Rede von Omid Nouripour Aktuelle Stunde Israel

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19.05.2021

Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung zu den Ausführungen der AfD: Seit Jahren ist kein Vertreter von demokratischen Institutionen des Staates Israel bereit, sich mit Ihnen auch nur zu treffen und mit Ihnen zu sprechen.

(Stefan Keuter [AfD]: Das ist falsch, Herr Kollege! – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Herr Nouripour, da täuschen Sie sich!)

Ich glaube, das sagt alles über die Show, die Sie hier abziehen als diejenigen, die jetzt angeblich für die Sicherheit Israels stehen.

Meine Damen und Herren, Angriffe auf Synagogen, das Verbrennen von israelischen Flaggen, unsägliche Beschimpfungen von Menschen jüdischen Glaubens bei Demonstrationen, Aufrufe zur Vernichtung Israels: Diese Geschehnisse der letzten Tage in unserem Land sind abscheulich. Wir als Demokratinnen und Demokraten sind verpflichtet, alles dafür zu tun, damit dieser Hass, diese Gewalt zurückgewiesen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

In unserem Land gibt es keinen Platz für Antisemitismus, egal von welcher Seite. Keinen Zentimeter! Das jüdische Leben in Deutschland ist leider keine Selbstverständlichkeit. Dass sich nach der Katastrophe der Schoah Jüdinnen und Juden wieder in Deutschland niedergelassen haben, erfüllt uns mit Dankbarkeit. Dass sie in ihrer Heimat keine Angst haben müssen, das ist unser aller Aufgabe.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Es gibt keine Rechtfertigung für Antisemitismus – nirgendwo. Genauso gibt es auch keinerlei Rechtfertigung für den Raketenterror der Hamas gegen Israel. Dieser ist absolut inakzeptabel und muss sofort beendet werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Natürlich hat Israel das völkerrechtlich verbriefte Recht, sich gegen diese Angriffe verhältnismäßig zu verteidigen. Die Meldungen von toten Zivilisten auf beiden Seiten sind bestürzend. Mir geht das Bild eines israelischen Vaters, der in einem Straßengraben sein wenige Wochen altes Kind in den Armen hält, um es gegen die Raketenangriffe der Hamas zu schützen, nicht aus dem Kopf. Genauso wenig geht mir aus dem Kopf, wie palästinensische Familien auf engstem Raum in UN-Schulen in Gaza versuchen, Schutz zu finden, weil sie sich vor Raketenangriffen fürchten. Niemand sollte mit der Angst leben müssen, Ziel eines Raketenangriffs zu werden, besonders nicht die Jüngsten und Schwächsten der israelischen und palästinensischen Gesellschaft. Deshalb ist das dringlichste Ziel derzeit eine sofortige Waffenruhe. Um es mit den Worten des US-Präsidenten Joe Biden zu sagen: Palästinenser und Israelis verdienen gleichermaßen ein Leben in Sicherheit und Geborgenheit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Diese Sicherheit ist mit dem Status quo und ohne eine belastbare Friedenslösung auf Dauer nicht erreichbar. Der Glaube aber an diese Friedenslösung ist in den letzten Jahren zu oft geschwächt worden. Annexionspläne der israelischen Regierung, völkerrechtswidriger Siedlungsbau oder illegale Enteignungen in Ostjerusalem und im Westjordanland sind Hindernisse auf dem Weg zum Frieden. Die von Extremisten geschürten zunehmenden Feindseligkeiten zwischen jüdischen und arabischen Israelis gefährden zudem den gesellschaftlichen Frieden. Die erneute Absage der ersten palästinensischen Wahl nach 15 Jahren durch Präsident Abbas ist extrem kontraproduktiv. Der Terror der Hamas und des Islamischen Dschihads sind klare Hassbotschaften sowie eine Absage an eine Friedenslösung. Vor diesem Hintergrund ist es leicht, zu sagen, es sei naiv, an einer Friedenslösung, an einer Zwei-Staaten-Regelung, festzuhalten. Dem will ich entgegenhalten: Naiv ist, zu glauben, dass der Status quo auf Dauer hält.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Sicherheit Israels und der Wunsch der Palästinenser nach einem Leben in Würde gibt es nur mit einer belastbaren Friedenslösung. Eine beherzte Initiative der EU in Abstimmung mit den amerikanischen Bemühungen ist das, was dringend gebraucht wird. Die Vermittlungsversuche des EU-Sonderbeauftragten Koopmans sind ein Schritt in die richtige Richtung, müssen aber dringend verstärkt werden. Die überfällige Forderung des Außenministers nach einer Beteiligung des sogenannten Nahostquartetts aus USA, Russland, UN und EU unterstützen wir.

Meine Damen und Herren, Yitzhak Rabin – ruhe er in Frieden – hat einmal gesagt: Euch, den Palästinensern, sage ich: Ihr und wir sind beide dazu verurteilt, zusammenzuleben auf demselben Stück Erde. – An dieser Wahrheit hat sich bis heute nichts geändert, und es wird sich auch nichts daran ändern. Die Existenz und die Sicherheit Israels als nationale Heimstätte des jüdischen Volkes mit gleichen Rechten für alle seine Bürger sind unverhandelbar. Dazu stehen alle Demokratinnen und Demokraten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)

Präsident Dr. Wolfgang Schäuble:

Nächster Redner ist der Kollege Dirk Wiese, SPD.

(Beifall bei der SPD)