Spielbericht: Grüne Tulpe- Rank Xerox

10.08.2009

Grandezza – nur noch alt

Rank Xerox gegen Grüne Tulpen – das waren einst Duelle auf höchstem taktischem Niveau und größter technischer Finesse. Da wurden Spielsysteme wie Strategien in Schachspielen aneinander gemessen und nahezu zur Perfektion getrieben, um am Ende durch individuelle Klasse entschieden zu werden. Das waren Partien, die alles hatten: Drama, Schönheit, Kultur und Intelligenz.

Doch heute, ach, stehen sich da nur zwei alternde Mannschaften gegenüber, ein Schatten ihrer selbst, ein mattes Abbild der alten Grandezza, die gebeugte Würde einer verblassenden Erinnerung. Das Spiel schrumpft wieder auf Normalmaß und Fußball ist die – nun, 'schön' mag ich die Darbietung kaum noch nennen – Nebensache. Die Familienväter und politischen Idealisten werden zunehmend von Karriere und Kindern mit Beschlag belegt, die schwindende Kondition tut ein Übriges. Und zu alledem fordert die Urlaubszeit ihren zahlenmäßigen Tribut. Kurz nach Anpfiff erst gelingt es beiden Mannschaften, den jeweils elften Protagonisten aufs Feld zu schicken.

Das Spiel beginnt und schleppt sich so dahin – früher wogte es zwischen den Toren anmutig hin und her, heute kriegen erst die Tulpen ihre Abstöße nicht an den Mann und der Ball kommt ständig zurück, dann gelingt es ihnen ihrerseits sich aus der Umklammerung der Ranken zu befreien und sich in deren Hälfte den Ball weitgehend unbehelligt zuzuschieben. Es ist ein Menetekel, wie oft der Ball in diesem Spiel über den Zaun fliegt in Höhen und Richtungen, wo weder Tor noch Mitspieler auch nur nahe wären.

Aus dem Xerox-Mittelfeld blitzt immer wieder einmal die alte Genialität und Spielübersicht auf aus Zeiten, als Ball und Gegner liefen. Heute ist der Gegner eher mit Ball holen beschäftigt. Doch dann wird mal wieder so ein Ball in die Spitze durchgesteckt. Aber nur einmal muss Keeper Meuschke wirklich Kopf und Kragen riskieren und eins-gegen-eins klären.

Aber dann ist da dieser Moment: fast unbemerkt, ohne Ankündigung und erst im Nachhinein in seiner Anmut zu erkennen. Ein langer Pass aus der eigenen Hälfte, der Stürmer kreuzt von links nach rechts in die Spitze. Der Pass filetiert das Tulpen-Mittelfeld, wird noch länger, Abwehrchef Hartwig Mayer scheint den Ball zu erlaufen. Aber dieser Ball hat das gewisse Timing und wird noch ein wenig länger, passiert so auch die Abwehr und rollt elegant in den Lauf des Stürmers, der nun allein auf das Tor zugeht, verfolgt nur vom hinterherhechelnden Manndecker Sebastian Wienges. Der Rest ist Formsache. Ein Blick, ein Schuss: Es steht 1:0.

Ein wirkliches Aufbäumen folgt nicht, das ist auch gar nicht nötig. Die Tulpen können spielen, wenn auch nicht treffen. Doch da wird mal wieder ein Ball ins mittlere Halbfeld abgewehrt. Vor die Füße von Sebastian Wienges. Der hat in der gegnerischen Hälfte alle Zeit, den Ball zu kontrollieren, den Anspielpartner zu suchen und einen Pass in die Spitze zu spielen – und das ist nicht wenig Zeit. Aber dieser Pass zumindest, der hat etwas. Finn Gerlach nennt es danach Back Spin und Dolphin Shit – warum auch immer. Der Ball landet genau im Fuß von Manu Sharma an der Strafraumgrenze, der nimmt ihn unbehindert mit und spitzelt ihn ins lange Eck zum 1:1. Ein Hauch von Erinnerung an bessere Zeiten umweht den Moment.

Die zweite Halbzeit bringt wenig neues, eher zunehmende Ermüdungserscheinungen. Dadurch häufen sich aber zumindest die Torchancen. Gerade als Tulpe Jörn Schneider allein vor dem Tor den Torwart anschießt, kommt es zur Entscheidung. Ein Konter kommt links in den Strafraum, der Ball springt vor dem Rank-Stürmer Marcel. Der versucht einen Hüft-Dreh-Schuss, Rechtsverteidiger Wienges ist hinübergeeilt, springt im letzten Augenblick davor. Es kommt zum Pressschlag, den der Schiedsrichter als gefährliches Spiel von Wienges wertet und - nicht ganz regelkonform, dafür aber umso überzeugter - auf Strafstoß entscheidet. Den verwandelt Xerox-Urgestein Udo souverän zum 2:1.

An dieser Stelle könnte nun eigentlich dieser Bericht enden – zumindest aus Sicht von Rank Xerox. Doch um der Vollständigkeit willen sei noch erwähnt, dass von nun an, die Tulpen beliebig angreifen und das Xeorox-Tor bzw. den Zaun dahinter mit Schüssen eindecken durften. Xerox fand praktisch nicht mehr statt, das Dumme nur: die Tulpe auch nicht wirklich mehr. Zwei, drei Male tauchten sie noch allein oder zu zweit vor dem RX-Torwart auf, schafften es aber immer wieder den Ball genau auf den Mann zu schießen, wobei er einmal noch fantastisch reagierte und das Leder über die Latte boxte.

Xerox beschränkte sich auf hohe, weite Befreiungsschläge, die flach und kurz umgehend zurückkamen. Aber – und das war wirklich wie in besten Zeiten – mehr mussten sie auch nicht tun, um das Spiel zu gewinnen, nur dass ihnen das früher irgendwie eleganter gelang.

Fazit: Fußball ist nur noch Mittel zum Zweck, was zählt, ist eben nicht mehr auf dem Platz. Denn was bei den nicht mehr ganz so Ranken Xeroxianern und den ganz und gar Grünen Tulpen inzwischen zählt ist eine gesunde Freundschaft zwischen zwei Mannschaften. Man begegnet sich gerne wieder.