Saison 2019: Grüne Tulpe - Dynamo Tresen

15.07.2019

Normalerweise berichte ich an dieser Stelle seit einigen Wochen von geradezu grotesken Niederlagen der Tulpe, die auch in der Höhe vollkommen verdient bzw. die Tulpen noch gut bedient sind, nur übertroffen durch das spielerische Greuel, was wir dem "Schönen Spiel" antun. Man muss demjenigen schon sado-masochistische Züge unterstellen, wer sich derart jede Woche abschlachten lässt (und wer darüber noch schreibt und wer das dann liest.) und in genau dieser Erwartung fuhr ich an diesem Montag Abend wieder zum Spiel.

Nun, um es kurz zu machen: Heute muss ich Abbitte leisten. Das Spiel hat Spaß gemacht – auch für ganz gesund orientierte Menschen, spielerisch war es durchaus ansehnlich – auch von der Tulpe, und das Ergebnis war angemessen – auch wenn es nicht vollkommen erfreulich war. Aber beginnen wir am Anfang.

Alles fing wie gewöhnlich an. Starker, junger Gegner trifft auf Grüne mit perfektem Matchplan. Der funktioniert einwandfrei, bis ein Rückpass zum Torwart kommt, der weiß nicht richtig, wohin mit dem Spielgerät, die Tulpen lassen kollektiv jegliche Körperspannung vermissen, der Ball wird flach an den Mittelkreis gespielt, kommt postwendend zurück, ein gegnerischer Stürmer wird nicht am Schuss gehindert, Keeper Jochen Schieborn erreicht den Ball nur fast, der klatscht gegen den Innenpfosten, 1:0. Etwas unglücklich, aber auch irgendwie nicht unverdient.

Danach können sich die Tulpen bei Greenkeeper Jochen  bedanken, dass er sie im Spiel hält, aber die nächste Klatsche scheint eine Frage der Zeit zu sein. Aber irgendwas ist heute anders. Die Grüne Tulpe beginnt zu spielen, als wenn alle Unzulänglichkeiten plötzlich nicht mehr zählen und jeder und jede die eine Stärke, die er oder sie haben, ausspielen und daraus ein spielerisch tatsächlich ansehnliches, überlegenes offensives Pressing wird.

Lilly und Markus beherrschen mit ihrem Stellungsspiel den gegnerischen Sturm, rechts läuft Moritz jeden Angriff ab, links spielt Stephan kontrollierte Pässe in den Fuß, Marie findet immer den nächsten Mitspieler, David baut mit überlegten Pässen Angriffe auf, Philipp läuft in die freien Räume und erarbeitet sich Chancen, Hans und Niko spielen ihre Schnelligkeit perfekt aus und kommen ein ums andere Mal zu Chancen. So streicht ein Schuss von Philipp zart über den linken Winkel, Niko wird beim eins gegen eins nur noch vom Torwart gestoppt, einmal im letzten Moment im Strafraum noch vom Libero gestört (die Grünen verzichten sofort auf einen etwaigen Elfmeter), Magnus verpasst eine herrliche Hereingabe von Matze Daun um Haaresbreite.

Was man da sieht, ist eine spielerisch überlegene Mannschaft. Nur die Tore fehlen.

Das soll sich in der zweiten Halbzeit ändern. Und die beginnt, wie die erste. Plötzlich fehlen wieder die Anspielstationen und die Tulpen können sich nur mit Mühe ihrer Haut erwehren. Und schließlich passiert, was passieren muss. Eine Flanke und Dynamo Tresen Stürmer und Mittelfeldspieler behindern sich gegenseitig so geschickt, dass es für die Annalen nicht zu klären ist, wer den Drop Kick unhaltbar in die Maschen setzte. 2:0.

Und nur wenig später folgt ein schneller Angriff und ein gekonnter Abschluss zum 3:0. Und schon ist das Spiel für die Tulpe mal wieder gelaufen. Und so kommt es, wie es kommen muss, es fällt das 4:0, aber da Abseits moniert wird und die Dynamos mitleidig diese Demütigung nicht wollen, verzichten sie. Es bleibt beim 3:0.

