11. WP

1987 - 1990: Klimaschutz, Mauerfall, Parität

Symbolbild - Zerstörung der Ozonschicht, Plakat auf dem eine Weltkugel mit aus einer Dose besprüht wird.
Zum Schutz der Ozonschicht - und damit des Klimas - fordert die grüne Bundestagsfraktion ein FCKW-Verbot. Das Umweltrecht will sie durch die Verbandsklage verbessern. 1988 stellt die Bundestagsfraktion ihr Energiewende-Szenario 2010 vor: Mit Sonne und Wind zu weniger CO2 und ohne Atomkraft. picture-alliance/ dpa / Michael Rosenfeld
29.03.2023
Gruppenbild der neuen grünen Bundestagsfraktion. Aufgenommen am 27.1.1987 im Bundestag. 25 der 44 Abgeordneten sind Frauen.
Gruppenbild der neuen grünen Bundestagsfraktion. Aufgenommen am 27. Januar 1987 im Bundestag. 25 der 44 Abgeordneten sind Frauen. picture alliance / Heinrich Sanden
  • Am 25. Januar 1987 wird der neue Bundestag gewählt.

  • ++ Grüne: 8,3 Prozent ++ SPD: 37,0 Prozent ++ CDU/CSU: 44,3 Prozent ++ FDP: 9,1 Prozent ++

  • Sprecher*innen der grünen Bundestagsfraktion sind: von 1987 - 1988: Thomas Ebermann, Bärbel Rust und Waltraud Schoppe; von 1988-1989: Helmut Lippelt, Regula Schmidt-Bott und Christa Vennegerts; von 1989-1990: Helmut Lippelt, Jutta Oesterle-Schwerin und Antje Vollmer; 1990: Willi Hoss, Waltraud Schoppe (bis Juni 1990), Marianne Birthler (ab Oktober 1990) und Antje Vollmer.

  • Es regiert die schwarz-gelbe Koaltion aus CDU/CSU und FDP. Dr. Helmut Kohl ist Kanzler und Hans-Dietrich Genscher Außenminister und Vizekanzler. Grüne und SPD sind in der Opposition.

Das Parlament der alten Männer

Die grüne Bundestagsfraktion zieht mit 8,3 Prozent und 44 Abgeordneten ins Parlament ein. Mit 25 Frauen und 19 Männern liegt der Frauenanteil der grünen Fraktion bei 56 Prozent deutlich über dem des Bundestages. Insgesamt zählt der elfte Bundestag 520 Abgeordnete, der Frauenanteil des gesamten Bundestages liegt bei nur 15,4 Prozent und nur ein Zehntel aller 520 Abgeordneten ist jünger als 40 Jahre.

Parität

Die Gleichstellung der Geschlechter voranzubringen, ist eines der zentralen grünen Ziele. Dazu bringt die grüne Bundestagsfraktion einen Antrag in den Bundestag ein. Die Parität der Landeslisten wird von der Partei festgeschrieben.

Atomkraft? Nein Danke

Mit einer Großen Anfrage zur Wiederaufbereitungsanlage Wackerdorf startet die grüne Bundestagsfraktion eine Debatte um die Wiederaufbereitung des Atommülls. Die geplante Wiederaufarbeitungsanlage für bestrahlte Kernbrennstoffe in Wackersdorf (Landkreis Schwandorf, Bayern) stößt seit Jahren auf sehr heftigen Widerstand mit massiver Polizeigewalt. Nach dem Aus der Wiederaufbereitungsanlage in Gorleben, wird nun versucht, sie in Bayern durchzusetzen. Doch im Frühjahr 1989 ist auch die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) Wackersdorf vor allem am Widerstand der Bevölkerung vor Ort endgültig gescheitert.

Im Dezember 1989 bringt die grüne Bundestagsfraktion die Große Anfrage zur "Wiederaufarbeitung deutscher atomarer Abfälle im Ausland" in den Bundestag ein und startet erneut eine Debatte um die Entsorgung des atomaren Mülls. Hierzu die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Grünen im Bundestag.

Deutscher Herbst: Zehn Jahre danach

Angesichts des fortdauernden Terrorismus der Roten Armee Fraktion (RAF) und einer inakzeptablen Anti-Terror-Gesetzgebung nimmt die Fraktion im Herbst 1987 mit einer Großen Anfrage und einer Debatte im Bundestag eine Initiative von Antje Vollmer auf. "Wir sind verstrickt, auch schuldhaft" überschreibt sie einen Beitrag. Antje Vollmer und Christa Nickels hatten die Diskussion bereits 1985 mit einem Brief an hungerstreikende RAF-Häftlinge angestoßen.

