Mehr Windkraft ohne Kompromisse beim Artenschutz

- Für das Erreichen unserer Klimaziele führt kein Weg am Ausbau der erneuerbaren Energien vorbei. Windenergie spielt dabei eine entscheidende Rolle.
- Das Klima zu schützen und die Vielfalt der Arten zu erhalten sind Ziele von überragendem gesellschaftlichem Interesse. Arten- und Klimaschutz sind zwei Seiten einer Medaille
- Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) muss genutzt werden, um der Windkraft in Einklang mit dem Artenschutz neues Leben einzuhauchen.
Der erfolgreiche Ausbau der erneuerbaren Energien hat ein Spannungsfeld zwischen Energiewende und Naturschutz geschaffen. Aber die Nutzung von Energie aus Wind kann im Einklang mit der Natur ausgebaut werden. Klimaschutz und Artenschutz sind essentiell für die Zukunft der Menschheit. Sie müssen zusammen betrachtet und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Mögliche Konflikte zwischen Naturschutz und der Nutzung erneuerbarer Energien müssen und können gelöst werden - verantwortliche Politik löst Probleme statt Konflikte zu schüren. Wir zeigen dafür Wege auf und schildern an acht konkreten Maßnahmen, wie das gelingen kann.
1. Strommengenbezogene Ausbauziele für Erneuerbare definieren
Um eine Zielerreichung im Einklang mit den klima- und naturschutzpolitischen Verpflichtungen zu gewährleisten, ist eine verbindliche Bund-Länder-Strategie erforderlich. Sie muss bundesweite und länderspezifische Strommengenziele für erneuerbare Energien inklusive Aufteilung auf die einzelnen Energiearten definieren.
Um eine ausgewogene Energieversorgung zu gewährleisten, muss dabei in jedem Bundesland ein Mindestanteil an Windstrom enthalten sein. Dies muss in der anstehenden EEG-Novelle entsprechend berücksichtigt und konkretisiert werden.
2. Flächendeckende Umsetzung der Strommengen in übergeordneter Raumplanung
Um die entlang der jeweiligen regionalen Potenziale festgelegten EE-Strommengenziele zu erreichen, sind in allen Bundesländern ausreichend geeignete Flächen für Windenergie als Vorrang- bzw. Eignungsgebiete auszuweisen. Die dafür notwendige Fläche ergibt sich aus den Strommengen.
Es wird dabei davon ausgegangen, dass für den aus Windenergie zu erzeugenden Strom eine Ausweisung von Vorrang- bzw. Eignungsgebieten auf etwa 2 % der Landfläche Deutschlands ausreicht. Windenergie muss in allen Bundesländern mindestens auf Regionalebene übergeordnet und verbindlich geplant werden.
3. Stärkung von Regionalplanung und Genehmigungsverfahren
Um zu verhindern, dass Regionalpläne aufgrund von Formfehlern immer wieder beklagt werden oder in jahrelanger Überarbeitung feststecken, sind Regelungen für den Planerhalt (Heilbarkeit von Formfehlern) zu schaffen.
Für bessere und schnellere Genehmigungsverfahren sollten diese nach Möglichkeit auf übergeordneter Ebene (Länder- oder Bezirksebene, statt auf Ebene der Gemeinden oder Landkreise) konzentriert und die entsprechenden Behörden mit ausreichend qualifiziertem Personal ausgestattet werden.
4. Vereinheitlichung des Bewertungsmaßstabs für ein „signifikant erhöhtes Tötungsrisiko“ betroffener Individuen windenergiesensibler Arten
Eine einheitlichere Anwendung des besonderen Artenschutzrechts in Bezug auf das Tötungsrisiko von Individuen durch Kollision im Genehmigungsverfahren dient der Planungs- und Rechtssicherheit sowie der Verfahrensbeschleunigung. Zentrales Ziel ist eine untergesetzliche Maßstabsbildung mit Behördenverbindlichkeit.
5. Freihalten von Dichtezentren besonders konfliktträchtiger WEA-sensibler Vogelarten durch die Regionalplanung, im Gegenzug Ermöglichung artenschutzrechtlicher Ausnahmen in ausgewiesenen Vorranggebieten
Um den Schutz von Populationen windenergiesensibler Vogelarten zu gewährleisten, sind deren Schwerpunktvorkommen, sogenannte Dichtezentren, bereits auf Ebene der Regionalplanung oder in Form von eigenen Fachplänen als Ausschlussgebiete zu berücksichtigen.
Im Gegenzug ermöglicht dies die Erteilung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen in ausgewiesenen Windeignungs- bzw. Vorranggebieten außerhalb der Dichtezentren. Kommt es dort zu artenschutzrechtlichen Konflikten, die nicht mit zumutbaren Schutzmaßnahmen lösbar sind, kann in Verbindung mit populationsstützenden Maßnahmen von der artenschutzrechtlichen Ausnahme Gebrauch gemacht werden.
6. Nutzung der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung in den mittels Regionalplänen ausgewiesenen Windeignungsgebieten bei gleichzeitiger Sicherung der Erhaltungszustände der betroffenen Arten durch koordinierte Schutzprogramme (Artenhilfsprogramme)
Trotz der Berücksichtigung WEA-sensibler Arten bei der Ausweisung von Eignungs- bzw. Vorranggebieten auf der Ebene der Regionalplanung (Freihalten von Dichtezentren und bekannten Vorkommen), können auf der Ebene der Genehmigung gleichwohl artenschutzrechtliche Konflikte auftreten, die nicht mit zumutbaren Schutzmaßnahmen lösbar sind.
In solchen Fällen ist die Nutzung der artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatschG sinnvoll.
7. Repowering erleichtern
Repowering muss genutzt werden, um eine gewisse Anlagenneuordnung zu gestalten. Anlagen, die aus artenschutzrechtlicher Sicht an besonders kritischen Standorten stehen, werden stillgelegt, im Gegenzug werden andere Anlagen an weniger kritischen Standorten begünstigt.
Die Begünstigung besteht darin, dass entsprechende Standorte im Rahmen der übergeordneten Windenergieplanung als Eignungs- bzw. Vorranggebiete ausgewiesen werden, während dies für kritische Standorte nicht geschieht. Damit wird im Falle auftretender artenschutzrechtlicher Konflikte die Anwendung der artenschutzrechtlichen Ausnahme ermöglicht.
8. Technische Möglichkeiten zur Kollisionsvermeidung besser nutzen und zur Anwendung bringen
Innovative Technikansätze können dabei helfen, die negativen Auswirkungen auf windenergiesensible Tierarten effizient zu vermindern.
Entsprechende Detektionssysteme (etwa kamera- oder radarbasiert) zur automatischen Vogelerfassung und eine darauf basierende ereignisbezogene Abschaltung können in bestimmten Konfliktlagen das Kollisionsrisiko von Vögeln an Windenergieanlagen reduzieren.