Turnierbericht "40 Jahre Grüne Tulpe"

12.09.2023

Turnierbericht: Viel Patina bei "40 Jahre Grüne Tulpe"

Wie bei der großen Weltmeisterschaft waren viele bekannte Gesichter am Samstag morgen rechtzeitig auf der Anlage an der Cornelius-Fredericks-Straße im afrikanischen Viertel. Und wie bei der großen Weltmeisterschaft schaffte es eine Mannschaft, die für gewöhnlich in den Trikots der DFB-Auswahl spielt, nicht ein wettbewerbsfähiges Team zusammenzustellen. (Dazu, dass Bundestrainer Hansi Flick am Abend noch bekannt gab, er sei noch immer der richtige für seinen Job, am Tag darauf aber die Möglichkeit bekam, sich neuen Aufgaben zu widmen, bestand aber wohl kein Zusammenhang.)

Aber die feinsten Gegner der Tulpe, die sich über viele Jahre in Vergleichen mit den Grünen für dieses Turnier qualifiziert hatten, waren bereit. Die DIHK, das Umweltbundesamt und TiB spielen schon seit über 20 Jahren regelmäßig mit und gegen die Tulpe. Revolver FC, Champions ohne Grenzen, FC Sonntag und die FC Kickers Pufendorfer wurden unsere Spielpartner in den letzten zwei Jahrzehnten. Aber auch Neugründungen und Gegner, die erst in den letzten fünf Jahren zu uns stießen, schafften es, diese hoch kompetitive Qualifikation zu überstehen, wie Union 06, Dynamo Tresen, Kombans FC, NOW Kickers und FC Berlin Nepal (zu den Ergebnissen der "Tulpe-Qualifikation" dieser Teams siehe auch die „Stadionpost“)

Bereits diese Auswahl verrät welch Internationalität die Grüne Tulpe zu ihrem 40. Jubiläum versammelte. Neben Malayalam (welch wunderschönes Palindrom!), Nepali und Englisch wurde auf der Anlage auch Deutsch gesprochen. Doch unter den zahlreichen Unterstützern und Unterstützerinnen, Anhängern und Anhängerinnen sowie Fußball-Gourmets, die sich solch ein Ereignis nicht entgehen lassen wollten, war Deutsch eindeutig nicht die Erstsprache. Das war auch so unter den vielen Alt- und ehemaligen Tulpen, die extra für diesen Anlass aus dem fernen Bonn und anderen Teilen der Republik angereist waren. So wurde in der Tulpen-Kabine wieder vermehrt Rheinisch gesprochen, es war aber auch Fränkisch und was von der Waterkant zu hören. Und diese Begegnungen mit unseren eigenen Urgesteinen, unseren (Tulpen-)Wurzeln, zählen immer wieder zu den schönsten, während die Begegnungen mit unseren Lieblingsgegnern uns Flügel verleihen.

Gerade diese Flügel fehlten den drei Grünen Tulpen-Mannschaften (Tulpe, Gold und Patina – Verzeihung, Platin) aber zu Beginn, die alle drei jeweils mit einem 0:0 ins Turnier starteten – wie übrigens auch alle anderen Mannschaften. Das erste Tor fiel tatsächlich erst im achten Spiel (das zugegebener Maßen zeitgleich mit dem 5. bis 7. Spiel lief) erzielt von unseren indischen Freunden vom Kombans FC. Gut, dass sie angetreten waren und nicht wie ihre Vorgänger die indische Nationalmannschaft bei der WM 1950 obwohl qualifiziert nicht angereist waren, weil sie nicht barfuß spielen durften. Und mit diesem ersten Tor nahm das Turnier Fahrt auf. Ob der kurzen Spielzeiten blieben die Ergebnisse zwar oft knapp, aber die Vorrunde trennte dennoch Spreu vom Weizen, auch wenn im dritten Spiel (fast) alle noch Chancen auf das Weiterkommen hatten.