Eine der brutalsten Auseinandersetzungen der letzten Jahre haben sich nach Angaben eines Polizeisprechers Demonstranten und Polizei am 10.5.1976 in Frankfurt am Main bei einem verbotenen Protestmarsch zum Tod der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof geliefert. Ulrike Meinhof hatte sich am 5.5.1976 in ihrer Zelle in Stuttgart Stammheim das Leben genommen hatte. Nach dem Versuch der Polizei, die Demonstration mit ca. 600 Teilnehmern aufzulösen, warfen die Demonstranten Molotow- Cocktails und Steine auf die Polizisten und errichteten Barrikaden. Die Polizei setzte Knüppel und Wasserwerfer ein. Über ein Dutzend Polizisten sollen verletzt worden sein, sieben Demonstranten wurden verhaftet.
Eine der brutalsten Auseinandersetzungen der letzten Jahre liefern sich nach Angaben eines Polizeisprechers Demonstranten und Polizei am 10. Mai 1976 in Frankfurt am Main bei einem verbotenen Protestmarsch zum Tod der RAF-Terroristin Ulrike Meinhof. Ulrike Meinhof hatte sich am 5. Mai 1976 in ihrer Zelle in Stuttgart Stammheim das Leben genommen. Nach dem Versuch der Polizei, die Demonstration mit ca. 600 Teilnehmer*innen aufzulösen, werfen die Demonstrant*innen Molotow-Cocktails und Steine auf die Polizisten und errichten Barrikaden. Die Polizei setzt Knüppel und Wasserwerfer ein. Über ein Dutzend Polizisten sollen verletzt worden sein, sieben Demonstranten werden verhaftet. picture-alliance / dpa / Manfred Rehm
9. Bundesversammlung der Grünen am 1. Mai 1987 in Duisburg
9. Bundesversammlung der Grünen am 1. Mai 1987 in Duisburg H.Sanden, dpa

Volkszählungsgesetz

Nur Schafe lassen sich zählen. Quasi in letzter Minute versucht die grüne Bundestagsfraktion mit einem Gesetzentwurf zur Aufhebung des Volkszählungsgesetzes 1987 im April 1987 erneut, die Volkszählung zu verhindern. Vergeblich.

Mauerfall

Die Nachricht von der Öffnung der Mauer am 9. November 1989 erreicht das Parlament mitten in einer Plenarsitzung. Ab jetzt wird der Weg zur deutschen Einheit die Arbeit des elften Bundestages prägen. Der Fall der Mauer überrascht alle, auch die Grünen. Am 14. November 1989 fordert der Bundesvorstand die völkerrechtliche Anerkennung der DDR. Nach der Volkskammerwahl im März 1990 nimmt die Partei von der Position der Zweistaatlichkeit Abstand.

DDR: Das Format der Runden Tische

Am 24. November 1989 beschließen Umweltgruppen die Gründung der Grünen Partei der DDR. Gemeinsam mit dem Neuen Forum, Demokratie Jetzt, Initiative Frieden und Menschenrechte bilden sie die Fraktion Bündnis 90/Grüne in der neugewählten Volkskammer der DDR. Mit dem 3. Oktober 1990 und der Auflösung der Volkskammer werden sieben benannte Mitglieder der Volkskammerfraktion Mitglieder des Bundestages.

Der Runde Tisch am 16.1.1990  /DDR, "RUNDER TISCH" /vlnr: Reinhard Schult, Sebastian Pflugbeil, Ingrid Köppe, Rolf Henrich (alle Neues Forum), Ulrike Poppe, Wolfgang Ullmann (beide Demokratie Jetzt), Martin Gutzeit, Ibrahim Böhme und Markus Meckel (alle SPD).
Der Runde Tisch am 16. Januar 1990. Von links nach rechts: Reinhard Schult, Sebastian Pflugbeil, Ingrid Köppe, Rolf Henrich (alle Neues Forum), Ulrike Poppe, Wolfgang Ullmann (beide Demokratie Jetzt), Martin Gutzeit, Ibrahim Böhme und Markus Meckel (alle SPD). Schraps / dpa

Von der Volkskammer zum Bundestag

Erste freie Wahlen in der DDR im März 1990

Am 18. März 1990 wird in der DDR zum ersten und letzten Mal frei gewählt. Bündnis 90/Die Grünen zieht mit 20 (von 400) Abgeordneten in die Volkskammer ein – ein Bündnis aus Neues Forum (NF), Demokratie Jetzt (DJ), Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM), Unabhängiger Frauenverband (UFV), Die Grüne Partei Ost (GP). Die Volkskammer konstituiert sich am 6. April 1990 und beschließt am 23. August 1990 den Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Die Volkskammer löst sich am 2. Oktober 1990 auf. Vom 3. Oktober 1990 bis zur Bundestagswahl am 2. Dezember gehören Delegierte aller Volkskammerfraktionen dem Bundestag als assoziierte Mitglieder an. Die Grünen (West) fordern noch im Juni 1990 die Abschaffung des 17. Juni als Feiertag der deutschen Einheit. So bahnt sich an, was am 2. Dezember 1990 wahr wird: Die Grünen verpassen die Fünf-Prozent-Hürde und fliegen aus dem Bundestag.

Ein Wahlplakat mit dem Text Alle reden von Deutschland. Wir reden vom Wetter: Saurer Regen, Ozonloch, Smog, Klimakatastrophe. Wir wollen ein besseres Klima. Die Grünen.
Wahlplakat zur Bundestagswahl 1990. Siehe hierzu die Geschichte der 12. Wahlperiode. Die Grünen