Grüne Tulpe- Rank Xerox 5:6

27.08.2007

Von Druckerkolonnen und alten Hasen

Selten waren die Tulpen in den letzten Monaten einem Sieg gegen einen großen Gegner so nah. Selten kamen sie in ein Spiel so fulminant zurück und boten Kampf und Spielstärke. Selten gelang es ihnen ein Spiel zu drehen und dem Gegner seine Stärken abzunehmen und sie zu den eigenen zu machen. Und selten waren individuelle Klasse und individuelle Fehler in einem Spiel zweier durchaus ansehnlich kombinierender Mannschaften so entscheidend.

Doch fangen wir bei Stunde Null nach der Sommerpause an...

Die Rückrunde begann für die Tulpen wie die Hinrunde geendet hatte: zu zehnt. Da aber Rank Xerox grundsätzlich nur mit vollem Patronengürtel kommt und zusätzlich noch einen eigenen Betreuer hat, der in diesem Spiel dankenswerter weise einen souveränen Schiedsrichter gab, konnten sie die Tulpen mit einem ihrer Besten auffüllen. Patrick brachte Farbe ins Aufbauspiel der in grau spielenden Tulpen.

Trotzdem verfielen die grünen Tulpen nur allzu schnell in alte Fehler. Schnell wurde in die Spitze gespielt auf die beiden Stürmer Toffi Born und Jürgen Stark, die dann aber auf sich allein gestellt waren, weil das Mittelfeld so schnell gar nicht nachrücken konnte. Umgekehrt kam das grüne Mittelfeld aber auch nach hinten nicht schnell genug zurück, so dass die Xeroxianer ein ums andere Mal Überzahlsituationen herstellen konnten. Die pflegten in gewohnter Manier einen gepflegten Kombinationsfußball, setzten dann aber zu sehr auf lange Bälle in die Spitze und die Schnelligkeit ihrer Stürmer. Einige Male führte das zu 1:1-Situationen gegen Torwart Daniel Holstein, der aber Heber und unplatzierte Schüsse entschärfen konnte – nicht aber den platzierten Schuss aus 35m ins rechte Eck. Der Torminator schoss aus solcher Entfernung, dass keine Tulpe ernsthaft reagierte und sich alle etwas verblüfft anschauten, als der Ball ins Netz flatterte: "Ach, das war ein Torschuss! Das wurde uns nicht gesagt. Muss so was nicht telegrafisch angekündigt werden?" 0:1

Auf der anderen Seite hatten die Tulpen durchaus ihre Chancen. Allein gegen den Torwart, Asgar per Kopf, Sebastian nach einer Ecke aus einem Meter per Fuß – also alles nichts, was in letzter Zeit vielversprechend gewesen wäre. Umso erleichterter waren sie, als Toffi seine prä-post-natale Tordepression beendete und in altbekannter und unnachahmlicher Manier aus 25m den Ball ins rechte obere Eck schlenzte. O-Ton: "Wenn du nisch weiß, wohin mitte Ball, tu ihn ins Toer!" Der Torwart brachte sogar noch die Finger an den Ball, der touchierte aber nur leicht das Lattenkreuz und flog weiter ins Netz. 1:1 Ausgleich.

Es folgten ein Lattenknaller der Xeroxianer und einige schnelle, aber brotlose Konter, und einige sehr elegante Flankenläufe – bis, ja bis einer dieser Flankenläufe von Sebastian eigentlich schon gestellt aber doch noch durch seine Beine den Weg zu Sturmtank Milli fand, der – Vanilli war nicht da – den Ball in Gerd Müller-Art, den er vermutlich auch noch live hat spielen sehen, im Tor versenkte. 1:2

Xerox erspielte sich nun Überlegenheit, kaum noch Chancen für die Tulpen. Und immer wieder schnelle Konter der Xeroxianer. Einer von denen über links ist eigentlich schon gestoppt. Axel "Akki" ist zu einem Haken gezwungen und schlenzt von der Strafraumecke Richtung langes Eck. Holstein bekommt noch einen Handschuh an den Ball, doch von da aus rutscht er ins Netz. 1:3

Quasi mit dem Pausenpfiff aus dem Nichts nach einer Ecke kommt der Ball zum langen Pfosten auf Jürgen Stark, der an diesem Tag aus Sardinien angeflogen kam. Der setzt einen süditalienischen Hüftdrehschuss an, trifft den Ball nur periphär, woraus ein Aufsetzer wird. Der fällt senkrecht aus der Luft Andree Bornstein vor die Füße, der inzwischen allein vor dem Torwart steht und kompromisslos aus der Drehung abzieht und zum 2:3 Anschlusstreffer trifft. Da ist er schon soviel gerannt, dass er in der nun folgenden Pause in unnachahmklicher Beckham-Manier kotzen muss.

