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Klimakonferenz in Belém: Neue Impulse, aber auch Blockade beim fossilen Ausstieg
- Die Weltklimakonferenz COP30 in Belém hat gezeigt: Fortschritt ist möglich, wenn Demokratien zusammenarbeiten. Doch solange Europa und Deutschland beim Klimaschutz auf der Bremse stehen, geht auch weltweit wenig voran.
- Gut: Über 80 Länder gehen voran und wollen den Klimaschutz voranbringen, mit ersten Erfolgen zum Beispiel beim Waldschutz.
- Schlecht: Fossile Interessen und Autokraten verhindern weiterhin einen verbindlichen Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas.
Demokratie macht den Unterschied
Nach mehreren Jahren, in denen Klimakonferenzen in autoritären Staaten stattfanden, war der Unterschied bei der COP30 in Brasilien deutlich spür- und sichtbar. Indigene Gemeinschaften, Klimaaktivist*innen, Umweltverbände und lokale Initiativen konnten sich aktiv einbringen und mitdiskutieren. Das hat die Verhandlungen bereichert und die globale Klimabewegung gestärkt.
Brasilien hat die Konferenz genutzt, um Waldschutz und soziale Gerechtigkeit stärker in den Mittelpunkt zu stellen. Mit der Tropical Forests Forever Facility (TFFF) entsteht ein neuer globaler Tropenwaldfonds, der Länder dafür belohnen soll, wenn sie Regenwald erhalten statt abzuholzen. Öffentliche und private Gelder werden in einen großen Fonds eingezahlt, dessen Erträge jährlich an Tropenwaldländer fließen sollen – ein Teil davon direkt an indigene und lokale Gemeinschaften, die den Wald konkret schützen. Damit wird Naturschutz wirtschaftlich attraktiv. Deutschland zahlt eine Milliarde Euro über zehn Jahre ein – mehr wollte die zaghafte schwarz-rote Koalition leider nicht bereitstellen.
Auch bei der Klimafinanzierung gibt es Bewegung. Reiche Länder sollen bis 2035 dreimal so viel Geld für Anpassungsmaßnahmen bereitstellen wie bisher und damit Menschen besser gegen Dürren, Fluten und Extremwetter zu schützen. Die Sprache im Beschlusstext ist nicht verbindlich genug, doch das ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Neu sind außerdem zwei Prozesse: der „Global Implementation Accelerator“ und die „Belém Mission to 1.5“. Sie sollen Klimaschutzprojekte schneller in die Umsetzung bringen und Staaten helfen, ihre Pläne an das 1,5‑Grad‑Ziel anzupassen, bleiben aber inhaltlich vage und ohne verbindliche Vorgaben.
Autoritäre Regime bremsen den Klimaschutz
Das große Versäumnis: In keinem Beschluss werden fossile Brennstoffe wörtlich genannt. Eigentlich wollte Brasilien zwei Roadmaps vorlegen – für den weltweiten Waldschutz und für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas. Beides scheiterte am Widerstand der üblichen Verdächtigen.
Saudi-Arabien und Russland haben systematisch jeden Fortschritt in diesem Bereich blockiert. Sie schützen ihre Öl- und Gaseinnahmen auf Kosten des Weltklimas. Davon haben sie offenbar Rückendeckung von Donald Trump bekommen, auch wenn die USA formell gar nicht an den Verhandlungen beteiligt waren. So reichen die Beschlüsse nicht aus, die Klimakrise wirksam zu stoppen.
Brasilien hat angekündigt, die beiden Roadmaps in den kommenden sechs Monaten nachzureichen – nur leider außerhalb des üblichen klimadiplomatischen Prozesses. Das ist ein schwaches Signal, das die Staatengemeinschaft bei der COP31 in der Türkei nachbessern muss.
Europa und Deutschland verlieren an Glaubwürdigkeit
Deutschland und die EU sind in Belém nicht so aufgetreten, wie es unserer Verantwortung und unseren Möglichkeiten entspricht. Ein verwässertes Klimaziel für 2040, ein vager EU-Klimaplan (NDC) und katastrophale Signale aus den Mitgliedstaaten haben unsere Glaubwürdigkeit und Vorbildfunktion massiv geschwächt.
Während Brasilien als Gastgeber um Fortschritte rang, hat ausgerechnet die deutsche Bundesregierung die Verhandlungen sabotiert: Friedrich Merz pöbelte gegen den Austragungsort und beleidigte unsere brasilianischen Partner. Vizekanzler Klingbeil machte zeitgleich das Fliegen billiger und Agrarminister Rainer unterminierte den internationalen Waldschutz.
Schlimmer noch: zusammen mit anderen Bremsern in Europa baut die Merz-Regierung seit Monaten die klimapolitischen Erfolge der letzten Jahre zurück. Diese Widersprüche werden weltweit registriert – und schaden Deutschlands und Europas Einfluss in der Welt. So verlieren wir wichtige Verbündete und schaden dem Klimaschutz weltweit.
Jetzt die Weichen stellen
Die gute Nachricht: Es gibt eine wachsende Gruppe von über 80 Ländern, die vorangehen will. Kolumbien baut gerade eine Koalition für den fossilen Ausstieg auf und richtet nächstes Jahr die erste internationale Konferenz zum Thema aus. Diese Chance müssen wir nutzen und endlich wieder Führung zeigen.
Als größter Binnenmarkt der Welt und als Hauptimporteur von Öl und Gas hat die EU enormen Einfluss. Wenn wir unsere Wirtschaft konsequent klimaneutral umbauen, ziehen andere nach. Das ist kein Idealismus, sondern wirtschaftliche Realität.
Deutschland muss wieder Teil der Lösung werden statt Teil des Problems. Für die kommenden Konferenzen in Kolumbien und der Türkei brauchen wir:
- Eine starke, einheitliche europäische Verhandlungsposition.
- Glaubwürdige Klimapolitik zu Hause statt ständiger Rückschritte.
- Höhere Priorität für Klimaaußenpolitik in der Bundesregierung.
Die COP30 in Belém hat gezeigt: Fortschritt ist möglich, wenn Demokratien zusammenarbeiten. Doch solange Europa und Deutschland beim Klimaschutz auf der Bremse stehen, geht auch weltweit wenig voran. Also: Schluss mit dem klimapolitischen Rückbau, Herr Merz!
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