In Gruppe A setzten sich mit den Pufendorfern und Kombans die Favoriten durch. In Gruppe B wuchs das Umweltbundesamt, diese Mannschaft wahrhaft globaler Angelegenheiten, über sich hinaus und qualifizierte sich mit einem 4:2 über Dynamo Tresen für das Viertelfinale. Den Champions ohne Grenzen gelang in Gruppe C das Kunststück mit drei 0:0 die Vorrunde zu überstehen, während die alten Hasen von der DIHK und das junge Team von NOW Kickers jeweils mit 0 Toren in die Platzierungsspiele einzogen. So ging es übrigens auch der Grünen Tulpe Patina – Platin, immer komme ich da durcheinander – und dem FC Sonntag in Gruppe D.

Aber nun begannen die KO-Runden, die bei Unentschieden nach 10 Minuten in der unerbärmlich brennenden Sonne bei hochsommerlichen Temperaturen sofort ins Sieben-Meter-Schießen gingen. Da wurden Helden geboren und Tragödien geschrieben. Tore waren nun garantiert. Und da alle Plätze ausgespielt wurden, ging es für sämtliche Mannschaften weiter.

Wieder gelang es dem Umweltbundesamt, gegen die internationalen Allstars von den Pufendorfern die letzten Ressourcen zu mobilisieren – wenn es um die Umwelt geht, reicht es einfach nicht, mit halber Kraft zu spielen, das sind die nicht anders gewohnt – und dann im Sieben-Meter-Schießen sensationell ins Halbfinale einzuziehen.

Nepal setzte sich seinerseits souverän gegen die Berliner Urgesteine von TiB – dem ersten Gegner der Tulpe in Berlin - durch, während die internationalen Champions ohne Grenzen ihrerseits dem deutschen Revolver FC den Vortritt lassen mussten.

Und Union 06 machte es gegen Kombans wie die Schweizer bei der WM 2006 ohne Niederlage im Shoot-out in der ersten KO-Runde auszuscheiden. (Die Schweizer schieden damals übrigens im Achtelfinale aus, ohne ein einziges Gegentor in einem ihrer vier Spiele zu kassieren.)

Auch im unteren Tableau spitzten sich die Dramen zu. Die Tulpe Gold konnte sich erst im Stechen des Sieben-Meter-Schießen gegen die Tulpe durchsetzen. Die DIHK wurde ihrem Favoritenstatus gegen die Tulpe Patina – nein, Platina…, Platin, so – gerecht, ebenso wie der FC Wundertüte seinem Namen gegen Dynamo Tresen. Der FC Wundertüte war spontan für die kurzfristig nicht spielfähigen DFB-Kicker eingesprungen und bestand aus einer zweiten Mannschaft des FC Berlin Nepal verstärkt durch einige Stars anderer Teams. Und die Wasserstoff-Entwickler von NOW, die in Trikots der Farbe – welcher auch sonst als Wasserstoffler – Blau in Spielweise wie Äußerem sehr an Les Bleus erinnerten, unterlagen dem FC Sonntag.

Im nach der Mittagspause bei afrikanischem Essen stattfindenden Halbfinale rettete sich das Umweltbundesamt nach einer heldenhaften Abwehrschlacht wiederum ins Sieben-Meter-Schießen gegen die drückend überlegenen Nepali, die nicht unverdient das bessere Ende für sich behalten sollten. Und auch das zweite Halbfinale sollte im Sieben-Meter-Schießen zwischen Kombans und Revolver entschieden werden – was es dann auch relativ schnell war. Revolver lud durch und schoss den ersten Sieben-Meter über Tor, Laufbahn und Zaun bis auf die Straße und den zweiten soweit links daneben, dass nach beiden Versuchen die Spannung eher darin bestand, ob die Bälle jemals wiedergefunden würden - wurden sie und dann jeweils souverän von Kombans verwandelt.

