Rede von Agnieszka Brugger Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU

16.05.2019

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit 74 Jahren leben die Menschen in Europa überwiegend in Frieden. Ehemals erbitterte Feinde sind heute Nachbarn, Partner und Freunde. Das ist kein Geschenk des Himmels, sondern das war harte Arbeit. Der Frieden in Europa ist eine großartige Errungenschaft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Einigungsprojekt Europa zeigt uns eben auch, wie Konflikte friedlich gelöst werden können. Man muss sich immer wieder hinsetzen und reden und reden und nochmals reden. Ja, das ist anstrengend, und oft dauert es sehr lange. Aber angesichts der Trumps, der Putins und der Bolsonaros dieser Welt, die mit verheerenden Tweets, mit Völkerrechtsbrüchen und mit billigem Populismus unsere Weltordnung gefährden, braucht es als Antwort darauf mehr denn je eine europäische Friedensvision der Vernunft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, zu einer weltpolitikfähigen Europäischen Union gehört auch, dass in Europa stärker militärisch zusammengearbeitet wird. Wir müssen gar nicht erst die Phantomdebatte über eine europäische Armee führen. Lassen Sie uns doch wirklich erst einmal damit anfangen, dass militärische Ausstattung effizienter und gemeinsamer beschafft und genutzt wird!

Wir Grüne wollen die Europäische Union in der Sicherheitspolitik aber verantwortungsvoll stärken. Deshalb sagen wir auch ganz klar, wo es in diesem Bereich in die falsche Richtung geht, zum Beispiel wenn eine europäische Kampfdrohne entwickelt wird oder beim Europäischen Verteidigungsfonds. Wir fragen uns schon: Wie kann man nur in einem politisch so sensiblen Bereich eine rechtlich und politisch so hochproblematische Konstruktion auf den Weg bringen? Es braucht doch nicht neue milliardenschwere Subventionstöpfe für die Rüstungsindustrie in Europa, sondern gemeinsame Projekte, die am Ende Geld sparen und die Europäische Union wirklich handlungsfähig machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Herren Trump und Putin werden nicht mehr Respekt haben, wenn wir über ein paar Panzer mehr oder über den sinnlosen Vorschlag von Frau Kramp-­Karrenbauer, einen europäischen Flugzeugträger zu beschaffen, diskutieren. Was die wirklich beeindrucken würde, wäre eine Europäische Union, die weltpolitikfähig ist. Das Fundament dafür ist eine starke, laute europäische Stimme in der Außenpolitik und eben nicht der dissonante Chor nationaler Egointeressen, den wir leider viel zu oft hören müssen, wenn es um Syrien, Libyen, Russland oder China geht.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer sich in dem nationalen Klein-Klein verliert, der vergibt eben die Chance, auf der Weltbühne mitzureden, und das können wir uns angesichts dieser Weltlage nicht erlauben.

Meine Damen und Herren, alle demokratischen Fraktionen in diesem Haus sind sich doch einig: Konflikte lassen sich nicht mit militärischen Mitteln lösen. Sie früh zu erkennen und die Ursachen mit zivilen Mitteln anzugehen, das ist es doch, was die Europäische Union so besonders macht und was sie anderen Organisationen, wie zum Beispiel der NATO, voraushat. Zivile Expertinnen und Experten, Polizeikräfte, die Entwicklungszusammenarbeit, der Kampf gegen Armut und die Folgen der Klimakrise, der Einsatz für Rechtsstaatlichkeit, für Friedensverhandlungen – das sind unheimlich wichtige Beiträge, die am Ende wirklich mehr Frieden und Sicherheit auf der Welt schaffen können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Militär und Rüstung bedeuten doch nicht automatisch mehr Sicherheit. Das sehen wir ganz besonders bei den Rüstungsexporten aus Europa an die blutige Kriegsallianz im Jemen. Es kann mir wirklich niemand erklären, warum es im Sinne der europäischen Sicherheit sein soll, ein Land wie Saudi-Arabien hochzurüsten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Gegenteil: Das europäische Friedensgebot und die sicherheitspolitische Vernunft müssen doch gebieten, dass es aus Europa keine Rüstungsexporte mehr in Krisengebiete, an Menschenrechtsverletzer und an Diktatoren gibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in schwierigen Zeiten muss die Europäische Union ihr ganzes politisches Gewicht geschlossen für Frieden und Sicherheit, für das Völkerrecht und für Menschenrechte in der Welt in die Waagschale werfen. Dafür braucht sie mehr Power – mit mehr Mitteln für zivile Krisenprävention, starken Initiativen für Abrüstung und Rüstungskontrolle, einem Fokus auf feministische Außenpolitik und einer starken gemeinsamen Stimme bei den Vereinten Nationen. Europa als Friedensmacht und als Sicherheitsunion – das muss und sollte unser Anspruch für die Zukunft sein.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)