Grüne Tulpe - Vodafone Kickers: 3:7

01.09.2008

Lehrstunde in Internationaler Politik

Das System der internationalen Beziehungen wird klassisch-realistischer Weise als anarchistisch beschrieben. Doch wenn es ein ehernes Gesetz der internationalen Politik zu beachten gilt, dann ist es das, dass Grenzen zu respektieren sind. Und die bekam die Tulpe an diesem Abend aufgezeigt. Die Vodafone Kickers waren offen gesagt deutlich über dem Standard der üblichen Tulpen-Gegner. Nahezu jede Verbindung kam sekundengenau zustande, fast jeder Schuss schien Satelliten-gesteuert sein Ziel zu finden, und in Eins-zu-Eins-Situationen waren die Tulpen technisch wie physisch unterlegen. Gegen die Kommunikatoren aus dem Land, das noch immer behauptet, die "Wellen" zu beherrschen, waren die Tulpen in allen Belangen unterlegen. Einzig positiv: Die Tulpen machten nicht den Fehler, ihre Grenzen zu überschätzen, sondern spielten, was möglich war.

Während die erste Viertelstunde noch relativ ausgeglichen wirkte und die beiden Mannschaften sich vorsichtig abtasteten, offenbarten die Tulpen schon früh erste Schwächen in ihrer Defensivarbeit, während die Mannen von Albions Telefonisten immer hart am Feind waren und sich so eine Überlegenheit erarbeiteten. Mit der ersten Chance fiel dann auch prompt das 1:0. Ein ebenso entschlossen wie einwandfrei vorgetragener Konter über den linken Flügel wurde von der Vodefone-Sturmspitze mit einem trockenen Schuss ins lange Eck abgeschlossen. Kurze Zeit darauf ein böses Missverständnis im Tulpen-Mittelfeld, Konter über rechts, scharfe Hereingabe, Direktabnahme: 2:0.

Bis dahin waren die Tulpen noch nicht einmal gefährlich vor das rote Telefonhäuschen gekommen. Doch nun versuchten sie die Chancen über den Willen zu erzwingen. Ein harter, platzierter Freistoß von Spielmacher Ergin, konnte vom Keeper in der Telefonzentrale klasse pariert werden.

Kurz darauf rutscht schon zum zweiten Mal eine Flanke von Toffi durch die Box. Diesmal hat Spielertrainer Wienges aber darauf gelauert, erläuft den Ball noch im Strafraum und steht nun frei allein vor dem Tor, vergibt aber kläglich.

Und dann folgt eines dieser wunderschönen Tore, von denen heute noch einige mehr fallen sollten. 30 Meter vor dem Tulpen-Tor lässt der General im Vodafone-Defensiv-Mittelfeld Coach Wienges aussteigen, nutzt die Meter Raum, die er so gewinnt und schießt perfekt über Keeper Meuschke, unhaltbar unter die Latte zum 3:0 ein.

Doch nun will es Wienges wissen. Auf der Gegenseite wirft er sich in einen perfekt getimten Freistoß von Ergin und erwischt den Ball fünf Meter vor dem Tor mit dem Kopf. Zu schnell für seinen Manndecker, der ihm eben noch das 3:0 eingeschenkt hat und auch zu schnell für den Torwart, der erst reagiert, als das Leder gegen die Latte scheppert – und zurück ins Feld springt. So muss sich Jürgen Wegmann gefühlt haben, als er die inzwischen weit verbreitete Weisheit prägte "Erst hatten wir kein Glück und dann kam auch noch Pech hinzu!"

In der Halbzeitpause schwören sich die Tulpen aber darauf ein, noch etwas für das Ergebnis zu tun und in der Defensivarbeit näher am Gegner zu sein. Und es klappt: Sie entwickeln eine gewisse Dominanz und erspielen sich sogar Chancen, die sie aber eher komisch vergeben. Umso komischer dann aber das 1:3. Eine butterweiche Freistoßhereingabe auf Ergin von Coach Wienges wird von einem Telekommunikationsfachvertreter per Kopf senkrecht in die Höhe geklärt. Nun sollte der Torwart einen strukturellen Vorteil haben, diesen Ball zu kontrollieren, was aber weder ihm noch einem seiner hinzueilenden – und damit die Situation nicht wirklich verbessernden – Verteidigern gelingt. Irgendwann kommt dann endlich der grüne Captn Born ans Leder und erbarmt sich die Trottelei aufzulösen, indem er den Ball ins Tor schiebt.

Danach gelingt es den Tulpen von Zeit zu Zeit mit einem langen Pass aus dem Mittelfeld ihre Stürmer in Szene zu setzen und hinten kontrolliert die Tulpen-Abwehr ganz passabel die längst nicht mehr so präzise vorgetragenen Konter. Eine Kopfballgroßchance aus einem Meter Torentfernung fängt Torwart Meuschke sicher, ebenso wie alles andere, was in dieser Phase auf seinen Kasten fliegt.

Doch irgendwann fällt dann doch das 4:1, unspektakulär und fast ein wenig zufällig. Aber plötzlich nimmt das Spiel Fahrt auf: Einen langen Pass verarbeiten Libero und Torwart der Kommunikationsstrategen nach dem Motto "Nimm du ihn, ich hab ihn sicher". Ihre blinde Abstimmung bewegt sie dann aber doch dazu, gleichzeitig beide auf die Strategie umzuschwenken "Den hau ich wech". Das tun sie auch beide, wodurch sie sich aber nur gegenseitig zu Fall bringen, den Ball aber frei vor das nun leere Tor legen. Ergin kann nun ungestört zum 2:4 einschieben.

Und die Tulpen spielen weiter. Mit einer sehenswerten Kombination wird Dutschke freigespielt, der im Sechzehner frei abzieht. Der Torwart bekommt zwar noch seine Hände an den Ball, kann die Flugrichtung aber nicht mehr entscheidend verändern. 3:4. In diesem Moment scheint plötzlich die Wende möglich, ja fast eine Frage der Zeit zu sein. Einmal noch einfach einschießen und gut is...denkt man auf Tulpen-Seite.

Doch fast im Gegenzug gelingt dem Vodafone-Mittelfeld der nächste Tor des Monats-Treffer. Von der rechten Strafraumecke schießt er über das Bein des verteidigenden Wienges hinweg mit Effet aufs Tor und der Ball senkt und dreht sich perfekt in den linken oberen Winkel. 5:3.

Aber sollte noch doller kommen. Der nächste Konter, Wienges spitzelt den langen Ball zur Seite, doch die Offensivkraft erläuft ihn, scharfe Hereingabe, Direktabnahme aus einem Meter. 6:3.

Und schließlich läuft ein Vodafone-Mittelfeldspieler nach einem abgefangenen Angriff von der Mittellinie bis zum Strafraum, nutzt die Lücke und zieht aus 20 Metern ab. Der nächste unhaltbare Gewaltschuss zum 7:3 Endstand.

Fazit: Alles in diesem Spiel war so, wie es zustande kam, verdient und leistungsgerecht. Und doch konnte die Tulpe das Feld der Ehre erhobenen Hauptes verlassen. Sie hatten gegen einen übermächtigen Gegner gekämpft, die eigenen Grenzen anerkannt aber auch verteidigt. Mehr war nicht drin, und das sollte auch nicht der Anspruch sein. Für ihre Ausgangssituation lieferte die Tulpe ihren Beitrag zum Spiel und unterstrich damit wieder einmal ihre Existenzberechtigung. Und das reicht, um in der Politik wie im Fußball eine Zukunft zu haben.