Grüne Tulpe - DIHK: 6:1

14.05.2007

"Guten Abend Allerseits!"

Warum gewinnt man ein Spiel, in dem man zuerst zurückliegt und kaum eine klare Torchance erspielen kann, am Ende doch sehr deutlich? Heribert Fassbender-Wahrheiten wie "Am Ende einer Saison gleicht sich Glück und Pech immer aus!" helfen da nur bedingt weiter. Ein möglicher Grund kann schon eher sein, dass die DIHK mit elf Spielern antrat, deren Durchschnittsalter ungefähr der Quersumme des Alters der Tulpen entsprach, die zudem mit 15 Mann kamen.

Nichtsdestotrotz verteidigten die Kämmerer wohlgemut und mit Verve von Beginn an, und kamen durch ihre schnellen und zweikampfstarken Offensivkräfte in der ersten Hälfte durchaus zur ein oder anderen Chance, wobei die langen Kerls hinten kaum eine Tulpenchance zuließen. Ein klares Übergewicht war aber bei keiner der beiden Mannschaften zu erkennen, weder bei den Dihk'en noch bei den Tulpen, die sich insofern auch kaum für "Fit statt fett" qualifizierten.

Eher ein Zufallsprodukt war dann auch das 1:0 für die Industriellen und Händler. Einen Rückpass auf Tulpen-Torwart Christian Meuschke konnte dieser nicht richtig unter Kontrolle bringen und spielte seinem Libero Stefan Witt den Ball zu scharf zurück. Doch auch der wollte grüne Spielkultur nicht verraten und den Ball hoch und weit Richtung irgendwohin klären, sondern stoppte den Ball durchaus elegant hinter sich, dummerweise genau im Lauf des geistesgegenwärtig handelnden Industriellen, der dann keine Probleme hatte hoch und mittig einzunetzen.

Weitere Chancen ergaben sich in der Folge auf keiner Seite, abgesehen von einem schönen Solo über links durch Arne Jungjohann, der Lehrbuch-mäßig den Ball auf den rechten Fuß von Linksfuß Hartwig Mayer zurücklegte. Über das, was folgte, soll geschwiegen werden, zum Stehen taugt Hartwigs rechter Fuß aber durchaus. Ähnlich gekonnt der Aufbau der nächsten Chance für die Tulpen mit zwei, drei direkten Kurzpässen durch das halblinke Mittelfeld, an der Strafraumgrenze dann mit der Hacke für Tresfore Dambe aufgelegt, der den Ball aber nicht richtig erwischte und den DIHK-Wärter erfolgreich abwehren konnte. Somit blieb es zur Halbzeit beim 0:1 Rückstand und die Tulpe musste sich für die 2. Hälfte was einfallen lassen. Und das taten sie auch.

In der zweiten Hälfte verlagerten die Tulpen das Spiel endlich stärker auf die Außenbahnen, denn in der ersten Hälfte stand man sich in der Mitte oft gegenseitig auf dem Fuß. Besonders die starke linke Seite erhöhte nun die Schlagzahl und erspielte sich zunehmend Chancen. Die erste blieb noch ungenutzt, aber schon die zweite nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff wurde genutzt: Ein steiler Pass, ein schneller Vorstoß von Toffi Born, der flankt aufn Fünfer. Dort lauert Marek Dutschke, der den Ball aber in der Mitte knapp verfehlt, aber glücklicherweise vor den Füßen von Tulpentank Tresfore Dambe landet, der dann ungehindert zum 1:1 Ausgleich einschieben kann.

Keine zwei Minuten später eine ähnliche Situation, diesmal flankt Linksfüßer Toffi Born ausnahmsweise mit rechts hoch über die ganze DIHK- Abwehr hinweg passgenau auf den Fuß des mitgelaufenen Rechtsverteidigers Andre Bornstein, der das Leder volley mit Vollspann im langen Eck unhaltbar versenkt. Das Spiel war gedreht. Ab jetzt begann das Schaulaufen. Wiederum nur wenige Minuten später fällt Tresfore Dambe im Strafraum. Der Schiedsrichter entscheidet sofort von seiner guten Position im Mittelkreis, die er nur selten verließ, auf Elfmeter. Das war die Chance, der verletzte Spielertrainer Sebastian Wienges witterte seine Chance und wollte sich sofort einwechseln, verhedderte sich aber unglücklich in seiner langen Hose und konnte so nur noch zusehen, wie Captain Toffi souverän rechts unten versenkte.

