Fachgespräch Ausgeschlafen ans Ziel - Für ein europäisches Nachtzugnetz!

Uhrzeit | Programm |
12.30 | Anmeldung |
13.00 | Begrüßung Matthias Gastel MdB |
13.05 | Einführung Matthias Gastel MdB |
13.15 | Fachlicher Input: Ein Nachtzugnetz für Europa! Anna Deparnay-Grunenberg MdEP
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13.30 | Fachlicher Input: Das Nachtzugangebot der ÖBB Personenverkehr AG - Stand und Perspektiven Kurt Bauer Diskussion – Moderation: Matthias Gastel MdB |
14.45 | Kaffeepause |
15.15 | Fachlicher Input: Perspektiven des Nachtzugverkehrs aus Sicht eines mittelständischen Anbieters
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15.35 | Fachlicher Input: Tarifliche und vertriebliche Zugangshürden absenken – was erwartet der Fahrgast? Martin Kopetschke |
15.55 | Diskussion Moderation: Franziska Brantner MdB |
16.45 | Zusammenfassung Franziska Brantner MdB |
17.00 | Ende der Veranstaltung |
Anreise
Mit dem Bus TXL oder Regional- bzw. S-Bahn bis Haltestelle „Hauptbahnhof“, mit der U-Bahn (U55) bis „Deutscher Bundestag“. Es gibt keine Parkplätze in der Umgebung des Deutschen Bundestages! Über den Eingang Paul-Löbe-Allee 2 - Südeingang gelangen Sie zum Veranstaltungsort.
- Die Deutsche Bahn hat ihren Nachtzugverkehr eingestellt. Dadurch fehlt bei Reisen bis circa 2.000 Kilometern Entfernung eine klimaschonende Alternative.
- Die Bundesregierung als Vertreterin des Eigentümers der Deutschen Bahn sieht trotz Klimakrise keinen Handlungsbedarf.
- Wir Grüne im Bundestag haben in einem Fachgespräch am 27. Januar 2020 alle relevanten Akteure im Nachtzugverkehr zusammengebracht.
Deutschland kommt durch die zentrale Lage in Europa eine wichtige Funktion in einem europäischen Nachtzugnetz zu. Grundvoraussetzung für ein solches Netz sind faire Wettbewerbsbedingungen im Verkehrssektor.
Welche Erfolgsfaktoren und welcher administrative Rahmen sind noch für die erfolgreiche Planung und Umsetzung eines Nachtzugnetzes notwendig? Darüber diskutierten wir mit den geladenen ExpertInnen und Gästen.
Vorteile endlich praktisch umsetzen
Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik der grünen Bundestagsfraktion, stellte heraus, dass der Nachtzug derzeit viele theoretische Vorteile gegenüber dem Flug- und Autoreiseverkehr hat. Mangels guter Angebote von Deutschland aus können er diese aber zu wenig in der Praxis ausspielen.
Die effektive Zeitnutzung über Nacht und direkte Innenstadt-zu-Innenstadt-Verbindungen seien Pluspunkte, die von vielen Reisenden wertgeschätzt würden.
Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg unterstrich anschließend die politische Handlungsnotwendigkeit aus klimapolitischer Sicht: Den bisherigen Emissionsreduktionen bei Industrie (- 38 Prozent) und Haushalten (- 24 Prozent) seit 1990 steht für denselben Zeitraum im Verkehrssektor in Europa eine Steigerung der Emissionen von Treibhausgas von 22 Prozent gegenüber. Das Wachstum des Flugverkehrs in Europa könne nur mit einem „shift to rail“ und dem Nachtzug als attraktives Produkt auf langlaufenden Strecken abgebremst werden.
Komfort in Buchung und Fahrt
Kurt Bauer, Leiter Fernverkehr bei den Österreichischen Bundesbahnen, erläuterte die Strategie der ÖBB bei der Übernahme der Nachtzuglinien von der Deutschen Bahn. Aus österreichischer Sicht könnten derzeit nur Nachtzüge betrieben werden, die auch in Österreich gewartet werden. Ein entscheidender Erfolgsfaktor für die Übernahme des Nachtzugnetzes war der bereits hohe Anteil der Nachtzugangebote am ÖBB-Fernverkehr von etwa 15 Prozent des Umsatzes. Die Übernahme von Nachtzügen zwischen Deutschland und Italien begriff die ÖBB als Chance zur Markterweiterung.
Matthias Wolf, Geschäftsführer der BTE BahnTouristikExpress GmbH, zeigte die Perspektive eines mittelständischen Anbieters von Autoreise- und Nachtzügen auf. Dies funktioniere nur, indem ein spezialisiertes Team zielgruppenspezifisch Gruppenreisen organisiert und so maßgeschneiderte Angebote auf die Schiene bringt. Dafür brauche es ein dichtes Netzwerk an Bahn-Dienstleistern im benachbarten europäischen Ausland.
Der Vertreter des schwedischen Bahnunternehmens Snälltåget, Sebastian Schmickler, unterstrich am Beispiel des seit 2012 zwischen Malmö und Berlin fahrenden „Berlin-Night-Express“, dass die Fahrgäste den Nachtzug direkt mit dem Flug verglichen. Entsprechend brauche es konkurrenzfähige Fahrtzeiten, aber auch einen annehmbaren Komfort in den Nachtzügen. Inzwischen sei es erfolgskritisch, dass Nachtzugangebote schnell und unkompliziert online buchbar seien.
Einheitliche Buchung unabdingbar
Daraufhin schloss Martin Kopetschke von der Bahnagentur Schöneberg den Kreis, indem er eine bessere Buchbarkeit von Bahn- und Nachtzugangeboten durch Europa einforderte. In der Zeit der Digitalisierung könne es nicht sein, dass längere Bahnreisen auf mehrere Tickets aufgeteilt werden, während noch um die Jahrtausendwende durchgehende Bahnreisen zwischen Berlin und Istanbul auf einem Ticket buchbar waren. Hierfür müssten endlich die Buchungssysteme der europäischen Bahnunternehmen einheitlichen Standards entsprechen, um lange Bahnreisen durch ganz Europa zu ermöglichen.
Die europapolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, schloss mit einem emotionalen Appell für den Nachtzug. Die deutsche Politik müsse preisliche wie regulatorische Anreize setzen, um Nachtzugangebote europaweit wieder Auftrieb zu verleihen. Die Bürgerinnen und Bürger hätten mit Petitionen, wie der für den Nachtzug zwischen Berlin, Brüssel und Paris, die Möglichkeit, den Druck auf bessere Angebote über Nacht zu erhöhen.