Saison 2020: Grüne Tulpe - SC Charlottenburg

03.02.2020

Es gibt Spiele, die möchten am Ende alle nur verdrängen und den barmherzigen Mantel des Schweigens darüberbreiten. Einem Chronisten ist dies nicht möglich. So sehr mir die Schamesröte bei der Erinnerung an unzählige Fehlpässe, unflätige Auseinandersetzungen, groteske Eigentore, absurde Schiedsrichterentscheidungen und beschämende technische wie athletische Minderleistungen in die Wangen steigt, so sehr muss ich doch davon berichten.

Beginnen wir also mit den Ausflüchten: Es hatte den ganzen Tag geregnet (das Wetter ist immer schuld), Ball und Platz so seifig wie eine Eisbahn (und so schlüpfrig wie ein Herrenwitz). Diese Verhältnisse gepaart mit den vertretenen virtuosen Fähigkeiten der Tulpen und der Alten Herren des SC Charlottenburg hätten durchaus vielversprechend sein können. Aber was bald folgte, war Tristesse. Dabei fing das Spiel noch ganz passabel an. Die Charlottenburger waren durchaus zu einer Art Spielkontrolle in der Lage, und die Grünen legten mit einem durchaus sehenswerten Angriff über rechts vor. Scharfe Hereingabe und da steht (das kann er) Markus Kurdziel und netzt aus 5 Metern ein. 1:0

Kurz darauf fast eine Kopie des ersten Tores. Till Tibbe serviert perfekt scharf und flach quer durch den Strafraum und Toffi schließt ab (das kann er). Aber diesmal… die Platzverhältnisse, der seifige Ball. Der Abschluss geht fast portwendend dahin zurück, woher er gekommen ist, neben das Tor ins Aus.

Die Charlottenburger kämpfen um dieses Spiel. Was an filigraner Technik fehlt, wird durch den Einsatz von Körperpfunden wettgemacht. Es gibt einige Unterhaltungen mit einigen Tulpen. Und nun schlägt die Stunde des Schiedsrichters: Fouls pfeift er eher nicht ab, aber er hat Karten dabei, und bei diesem Spiel, in dem es um nichts geht, zeigt er sie – und – die Kuriosität ist kaum zu überbieten (denkt man, es ist noch früh im Spiel) – notiert sich den Spielernamen. Der kann sich zwar als Jimmy Hoffa ausgeben, Spielerpässe gibt es nicht. Aber einen Schiedsrichter-Notizblock.

Immerhin wirkt die Absurdität der Szene, und in der Folge verzichten beiden Mannschaften angesichts dieses Spielleiters darauf im Grenzbereich des Regulariums zu agieren – denn eigentlich spielt man hier ohne Schiedsrichter, oder eher nehmen beide Mannschaften die Herausforderung an, ein Fußballspiel zu gestalten. Schiedsrichter hin oder her.

Mit der Spielgestaltung beschäftigen sich nun zunächst die Charlottenburger. Ein öffnender Pass in die linke Spitze, eine scharfe flache Hereingabe zwischen nach vorne hechtendem Torwart und nach hinten grätschendem Innenverteidiger genau auf die SC-Sturmspitze, der ungehindert zum 1:1 einschiebt. Und mit diesem echten Spielzug endet im Wesentlichen das Fußballspiel, es folgen über eine Stunde Offenbarungseid, Not gegen Elend. Wie gerne würde ich Wittgenstein folgen: Der Rest ist Schweigen. (Tractatus logico-philosophicus), aber die Chronistenpflicht…

Es folgt eine Ecke, unter der Torwart, diverse Verteidiger und ein bis zwei Angreifer hindurchsegeln, und in die schlussendlich Patrick so unglücklich ungestört hineinläuft, dass er sie ins Tor befördert – ins eigene: 1:2.

In der zweiten Halbzeit rennen die Tulpen an. Einmal gelingt es Till den Ball direkt allein vor dem Torwart zu bekommen, legt ihn am Torwart vorbei, geht selbst vorbei, aber irgendwie gehen Ball und Till getrennte Wege, und der Torwart kann den Ball irgendwie noch von hinten Till, der vor dem leeren Tor steht weggrätschen.

Immerhin spielen die Charlottenburger sehr überlegt immer wieder auch in Drucksituationen den Ball mit kurzen kontrollierten Pässen raus. Aber daraus entstehen keine Torchancen. Die ergibt sich erst als ein Ball aus dem Mittelfeld dem Charlottenburger Angreifer vom Fuß gespitzelt wird und der Schiedsrichter auf Rückpass entscheidet. Den indirekten Freistoß grätscht Jan aber so blitzartig ab, dass selbst dieser Ball nicht aufs Tor kommt.

Apropos Jan: Der will einen Ball von rechts flach an den Elfmeterpunkt zurücklegen, daraus wird eine ganz passable Flanke in den Fünfmeterraum, die der Torwart mit beiden Händen fängt – fangen will, aber der seifige Ball… Auf jeden Fall steht es nun 2:2.

Nicht unverdient, aber doch nichts Schönes. Und dann gibt es einmal eine Ecke für die Charlottenburger, die erste in dieser Halbzeit. Was soll ich sagen: Ecke, Kopfball, Tor: 2:3. Da muss ein Standard herhalten, vor denen Coach Toffi vor dem Spiel noch eindringlich gewarnt hatte. Aber der war wirklich sauber – schöner Kopfball. Dass der Schiedsrichter am Ende noch einen Elfmeter übersieht, dann aber den Gefoulten mit glatt roter Karte – ja, er hatte Karten dabei – vom Feld schickt, passte irgendwie ins Bild. Vergessen wir den Tag, schreiben wir von etwas anderem.