Zu allem Überfluss knickt Lilly bei einem Laufduell auch noch so unglücklich um, dass sie quasi noch auf dem Spielfeld ankündigt, dass ihr nächstes Spiel wohl erst stattfindet, wenn sie von ihrem in Kürze startendem Projekt aus Nigeria zurückkehrt (Anm. der Red.: Gute Besserung!).

Doch wieder raffen sich die Grünen nun zu gepflegtem Fußball auf und kombinieren sich in die gegnerische Hälfte. Und nun schaltet sich Moritz auch noch in die Offensivbemühungen ein, geht die Linie rechts hinunter bis zur Grundlinie, gibt den Ball scharf in die Mitte, Hans läuft mit und trifft satt und trocken zum 1:3 in die Maschen. Dieses Tor verdient besondere Aufmerksamkeit, denn es war 1. herausgespielt, 2. präzise kombiniert, 3. erforderte schnelles Laufen mehr als eines Spielers, 4. war im Resultat kaum zu verteidigen, 5. war im Spielaufbau einfach, aber 6. effektiv. Selbst im Trainingslager gelang das der Tulpe zuletzt in den frühen 2000ern (Levent, wenn du das liest und sollten dir nun Tränen der Freude und der Rührung in den Augen stehen, ist das vollkommen angemessen. Es war, als wäre dein Geist über die Tulpe gekommen und alle hätten einen (=1) und denselben Gedanken von diesem Spielzug gehabt. Zeichen und Wunder!)..

Wäre ich Jörg Dahlmann, würde der Rest des Berichtes von nichts anderem mehr handeln als von diesem Tor – und wenn die mich rausschmeißen. Bin ich aber nicht. Ich bin nur der mitleiderregende Chronist, dessen gute Zeiten auf dem Feld irgendwann in grauer Vorzeit gelegen haben müssen.

Und so zwingt mich meine Chronisten-Pflicht, ungeschönt vom Tiefpunkt des Spiels zu berichten. Weiter spielen die Tulpen, aufopferungsvoll kämpfen und kombinieren sie. Es gibt Ecke, von rechts, abgewehrt, aus dem Hintergrund setzt Stephan Schwarzkopf zu einem wuchtigen Kopfball aufs lange, rechte Eck an, der Torwart taucht schon ab, da stochert Sebastian Wienges mit einer Bewegung, die allenfalls von schwerer Hüftarthrose zeugt, den Ball mit der Sohle aus einem Meter gegen den Lauf des Torwarts zum 2:3 über die Linie. (Wer solche Tore schießt – Verzeihung: erstolpert, verliert lieber freiwillig höher.)

Es scheint nun doch möglich zu sein: die Grüne Tulpe kann gegen einen spielstarken Gegner durch eigene feine Spielzüge eine Niederlage abwenden. Doch quasi im Gegenzug rollt der Angriff der Dynamos, der massive Außenstürmer wird an der Strafraumgrenze freigespielt, schaut kurz und setzt einen satten Schuss aufs lange Eck. Jochen ist noch mit dem Handschuh dran, kann dem Ball aber nicht mehr die Wende geben, die die Tulpe kurz dem Spiel schien geben zu können. 4:2.

Aber weiter geht es. Eine Flanke, in die Markus Kurdziel seinen Kopf hineinwirft und eine gefährliche, fast unhaltbare Bogenlampe auf das Tor bringt. Der Dynamo-Keeper hechtet rückwärts, schraubt sich hoch und lenkt den Ball noch über die Latte. Die ideale Vereinigung von Athletik, Eleganz und Technik.

Und schon wogt das Spiel wieder in die andere Richtung. Ein schneller Konter, der Außenstürmer schaut und spielt überlegt auf den mitgelaufenen Mittelfeldmotor, der schießt aus zentraler Position, frei, aber Sebastian Wienges war dieses mal schnell genug und blockt den Schuss ab. Sogar beim Nachschuss ist er zuerst mit einer Grätsche am Ball und der Mittelfeldmotor erwischt den Ball nicht voll. Der trudelt Richtung rechtes Eck, eine sichere Beute für den Torwart. Aber wo ist Schieborn? Der war schon beim ersten Schuss ins linke Eck gehechtet und sitzt dort noch – 5:2.

Und dabei bleibt es. Aber es hat Spaß gemacht und es war ordentlicher Fußball. Es gilt anders als beim Boxen: They always come back!