Rede von Awet Tesfaiesus Universitäten und Postkolonialismus

Awet Tesfaiesus MdB
04.07.2024

Awet Tesfaiesus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es wäre fast lustig, wenn es nicht so traurig wäre und so gefährlich: Gerade die Partei, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft wird,

(Beatrix von Storch [AfD]: Vom Innenminister! Von unserem politischen Konkurrenten!)

die zwei Landesverbände hat, die gesichert rechtsextrem sind, will – ich zitiere – „Antisemitismus an der Wurzel bekämpfen“. Das ist die Partei, deren Mitglieder den Holocaust als „Vogelschiss“ bezeichnen

(Beatrix von Storch [AfD]: Oh Mann!)

und die jüngst noch wegen Naziparolen verurteilt wurden; die Partei, deren Mitglieder die Holocaustleugnung verteidigen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Was sagt eigentlich die Frau Bär dazu?)

Wenn diese Partei, die AfD, von den „Wurzeln des Antisemitismus“ spricht, dann meint sie nicht all das, was ich eben benannt habe. Sie meint auch nicht die Shoa oder wie es dazu kam oder wie es in unserem Land dazu kommen konnte, dass ein Rechtsextremer einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Nein, all das meint sie nicht. Da stellt sich die Frage, warum die bayerische AfD verhindert hat, dass Aiwanger Rede und Antwort steht zu den Antisemitismusvorwürfen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ein Flugblatt vor 20 oder 30 Jahren im Schulranzen! Meine Güte! Machen Sie mal die Augen auf!)

Für die AfD spielt Antisemitismus immer nur dann eine Rolle, wenn er dazu genutzt werden kann, ihn gegen die vermeintlich anderen zu verwenden, um zu hetzen, um Hass und Hetze zu verbreiten, um zu spalten. Geehrte Damen und Herren, sosehr Sie es auch versuchen mögen: Wir werden uns nicht spalten lassen! Mein Kampf gegen Diskriminierung wird immer auch ein Kampf gegen Antisemitismus sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Enrico Komning [AfD]: Hat sie gerade „Mein Kampf“ gesagt?)

Wir kämpfen gegen Antisemitismus und Rassismus und gegen jede andere Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP] – Dr. Götz Frömming [AfD]: Das sehen wir! – Beatrix von Storch [AfD]: Bla, bla, bla!)

und anders als Sie stehen wir für die Aufarbeitung der Shoah, der DDR-Diktatur und der Kolonialzeit.

(Beatrix von Storch [AfD]: Sie relativieren sie!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wurzeln des Antisemitismus reichen weit zurück bis in die Antike und werden heute von denjenigen weitergetragen, die das Erbe des Nationalsozialismus verherrlichen und rassistische Ideologien verbreiten. Die AfD versucht, den Diskurs zu verzerren und spricht unter schamloser Missachtung historischer Tatsachen bei unserer deutschen Verantwortung vom „importierten Antisemitismus“. Eine Unverschämtheit sondergleichen ist das!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Wer hat denn die Uni verwüstet und rote Dreiecke hingeschmiert? Das waren doch Ihre Freunde!)

Die Aufarbeitung der Vergangenheit ist nicht nur ein Akt des Gedenkens, sondern eine wichtige Grundlage für unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Dazu gehört selbstverständlich auch unsere koloniale Vergangenheit und ihre Verbrechen. Jahrelang wurden sie unsichtbar gemacht. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit, dass wir uns damit befassen, damit auch endlich Heilung möglich wird.

Der Kolonialismus muss endlich auch auf unsere Lehrpläne; denn er ist ein wesentlicher Teil unserer deutschen und europäischen Geschichte.

(Beifall der Abg. Marlene Schönberger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Unsere Aufarbeitung zielt auf Gerechtigkeit und darauf, dass sich Unrecht nicht wiederholt. Genau deshalb werden wir uns jeglichem Hass, auch Ihrem Hass, entgegenstellen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die FDP-Fraktion gebe ich jetzt das Wort der Kollegin Anikó Glogowski-Merten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)