Rede von Dr. Julia Verlinden Aktuelle Stunde „Atomkraft“

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19.04.2023

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 15. April 2023 war ein wirklich historischer Tag, und zwar ist Deutschland jetzt endgültig mit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke aus dieser Hochrisikotechnologie ausgestiegen. Das war mehrmals im Deutschen Bundestag beschlossen worden, auch von der Union. Wenn ich mich richtig erinnere, dann ist im Jahr 2011 nach dem Reaktorunglück in Fukushima die Entscheidung von einer schwarz-gelben Regierung getroffen worden, mehrere Atomkraftwerke sofort vom Netz zu nehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Technologie hat große Landstriche verseucht, Menschenleben gefordert und ist nach wie vor ein großes Risiko, Ziel terroristischer Anschläge zu werden. Der Atomausstieg, den wir in Deutschland vollzogen haben, ist ein großer Sicherheitsgewinn für Deutschland.

Auch die Energieversorgung ist sicher.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir bauen gerade massiv günstige erneuerbare Energien aus, und das ist gut so. Auch weltweit sinkt der Anteil der Atomkraft im Strommix. Schauen Sie sich die Zahlen einmal genau an!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, faktenbasiert!)

Der Atomausstieg macht uns auch unabhängig von nuklearen Brennstoffen.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

Wir waren vom Uran aus Russland noch abhängiger als vom Gas. Aber die Union möchte weiter in Russland neue Brennstäbe bestellen; das ist unverantwortlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es war ein langer Atem nötig. Hunderttausende Menschen haben sich dafür jahrzehntelang eingesetzt. Ich möchte mich an dieser Stelle für dieses unermüdliche Engagement herzlich bedanken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])

Denn der Wunsch nach einer Alternative zu dieser Hochrisikotechnologie hat losgelöst von den Interessen großer Energiekonzerne dafür gesorgt, dass der Start der Energiewende gelingen konnte und die Energieversorgung in der Hand der Bürgerinnen und Bürger liegt. Dadurch sind viele Projekte entstanden, mit Sicherheit auch in Ihren Wahlkreisen. Vor allem: Die Technologie der Erneuerbaren in Form von Windkraft und Solar ist weiterentwickelt worden und deswegen heute die günstigste Technologie, die wir zur Stromerzeugung haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Gegen die Phantomschmerzen, die die CDU offenbar verspürt, habe ich einen Tipp. Wenn Sie jetzt Schwierigkeiten haben, sich mit der Entwicklung abzufinden, dass wir mehr Erneuerbare nutzen und dass Technologien auch mal ein Ende finden, würde ich Ihnen vorschlagen: Besuchen Sie einmal eine Bürgerenergiegenossenschaft in Ihrem Wahlkreis,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

oder werden Sie sogar Mitglied in einer Bürgerenergiegenossenschaft, oder besorgen Sie sich ein Balkonsolarkraftwerk. Es ist ein ziemlich cooles Gefühl, selber seinen Strom zu erzeugen. Glauben Sie es mir!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Grüne Arroganz! – Zuruf der Abg. Julia Klöckner [CDU/CSU])

Dann war da noch Herr Söder. Ich sage Ihnen nur so viel: Wenn Uran eine ähnliche Halbwertszeit hätte wie die politischen Bekenntnisse des Bayerischen Ministerpräsidenten, dann hätten wir kein Endlagerproblem.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Andere ignorieren gern die hohen Kosten, die hohen Risiken und überlassen diese den nachfolgenden Generationen. Auch die Union schlägt dies hier vor. Wir stellen uns der Herausforderung und wollen einen verantwortungsbewussten Rückbau. Wir wollen eine verantwortungsbewusste Lagerung von Atommüll, und das erwarte ich auch von Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir beenden ein Kapitel und steigen in ein neues ein. Wir sichern die Energieversorgung mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit einer großen Akteursvielfalt,

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Mit Kohle und Gas!)

mit einer breiten Vielfalt von sauberen, günstigen Energien. Deswegen gilt auch heute: Atomkraft? Nein, danke. Erneuerbare? Ja, bitte.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Verlinden. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Janine Wissler, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)