So stand das Finale fest, das zwar eher nach Asien-Meisterschaft klang, aber dem internationalen Flair des Grüne Tulpe Jubiläumsturnier nur allzu gerecht wurde: FC Berlin Nepal gegen Kombans FC.

Doch vorher ging es auch im unteren Tableau noch weiter und Union 06 blieb im Felde weiter unbesiegt und schlug die Pufendorfer gar zu Null, während TiB sich mit 4:2 gegen die Champions ohne Grenzen durchsetzte. Und noch weiter unten fanden gleich mehrere Teams allmählich zu ihrem Spiel: die Tulpe Gold gewann erstmals nach vier Unentschieden 1:0, weil sie sich endlich keinen Ausgleich einfing. Wundertüte, NOW Kickers und Dynamo Tresen siegten jeweils souverän mit 3:1. Und so standen nun für alle die finalen Platzierungsspiele fest.

Die Tulpe und Tulpe Patina – nein, die hießen irgendwie anders, so ähnlich – brauchten nach einem 0:0 ein Sieben-Meter-Schießen. Der FC Sonntag zeigte beim 2:0 über DIHK, dass sie nur etwas länger gebraucht hatten bis zu ihrem Sahnetag. In einem rassigen und torreichen Spiel konnte Dynamo Tresen ihre Spielkunst zeigen und die NOW Kickers in einer ebenfalls spielerischen Höchstleistung 4:2 besiegen. Und der Tulpe Gold gelang es, gegen die Wundertüte einem Unentschieden zu entgehen, indem sie dem ersten noch ein zweites Tor folgen ließen.

Im internationalen Aufeinandertreffen konnten die Champions ohne Grenzen ihre Spielfreude zu einem knappen Sieg über die Pufendorfer führen. Und im rein deutschen Duell konnte Union 06 ihren Schweizer Lauf fortsetzen und zu Null gegen TiB den 5. Platz für sich sichern.

Im Spiel um Platz 3 schaffte das Umweltbundesamt es zum dritten mal in Folge ins Sieben-Meter-Schießen und behielt über Revolver die Oberhand. Um unsere Umwelt noch zu retten, braucht es eben Nerven wie Drahtseile und den ganz langen Atem. Nach dieser Leistung des UBA mache ich mir da eigentlich keine Sorgen mehr um die Zukunft der Menschheit.

Und dann stand schließlich das Finale an. Wegen der sengenden Hitze wurde das Spiel auf einen der hinteren Plätze verlegt, die zu dieser Tageszeit schon halb im Schatten lagen. Das war für Spieler wie auch die zahlreichen Zuschauer*innen beider Teams und die anderen Mannschaften, die sich diesen Höhepunkt natürlich ansehen wollten, wesentlich angenehmer. Und was sich auf Kleinfeld mit jeweils sechs Feldspielern, die wissen, was sie mit dem Ball anfangen sollen - und das auch noch können, schnell abzeichnete, war, dass dieses Spiel nur durch einen besonderen Geniestreich entschieden werden könnte. Und so war es denn ein Eckball für die Ballkünstler aus Kerala, der, wie weiland Mario Basler das einst zeigte, direkt verwandelt das entscheidende 1:0 brachte.

Was aber in diesem Spiel wie auch im ganzen Turnier noch viel bemerkenswerter war, war die Tatsache, dass selbst auf dem höchsten Niveau, als der glorreiche Sieg in greifbarer Reichweite war, es nie zu Nickligkeiten, Fouls oder taktischem Ergebnisfußball kam. So friedlich wie die Grünen und ihre internationalen und deutschen Freunde hier zusammenspielten und sich das Spielniveau immer weiter steigerte bis zu einem würdigen Finale, würde man sich auch die internationale Zusammenarbeit wünschen. An diesem Tag blieben die Sanitäter arbeitslos und die Schiedsrichter mussten zu keinem Zeitpunkt beschwichtigend eingreifen.

Welch ein Erfolg für alle und auf die nächsten 40 Jahre!