Rede von Sabine Grützmacher Aktuelle Stunde „Cum-Ex-Geschäfte“

Sabine Grützmacher MdB
17.11.2023

Sabine Grützmacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!

(Kay Gottschalk [AfD]: Dass Sie das nach vorgestern überhaupt noch sagen können, wundert mich! Sie brechen die Verfassung, attestiert!)

– Manchmal bin ich froh, dass die Haare so kurz sind. Dann können sie wenigstens nicht zu Berge stehen.

(Kay Gottschalk [AfD]: Mir oftmals, obwohl sie kurz sind!)

Ich rede gern über sinnvolle Digitalisierung, werde jetzt aber nicht fünf Minuten über Laptops sprechen.

Wir kommen heute hier zusammen, weil die AfD eine Aktuelle Stunde mit dem Titel „Cum-ex – Konsequenzen für den Kanzler“ beantragt hat. Wenn wir für jedes fragwürdig finanzierte Werbeplakat der AfD jeweils einen Cum-ex-Fall aufgeklärt hätten, dann würden wir den Freitagnachmittag heute wohl anders verbringen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Kay Gottschalk [AfD]: Das würde Ihnen so passen!)

Sind doch allein bis zum Sommer 2022 über eine halbe Million Euro an Strafgeldern durch die Bundestagsverwaltung zurückgefordert worden.

Stattdessen also Cum-ex. Rufen wir uns hierzu vielleicht noch einmal die Faktenlage in Erinnerung. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages zu diesem Thema wurde Anfang 2016 auf Drängen der Grünen und der Linken eingesetzt,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Da wollten Sie noch aufklären, damals!)

um solche Steuerdelikte lückenlos aufzuklären, die den Staat um Einnahmen in Milliardenhöhe prellen. Durch diese akribische Aufarbeitung konnten erste Erfolge in der Bekämpfung von Steuerdelikten erreicht werden. Das Thema ist damit allerdings keineswegs gegessen. Expertenschätzungen zufolge beläuft sich der globale durch Cum-ex-Geschäfte und deren großen Bruder, Cum-cum, verursachte Schaden auf 150 Milliarden Euro. Mindestens 35 Milliarden Euro entfielen dabei in den letzten Jahren auf Deutschland.

Es ist wichtig, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Fairness unseres Steuersystems gewahrt bleibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir als Vertreterinnen und Vertreter des Volkes haben die Verantwortung, sicherzustellen, dass solche kriminellen Praktiken wie Cum-ex-Geschäfte und deren Nachfolgemodelle unterbunden werden. Und dazu muss man Cum-ex und Cum-cum als Gesamtbild verstehen,

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Was machen Sie denn gegen Cum-cum? Genauso wenig wie gegen Cum-ex!)

inklusive des Zusammenspiels von Banken. Und ja, dazu gehören auch die Landesbanken.

Die Auswirkungen dieses Missbrauchs auf die öffentlichen Finanzen sind enorm, und sie können langfristige Schäden für unsere Gesellschaft verursachen. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir den Instrumentenkasten insgesamt erweitern und den Blick über Cum-ex hinaus auch auf Cum-cum und die Bekämpfung von Finanzkriminalität insgesamt richten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Leni Breymaier [SPD] und Markus Herbrand [FDP])

Bei Cum-cum drohen gerade Verjährungen. Hier braucht es engagierte Strafverfolgung mit abschreckender Wirkung und keine reine Rückzahlung der Finanzbeute mit Zinsen. Es darf hier kein Freikaufen geben.

(Kay Gottschalk [AfD]: Wollen Sie gar nicht Ihren Kanzler verteidigen?)

Und die Schlupflöcher, die bislang eher Krater waren, müssen sukzessive geschlossen werden. Hierzu braucht es Ressourcen bei der Bearbeitung, zum Beispiel der Bearbeitung immenser Datenmengen, aber auch bessere Ansätze zur Bekämpfung von Finanzkriminalität. Das werden wir in den nächsten Wochen gemeinsam bei der Arbeit am Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz und bei der Einrichtung des Bundesamtes zur Bekämpfung von Finanzkriminalität diskutieren.

Neben weiteren Ermittlungskompetenzen gegen Geldwäsche spielt das harte Vorgehen gegen Steuerdelikte in der Gerechtigkeitsdebatte hierzulande eine Schlüsselrolle. Sonst drohen nämlich Konsequenzen für die nächsten Haushalte.

Unser Ziel ist es, Gesetzeslücken zu schließen, die solche Praktiken ermöglichen, und sicherzustellen, dass unser Steuersystem fair und transparent ist. Die Einrichtung effektiver Regulierung ist ein bedeutender Schritt, um eine gerechte Finanzlandschaft zu gestalten. Die Aufarbeitung ist nicht nur moralische Verpflichtung, sondern auch mit Blick auf mögliche Rückforderungen dringend angeraten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Kay Gottschalk [AfD]: Am Thema vorbei!)