Rede von Katja Dörner Adoptionshilfe-Gesetz

29.01.2020

Katja Dörner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wohl und die Interessen der Kinder müssen bei Adoptionen immer im Mittelpunkt stehen. Im Sinne der Kinder kann ich es daher nur ausdrücklich begrüßen, dass der vorgelegte Gesetzentwurf auf eine stärkere Einbindung und Begleitung aller an einer Adoption Beteiligten abzielt, und zwar im Vorfeld, während und auch nach Beendigung des formalen Adoptionsprozesses. Denn der Bedarf an Unterstützung, Information und Beratung endet für viele Kinder und ihre Adoptionsfamilien, aber eben auch für viele Herkunftsfamilien nicht mit dem Tag der Adoption. Fragen ergeben sich, und Herausforderungen entstehen, gerade auch im Alltag, mit und ohne einander. Das Recht auf eine professionelle Begleitung nach der Adoption kann hier helfen, vieles aufzufangen. Das ist eine tatsächliche Verbesserung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und es ist auch im Sinne der Kinder, mehr Offenheit über das Adoptionsverfahren aktiv zu fördern, und zwar für sämtliche Beteiligten. Das Wissen darum, wo man herkommt, ist für viele Menschen ein zentraler Bestandteil ihrer Identität; das haben wir hier schon häufig gehört, und das sehen wir auch so. Deshalb ist es auch zu begrüßen, dass zukünftig der Informationsaustausch und, falls möglich, der Kontakt mit der Herkunftsfamilie stärker gefördert werden sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber das Wissen um die eigene Herkunft sollte ein Recht sein und nicht nur eine Option. Das gilt auch – altersgerecht aufbereitet – für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Die individuelle Möglichkeit, über die eigene Abstammung Kenntnis zu erlangen und auch Kenntnis gewährt zu bekommen, sollte deshalb aus unserer Sicht im Gesetz stärker verankert werden. Da interessieren wir uns auch für das, was wir in der Anhörung dazulernen werden. Vielleicht gibt es da ja noch Möglichkeiten, beim Gesetz nachzubessern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch gut, dass unbegleitete Auslandsadoptionen verboten werden. Das dient dem Schutz von Kindern, und es lässt Adoptiveltern auch sicher sein, dass das Kind, das sie adoptieren, tatsächlich eine neue Familie braucht.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, mehr Offenheit, mehr Begleitung und mehr Unterstützung: Das Adoptionshilfe-Gesetz geht aus unserer Sicht in vielen Punkten in die richtige Richtung. Grundsätzlich heiße ich deshalb auch die vorgesehene verpflichtende Beratung bei Stiefkindadoptionen gut. Auch sie dient dem Schutz und dem Wohl der betroffenen Kinder. Keinen Sinn, absolut gar keinen Sinn macht sie allerdings bei lesbischen Müttern, die gemeinsam ein Kind bekommen. Hier stellt die verpflichtende Beratung eine zusätzliche Hürde dar, ich will sogar sagen: eine regelrechte Schikane. Es zeigt sich die Krux, dass weiterhin versäumt wird, lesbische Ehepaare mit heterosexuellen Ehepaaren endlich gleichzustellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Anstelle einer Stiefkindadoption ihres Kindes, bald nun auch noch verbunden mit einer verpflichtenden Beratung, muss für lesbische Mütter eine automatische Anerkennung der Elternschaft erfolgen. Wir fordern das schon sehr lange. Ich frage mich, wann die Bundesregierung das endlich umsetzt. Das ist nicht nur im Sinne der Mütter, sondern insbesondere im Sinne der Kinder. Wir hätten dann auch keinen Grund mehr, eigentlich rundum sinnvolle Gesetzentwürfe aufgrund ihrer Auswirkungen auf bestimmte Elternkonstellationen doch kritisieren zu müssen, die im Kontext der Adoption gar nicht verortet sein sollten.

Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stefan Schwartze [SPD])

Vizepräsidentin Claudia Roth:

Vielen Dank, Katja Dörner. – Nächste Rednerin: für die CDU/CSU-Fraktion Ingrid Pahlmann.

(Beifall bei der CDU/CSU)