an einem privaten Besuch zweier AfD-MdB sagte, Yad Vashem sei – Zitat – „offen für alle, einschließlich Antisemiten“. Zitat Ende. – Egal wie sehr sich die AfD bemüht: Diese Täuschungsmanöver dürfen wir Ihnen auf gar keinen Fall durchgehen lassen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Die AfD ist der parlamentarische Arm des Neonazismus und der extremen Rechten in Deutschland. Wir erinnern uns alle an die „Tagesschau“-Schlagzeile: „AfD im Bundestag beschäftigt mehr als 100 Rechtsextreme.“
(Dr. Marc Jongen [AfD]: Wer rechtsextrem ist, bestimmen Sie, ja?)
Mit ihrer ständigen Normalisierung von Antisemitismus, mit ihrer Erinnerungsabwehr, mit ihrer Sympathie für Putin, der das Netz mit antisemitischer Desinformation flutet, erzeugt die AfD bewusst eine Atmosphäre, aus der heraus es zu antisemitischen Gewalttaten kommt.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Marc Jongen [AfD]: Glaub nur den Nachrichten, die du selbst gefälscht hast!)
Die AfD hat, metaphorisch gesprochen, die Hand an der Waffe, die auf Jüdinnen und Juden gerichtet ist.
(Enrico Komning [AfD]: Oijoijoijoi! Das ist aber Hass und Hetze, was Sie betreiben! – Weitere Zurufe von der AfD)
Genau deshalb üben Sie sich in Selbstverharmlosung. Und Sie brauchen Feindbilder. Die heutigen Anträge sind durchschaubarer Teil rassistischer und queerfeindlicher AfD-Agenda.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Marc Jongen [AfD]: Hören Sie auf mit dem Hokuspokus!)
Seit dem 7. Oktober erleben Jüdinnen und Juden eine Explosion des Antisemitismus, eines Antisemitismus, der schon in den letzten Jahren immer offener und gewaltsamer aufgetreten ist, und zwar gesamtgesellschaftlich,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Ja, das sind Ihre Hamasfreunde!)
rechts, links, in der sogenannten Mitte und in islamistischen Kreisen.
(Dr. Marc Jongen [AfD]: Verharmlosen Sie den nicht länger, bitte!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Hochschulen sind Orte der offenen Debatte, der Forschungs- und der Wissenschaftsfreiheit. Diese Freiheiten gilt es gegen Antisemitismus, aber auch gegen extrem rechte Umtriebe zu verteidigen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Dr. Marc Jongen [AfD]: Ja, wie denn? Sagen Sie doch mal, wie!)
Im Kampf gegen den Antisemitismus und für eine offene Debatte an Hochschulen brauchen wir keine rechte Propaganda, sondern vernünftige Lösungen. Studierende und Mitarbeitende, die Antisemitismus befeuern, sollen mit klaren Konsequenzen rechnen müssen.
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Und die Staatssekretärin, die darüber nachdenkt, jagen Sie vom Hof! Das ist doch Heuchelei!)
Der Beschluss der Hochschulrektorenkonferenz, in dem die Antisemitismusdefinition der IHRA angenommen wurde, sowie der Aktionsplan der KMK müssen umgesetzt werden. Antidiskriminierungsstellen an Unis müssen zu Antisemitismus geschult werden, um Betroffene besser unterstützen zu können. Und ja, wir brauchen eine Bildungsoffensive; denn Inhalte zu Antisemitismus und jüdischem Leben müssen prüfungsrelevanter Teil akademischer Ausbildung sein.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und ja, hier geht mein Appell ausdrücklich auch an die Kolleginnen und Kollegen der Union; denn das alles schaffen wir nur zusammen mit den Ländern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, genau so schützen wir die Wissenschaftsfreiheit gegen extrem rechte Ideologie. Die Gender- und die Postcolonial Studies, die Demokratie-, die Rechtsextremismus- und die Klimaforschung sind feste Bestandteile unserer Hochschullandschaft, und wir werden gemeinsam dafür sorgen, dass das auch so bleibt.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Das Wort für die Unionsfraktion hat jetzt Monika Grütters.
(Beifall bei der CDU/CSU)