Übereinander gestapelte Petrischalen, gefüllt mit roter Masse
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Bioethik

Für eine Balance zwischen Freiheit und Regulierung

  • Wir befinden uns derzeit am Beginn einer neuen Ära. Gentechnische Eingriffe ins Erbgut sind so einfach geworden, dass bereits an menschlichen Embryonen geforscht wird. Politik und Öffentlichkeit schwanken zwischen Fortschrittseuphorie und Schockstarre.
  • Wir Grüne im Bundestag versuchen in diesem hochsensiblen Bereich auszuloten, wie viel Selbstbestimmung und wie viel gesetzliche Regulierung bei diesem und bei verwandten biomedizinischen Themen notwendig sind.
  • Bei einigen bioethischen Fragestellungen werden keine Fraktionspositionen formuliert, sondern die Abgeordneten finden sich fraktionsübergreifend in Gruppen zusammen, um bestimmte Positionen zu unterstützen.

Wir Grüne im Bundestag nehmen den Embryonenschutz ernst und lehnen die Nutzung von Embryonen zu Forschungszwecken ab, genauso wie vererbbare gentechnische Eingriffe bei Embryonen.

Gentechnik 2.0: Grenzen für Gen-Scheren

Die Entdeckung natürlicher Gen-Scheren, die eine relativ gezielte Manipulation des Erbguts von Tieren, Pflanzen, Mikroorganismen und Menschen erlauben (Genome Editing, CRISPR/Cas), hat die biologische Grundlagenforschung revolutioniert. Doch nicht alles, was theoretisch oder im Forschungslabor möglich ist, sollte auch tatsächlich zur Anwendung kommen. Wir betrachten mit Sorge die Tendenz, Genome Editing als naturidentische Genveränderung zu verharmlosen. Unter dem Motto: Deren Eingriffstiefe und Auswirkungen seien so gering, dass sich eine Regulierung erübrige. Schon eine einzige Genänderung kann schwerste Krankheiten auslösen. Je mehr Gene beteiligt sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, mit Genome Editing das gewünschte Ziel zu erreichen – während gleichzeitig das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen steigt. Je ausgeprägter der experimentelle Charakter einer geplanten gentechnischen Intervention ist, umso mehr stellt sich die Frage, ob der Einsatz gegenüber dem betroffenen Lebewesen zu verantworten ist.

Wir fordern:

  • Einen ehrlichen, offenen Dialog zwischen Wissenschaft, Politik und BürgerInnen über die Chancen und Risiken der neuen Gentechnik-Methoden und deren ethische Bedeutung.
  • Eine Regulierung genomeditierter Organismen als „gentechnisch verändert“ entsprechend den geltenden Prüf-, Zulassungs- und Kennzeichnungsvorschriften.

Weitere Informationen auch unter Gentechnik.

Embryonenschutz: No go Keimbahnveränderung

Wir begrüßen, dass in Deutschland seit 1991 eines der strengsten Embryonenschutzgesetze weltweit gilt. Der Fortschritt von Forschung und Wissenschaft hat jedoch immer wieder Anpassungen erfordert. So wurden erbitterte Debatten darüber geführt, ob beziehungsweise in welchem Umfang embryonale Stammzellen für die Forschung verwendet werden dürfen und in welchem Rahmen eine Auslese von gesunden Embryonen vor dem Einsetzen in den Mutterleib zulässig sein kann (Präimplantationsdiagnostik). Dabei haben sich Abgeordnete über Fraktionsgrenzen hinweg entsprechend ihrer persönlichen Überzeugungen zusammengefunden. Dies würde wohl im Falle einer Abstimmung über die Zulässigkeit der Keimbahneditierung wieder so sein. Allerdings wird die gentechnische Veränderung von Embryonen unter grünen Abgeordneten derzeit für inakzeptabel gehalten.

Wir fordern:

  • Eine Beibehaltung des strengen Embryonenschutzes in Deutschland.
  • Keine Aufweichung des Verbots der verbrauchenden Embryonenforschung.
  • Keine vererbbaren gentechnischen Veränderungen von Embryonen.

Fortpflanzungsmedizin: Ein Kind um jeden Preis?

Wir begrüßen, dass die Samenspende in Deutschland neu geregelt wurde und die so gezeugten Kinder in Zukunft über ein Register herausfinden können, wer ihr genetischer Vater ist. Wir möchten aber noch einen Schritt weitergehen und rechtlich möglich machen, dass zwei Menschen, die gemeinsam Verantwortung für ein durch Samenspende gezeugtes Kind übernehmen wollen, bereits vor der Zeugung diese geteilte Verantwortung in einer Elternschaftsvereinbarung erklären können, unabhängig von Geschlecht und Familienstand der Eltern. Der Legalisierung der Eizellspende stehen wir weiterhin zurückhaltend gegenüber, auch wenn die gegenwärtige Praxis zahlreicher Paare, für eine solche ins Ausland zu reisen, eine Regelung immer wieder angeraten scheinen lässt. Doch die Risiken für die Spenderin machen die Eizellspende ethisch deutlich problematischer als die Samenspende. Die vom Ethikrat empfohlene Regelung der Embryoadoption halten wir für sinnvoll, solange die Anstrengungen verstärkt werden, die Produktion überzähliger Embryonen möglichst zu vermeiden. Dem Recht des Kindes auf Kenntnis seiner genetischen Abstammung muss auf jeden Fall Rechnung getragen werden.

Wir fordern:

  • Eine freiwillige Registrierung von Altfällen sowie von privaten Samenspenden im Samenspenderegister ermöglichen und die Einführung eines Modells der Elternschaftsvereinbarung.

  • Eine Regelung der Adoption von überzähligen Embryonen, die das Recht auf Wissen der Abstammung unter anderem durch ein verpflichtendes zentrales Spenderregister sichert und einen Anreiz für die Produktion überzähliger Embryonen verhindert.