Saison 2019: Grüne Tulpe - SC Union 06

24.06.2019

Es gab Zeiten, da spielte die Tulpe im Jahr gegen über 30 verschiedene Mannschaften. Doch die wurden älter und dünnten aus, wie Haare auf dem lichter werdenden Haupte. Sie begannen Kleinfeld zu spielen, oder gar nicht mehr, oder zumindest nicht mehr gegen die Tulpe. Die spielt aber nach wie vor Montag abends auf Großfeld 90 Minuten gegen wen auch immer, der spielen will. Das sind heute weit weniger Mannschaften und weit jüngere und bessere. Und deshalb spielt die Tulpe inzwischen im vierwöchigen Rhythmus immer wieder gegen die gleichen vier oder fünf Mannschaften – wobei ‚spielen‘ immer seltener eine gerechtfertigte Beschreibung ist. Meist geht es eher um die Frage ‚Wieviel dürfen’s denn heuer wer‘n‘?.

An diesem Abend war so mal wieder der SC Union 06 zu Gast auf Tenne 1 – ein durchaus gerngesehener, fairer und eleganter Gast – und einer, bei dem es für die Tulpe nicht um Sieg oder Niederlage geht, sondern eher um die Höhe der standesgemäßen Watsch’n. Das erinnert ein wenig an das Wunderteam der Österreicher vor dem Krieg – und so lange scheinen auch die glorreicheren Zeiten der Tulpe zurückzuliegen.

Dies Schmieranskiteam der Tulpe, von dem nur noch wenige Wunderspieler auf dem Platz stehen, erinnert sich aber bis heute an seine großen Zeiten und wie sie damals gespielt haben: mit Viererkette und, um nicht immer die zweiten Bälle zu verlieren, mit Doppel-Sechs. Und dann waren sie noch immer gut genug zu scheiberln, d.h. mit kurzen, schnellen Kombinationen und Dribblings zu Toren zu kommen. Aber nun bildet die Viererkette nur noch ein trauriges Bollwerk, das mit unzähligen Angriffswellen, die nur von den tapferen Sechsern leicht gestört durch die unendlichen Weiten des Mittelfeldes zwischen Sturmspitzen und Sechsern rollen, langsam mürbe gemacht wird und wie der Fels in der Brandung von der Zeit weggewaschen wird.

Diesen Montag betrug die dafür notwendige Zeit immerhin mehr als eine Halbzeit. Schon in der ersten Halbzeit hätten die Blauen die Führung verdient gehabt, behielten aber ihrerseits die elegante Linie in ihrem Spiel bei und drängten eher auf ein ordentliches Passspiel als auf die Führung. So reichte es nur zu einem wuchtigen Kopfball gegen die Unterkante der Latte, von der Ball auf den Kopf des Torwarts und wieder ins Feld sprang. Ansonsten entwickelte sich ein ordentliches Spiel, arm an Höhepunkten. Immerhin bauten die Tulpen Sechser Matthias Daun und Markus Leick immer wieder das Tulpenspiel im Mittelfeld auf und störten das von Union. Doch der Raum, den sie dabei bearbeiten mussten, war so weit, dass gegen Ende der ersten Halbzeit die Körner weniger wurden.

Dieses Bild verstärkte sich noch in der zweiten Halbzeit. Und nun wurde es zunehmend kurios. Eine missglückte Rückgabe ließ den blauen Mittelstürmer allein vor dem Torwart an den Ball. Doch er vergab ebenso kläglich wie nur wenige Minuten später, als er unbedrängt einen Meter neben das Tor traf. Die Angriffe wurden jetzt kaum noch von den Tulpen gestört. Von rechts klatschte ein Schuss gegen die Querlatte und fiel zwei Stürmern vor die Füße, die aber noch von Marie vor dem freien Tor gestört wurden und wieder vergaben.

Inzwischen war über eine Stunde vorbei und es stand immer noch 0:0.

So kommt das Unvermeidliche nach einem Standard: eine Ecke wird nicht weit genug geklärt und aus dem Hintergrund schießt… Nun geben wir das Wort an Heribert Meisel, der so wunderschön mit den Österreichern litt, in Erinnerung an das Wunderteam, als sie 1954 6:1 das WM-Halbfinale gegen Deutschland verloren: „Toor, Toor, Toor, Toor! 1:0 für Union! Morlock war es, der den Ball da mit dem rechten Schlappen ins Netz gedrückt hat. Es war a Rechtsschuss. Der Jubel auf dem Spielfeld bei den blauen Spielern kennt natürlich keine Grenzen. Auf die heißen und erhitzten Fußballhäupter der Wiener natürlich – bittschön, ich kanns nicht ändern! – ist dieses Goal wie eine kalte Dusche herunter gerieselt.“

Und nur eine Minute später landet der dritte Rückpass beim grünen Goalie, der am Ball vorbeisäbelt und ihn so zwei blauen Stürmern in die Füße spitzelt. „Jessesmaria, das grüne Goal ist leer! Der Herrmann wieder hinüber nach links und Schuss – jei,jei,jei! – und Toor, Toor, Toor! Das ist das 2:0 für Union und das dürfte der Sieg sein. Aber sie werdens mich erschlagn, jetzt weiß ich net, wers geschossen hat. Es ist ja auch schwer: Der Herrmann und der Haferkamp, beide ohne Nummer am Buckel... Aber jetzt weiß ich, ich habs: Der Haferkamp wars. Also der Haferkamp. 2:0 für Union.“

Es folgten Tore Nummer 3, 4 und 5. Und wie schon Heribert Meisel beim dritten Tor 1954 rief: „Und nun gibt es auch noch Elfmeter! Na, i mog gar net mehr hinschaun. I schau jetzt weg.“ So kann auch diese Berichterstattung den weiteren Verlauf kaum mehr wiedergeben.

Nennenswert war allenfalls noch das 4:0 durch Paul, das besonders bejubelt wurde – warum auch immer.

Der 5:0 Endstand war auch in dieser Höhe vollkommen verdient und eigentlich noch schmeichelhaft für die Tulpen.