In der Halbzeit stellt Coach Wienges das Mittelfeld um, findet klare Worte. Sofort nach der Pause zeigt dies Wirkung: neuer Libero Tresfore Dambe räumt alles ab, neuer Mittelfeld-Motor Stefan Witt zieht jetzt die Fäden im Mittelfeld. Die Tulpen kämpfen und finden doch spielerische Linie. Im gleichen Maße verlieren die Xeroxianer ihre Überlegenheit und spielerische Linie. Noch immer rochieren die drei Spitzen ununterbrochen und wirbeln die Tulpenabwehr immer wieder durcheinander. Aber das reicht nicht mehr – vorerst. Die Tulpen sind nun wild und drängen eilig zum Ausgleich.

Dennoch aus heiterem Himmel, eine Flanke fliegt von links herein, Sebastian Wienges ist, nein war an seinem Gegenspieler dran. Ein Windstoß, der Ball ändert etwas die Richtung, Sebastians Gedanken auch und sein nun freier Gegenspieler ändert wiederum im Fünfmeterraum die Richtung des Balles ins Tor. 2:4

Wienges grämt sich und denkt: "Wieso ist Rumstehen nur so anstrengend und ich schon wieder so kaputt?" Das fragten sich viele Tulpen, die die Sommerpause noch sichtbar, nicht in den Beinen, sondern im Bauch hatten.

Doch nicht geglaubte Reserven wurden dann doch noch ausgepackt. Die Tulpen drängen Xerox immer weiter in die eigene Hälfte, gewinnen Bälle immer näher am gegnerischen Strafraum. Eine Frage der Zeit bis sich Chancen ergeben. Einkauf Patrick steckt in einer Drangphase den Ball kurz zu Andree Bornstein durch, der noch immer wie das Duracell-Häschen rennt und aus kurzer Distanz ins kurze Ecke zum 3:4 trifft.

Es geht gleich weiter in Richtung Xerox.Druckgehäuse. Dann eine Ecke, die rutscht durch zum langen Pfosten, wo wiederum Patrick den Ball wieder in die Mitte spielt. Andree Bornstein nimmt den Ball an, steht mit dem Rücken zum Tor, von vier Spielern umringt jongliert er den Ball a la Ribery zwei, drei, vier mal. und wirft sich rückwärts Richtung Tor und schießt wunderschön per Seitfallzieher. Der Keeper lenkt den Ball noch gegen den Pfosten, von wo er aber ins Tor springt. 4:4

Xerox scheint in dieser Phase hilflos. Nur Minuten später wieder ein Ballverlust, Patrick auf Andree, der schlägt den Ball 30m in den Lauf von Jürgen Stark, der ist schneller als sein Gegenspieler und auch noch vor dem herausstürzenden Torwart am Ball, an dem er den Ball vorbeilegt, der dann gemächlich immer etwas schneller als der vergebens hinterhereilende Verteidiger genüßlich ins Tor rollt. 5:4. Führung für die Tulpe! Unglaublich

Die jungen Hasen haben das Spiel gedreht, wild Haken schlagend. Ratlos hoppeln die alten Hasen über das Feld. Aber wer ist hier eigentlich der Igel?

Wütend kommt Loddars Reinkarnation aufs Feld zurück: "Ein Loddar Matthäus gibbt niemals auf! Ein Loddar Matthäus kämpft immer weider!" Er nimmt den Ball und rennt an, wird gestoppt. Ein ums andere Mal. Stephan von Dassel wirft sich den Angriffen entgegen, verteidigt mit allem was er hat. Aber wie gewinnt man ein Spiel, in dem man nach 85 Minuten führt?

Schließlich findet Loddar die Lücke, Stefan Witt und Tresfore Dambe fungieren auf dem engen Parcours als Fahnenstangen, Sebastian Wienges lässt sich von rochierenden Stürmern herauslocken und kommt dann von der Seite zu spät und ist selbst für die finale Grätsche zu müde. Ein harter, trockener, letztlich unbedrängter Schuss ins rechte lange Eck. 5:5. Die Tulpen waren jetzt stehend k.o. und das Spiel noch nicht zu Ende. Durch Glück und wiederholte Abpraller, die dem xeroxianischen Flankenläufer wiederholt vor die Füße fallen, taucht der allein vor Daniel Holsteins Tor auf. Tulpe-Kepper Daniel bleibt cool und nimmt dem Angreifer den Ball vom Fuß. Doch kurz darauf setzt Druck-Loddar nochmal zu einem letzten Slalom-Lauf des Abends an und schließt in Kopie des Ausgleichs zum glücklichen 5:6 Endstand ab. 

Fazit: Es war ein tolles Spiel, aber eine bittere Niederlage für die Tulpen. Ein schon gewonnen geglaubtes Spiel in den letzten 5 Minuten doch noch zu verlieren gehört zu den schlimmsten fussballerischen Erlebnissen. Manchester United lässt grüßen und zwar immer immer wieder.

Und zum Hase und Igel-Spiel des Abends im Poststadion bleibt nur soviel zu sagen. Obwohl ja eigentlich die Berliner Grünen die stacheligen Igel sind, waren in diesem Spiel die Grünen Tulpen eher die jungen Hasen, die überall wo sie endlich ankamen schon auf stachlige Xeroxianer trafen. Am Ende entschied,  Viel besser werden die Tulpen wohl kaum spielen können, aber cleverer…