Rede von Dr. Manuela Rottmann Abgabenordnung – Steuererklärungsfrist

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28.01.2021

Dr. Manuela Rottmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Sie alle genau wie ich viel mit Betrieben aus Ihrem Wahlkreis reden, mit jungen Leuten, die die Familienbrauerei und die Brauereigaststätte übernommen haben und die jetzt keine November- und Dezemberhilfen bekommen, weil sie nicht unter die Kriterien für diese Hilfen fallen, mit Selbstständigen aus der Veranstaltungsbranche, die seit Monaten, seit fast einem Jahr, keinen Umsatz haben, oder mit den Inhabern bisher gutgehender Friseurgeschäfte, die beschlossen haben, endgültig zuzumachen. Darunter ist kaum einer, der die Notwendigkeit der Maßnahmen infrage stellt. Aber es sind viele – sehr viele – darunter, die tief verzweifelt sind, weil die Hilfen nicht ankommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne fanden von Anfang an ein stabiles Hilfsprogramm richtig, ein einfaches Programm, das man an- und abschalten kann. Im Sommer wäre die Zeit gewesen, die Programme, die im Frühjahr ja ganz gut gelaufen sind, auf Missbrauchsanfälligkeiten zu überprüfen, es wäre die Zeit gewesen, die Abwicklung der Auszahlungen zu stabilisieren. Sie aber, Herr Altmaier und Herr Scholz, haben im Oktober den Wechsel zu einer völlig anderen Logik beschlossen. Ich verstehe bis heute nicht, was Sie dazu bewogen hat, noch einmal komplett das Pferd zu wechseln und statt auf Kostenerstattung auf Umsatzsteuererstattung zu setzen. Ich verstehe es nicht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Probleme mit der Programmierung, die Probleme im Beihilferecht, die willkürliche Ungleichbehandlung von Unternehmen, all dieser Schlamassel beruht auf dieser Fehlentscheidung vom Oktober.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Druck auf Betriebsinhaber übersteigt mittlerweile all ihre Kräfte. Viele sind von der Unsicherheit, von der Enttäuschung, vom Kleingedruckten in Ihren Programmen zermürbt, und die Steuerberater sind es übrigens auch. Die Antwort darauf kann nicht die Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sein. Wenn man aber schon zu diesem Notnagel greift, dann muss man die Risiken für Gläubigerinnen und Gläubiger, so gut es geht, begrenzen. Nein, Herr Schrodi, das ist kein Stellschräubchen, das wir da drehen. Wir greifen da tief, tief ein, und es birgt erhebliche Risiken, was wir hier machen.

Heute Morgen wurde von der FDP und von den Linken ja noch das Hohelied auf mehr Beteiligung des Parlaments bei der Pandemiebewältigung gesungen.

(Stephan Thomae [FDP]: Sie waren dagegen!)

Wenn es dann wirklich etwas zu gestalten gibt, dann erlahmt Ihr Engagement allerdings spürbar; denn die Einzigen, die Änderungsanträge zu diesen insolvenzrechtlichen Regelungen eingebracht haben, waren wir Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Leider hat die Koalition auch diese Verbesserungen nicht übernommen.

Wir ringen uns durch; mir persönlich fällt es schwer. Aber ich finde, die Betriebe sollten nicht die Fehlentscheidung des Wirtschafts- und des Finanzministers ausbaden müssen. Deswegen stimmen wir heute – ich sage es ausdrücklich: ein allerletztes Mal – einer weiteren Aussetzung für die antragsberechtigten Unternehmen zu. Aber kommen Sie in die Pötte, Herr Altmaier, Herr Scholz. Sie stehen Monate, nachdem Sie die Bazooka angekündigt haben, mit einer Wasserpistole in der Gegend herum. Die Hilfen müssen in die Betriebe, und zwar jetzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gute Rede! – Gegenruf der Abg. Gabriele Katzmarek [SPD]: Falscher Adressat!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Dr. Karl-Heinz Brunner für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)