Doch nicht nur die Außenverteidiger und Außenläufer harmonierten zusehends, wechselten sich in ihren Vorstößen ab und deckten den jeweils anderen nach hinten, auch das Sturmduo Toffi/Marek – wegen ihrer ganze Abwehren spaltenden Schärfe auch Tomarek genannt – spielte immer besser zusammen: Wieder ein Angriff über links, Marek Dutschke passt zurück an den Strafraum zu Toffi Born, der keine Mühe hat seine Ladehemmung aus dem letzten Spiel endgültig zu überwinden und zum 4:1 einzuschießen.

Die vereinzelten Konter der DIHK werden meist schon im defensiven Mittelfeld spätestens jedoch in der Abwehrreihe gestoppt. Doch einmal rutscht ein Ball doch durch und der starke Siebener zieht von innerhalb des Strafraums ab. Lässig hebt der inzwischen eingewechselte Torwart Jochen Hake den Arm gerade hoch genug, um den scharfen Ball abzuwehren. Nach dem Spiel gibt er zu: "Den hätte ich fangen müssen!" Den Abpraller sichert Arne Jungjohann, der inzwischen mit Christian Meuschke die Angriffe über die rechte Seite dirigierte.

Doch der Widerstand des Exportweltmeisters ist längst gebrochen. Wie sich der deutsche Mittelstand der schieren zahlenmäßigen Überlegenheit der Chinesen bald beugen muss, so auch die DIHK den ständig wechselnden Tulpen, die immer wieder gut erholt auf das Feld zurückkehren. Einer der DIHK-Leistungsträger musste sich zudem wegen einer alten Knieverletzung auch noch ins eigene Tor "auswechseln" lassen. Die Grünen liefern die Antworten, die Innovationen einer nachhaltigen grünen Marktwirtschaft können auch in der Globalisierung konkurrieren, so wie die Tulpen die vielbeinige, massierte Abwehr der ersten Halbzeit überwinden und allmählich aufreiben.

Nun rollen die Angriffe schon durch die Mitte. Ein solcher wird mit einem Pass auf Hartwig Mayer an der Strafraumgrenze abgeschlossen, der sich mit einem "Spin Move" mit dem Rücken geradezu um seinen Gegenspieler herumwickelt und dadurch mit Ball alleine vor dem resignierenden Torwart steht und nur noch einzuschieben braucht. 5:1 für die Tulpe

Schließlich in der letzten Minute eine ähnliche Szene: Pass in den Lauf von Asgar Ergin, der der gesamten Abwehr mit Ball davon läuft und die nächste Frage aufwirft: Warum kann ein Spieler, der von außerhalb des Strafraums regelmäßig den Torwinkel trifft, von innerhalb des Fünf-Meter-Raumes nicht einmal das Tor treffen? Selbst Heribert Fassbender hätte das wohl nur "zu ca. 85Prozent" erklären können. 100 prozentig stand aber schnell fest, dass der Ball von Asgar neben das Haus der Wirtschaft ging.

Den anschließenden Abstoß passte der angespielte Kämmerer dann allerdings aus noch nicht geklärten Gründen an seinem letzten Mann vorbei über 30 Meter genau in den Fuß von Andre Bornstein, der etwas verwundert nach kurzer Auslegung der Abseitsregel – der Ball kam nun mal vom Gegner – zum 6:1 Endstand versenkte.

Die DIHK litt eindeutig unter dem demographischen Wandel einer alternden und kleiner werdenden Mannschaft gegenüber der wachsenden jungen Tulpen-Mannschaft, der die holländische Krankheit droht: die attraktive Mannschaft zieht immer mehr gute Spieler an, die gegenseitig ihre Spielzeit verkürzen, und so durch zu viele Wechsel ein Niedergang der Spielkultur droht. Für diesen Prozess bräuchte Deutschland doch mal einen angemessenen Kommentator. Heribert Fassbender braucht eine eigene Talk-Show. Late Night Talk zu Fußball und Politik statt Pocher und Schmidt.

SW