Rede von Dr. Sandra Detzer Aktuelle Stunde „Post-Beschäftigte“

Dr. Sandra Detzer MdB
11.10.2023

Dr. Sandra Detzer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrter Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich war vor zwei Tagen auf der Postler/-innen-Demo zusammen mit dem Kollegen Roloff. Wir waren am Brandenburger Tor, und es war beeindruckend, was sie da auf die Beine gestellt haben. Über 30 000 Leute haben sich eingesetzt für ihre Arbeitsbedingungen. Es war ein Meer aus Menschen, die klar gesagt haben, worum es ihnen geht, und die noch mal deutlich gemacht haben, wie systemrelevant sie sind. Da haben Menschen demonstriert und dafür geworben, dass sie gesehen werden, dass sie Bedeutung haben und dass sie mit ihren Forderungen wahrgenommen werden. Ich kann Ihnen versichern: Wir, die Bundesregierung und die sie tragenden Fraktionen, haben sie gesehen. Wir haben ihre Forderungen gehört. Wir stehen an ihrer Seite. Und wir werden genau die Aspekte, die sie bei der Demo angesprochen haben, in den weiteren Beratungen des Gesetzes diskutieren

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Nina Warken [CDU/CSU]: Diskutieren!)

und umsetzen, mit dem Ziel, verlässliche und bezahlbare Post- und Paketdienste in Deutschland zu gewährleisten.

Es ist vollkommen unstrittig, dass, egal wo jemand lebt – ob in Schleswig-Holstein oder in Berchtesgaden, ob im Osten oder im Westen –, die verlässliche Zustellung von Briefen und Paketen erfolgen muss, und zwar bezahlbar und zu fairen ökologischen und sozialen Bedingungen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Das ist für uns Grüne ganz klar Daseinsvorsorge, und selbstverständlich spielen wir an dieser Stelle nicht die Ballungsgebiete gegen den ländlichen Raum aus.

Die Herausforderung ist in der Tat – man kann es leider nicht oft genug sagen –, dass 25 Jahre lang nicht vernünftig reformiert worden ist. Wir haben auch da Hausaufgaben von früheren Regierungen geerbt. Aber es macht uns nicht Bange. Wir werden gut vorankommen. Und ich kann Ihnen versichern: Wir sind in sehr guten, konstruktiven Gesprächen. Wir werden insbesondere bei der Frage der auskömmlichen Finanzierung des Universaldienstes ganz genau hinschauen.

Was macht denn diese Reform so schwierig? Warum ist sie von Vorgängerregierungen nicht angestoßen worden? Auf der einen Seite haben wir den Universaldienst, also die Zusicherung des deutschen Staates, dass alle Bürgerinnen und Bürger verlässlich ihre Post bekommen sollen. Selbstverständlich ist das Unternehmen, das den Universaldienst übernimmt – das ist die Post –, dazu verpflichtet, im ganzen Land dieser Aufgabe nachzukommen. Wenn wir die Lage in anderen europäischen Ländern betrachten, dann sehen wir aber, dass Postgesellschaften, die einem völlig liberalisierten Markt unterworfen wurden, dieser Aufgabe nicht mehr nachkommen können, dass also Postdienstleistungen schlechter werden, dass sie zu teuer werden. Genau das wollen wir verhindern. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns mit der Frage einer auskömmlichen Finanzierung des Universaldienstes auseinandersetzen und ganz konkrete Vorschläge diskutieren.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Auf der anderen Seite haben wir einen Paketmarkt, der gerade im Geschäftskundenbereich sehr lebendig ist und gut funktioniert. Da bemühen sich unterschiedliche Unternehmen um die Kunden, stehen miteinander im Wettbewerb und liefern gute Arbeit ab. Viele Mittelständler/-innen sind da unterwegs, viele Unternehmen, die den fairen Wettbewerb vorantreiben wollen. Selbstverständlich sollen deren Geschäftsmodelle fortbestehen. Wir wollen diesen Wettbewerb. Wir wollen, dass sie im Markt reüssieren.

Diese beiden Aspekte zusammenzubringen, auf der einen Seite den Universaldienst sicherzustellen und auf der anderen Seite den fairen Wettbewerb zu stärken, das ist die Leitlinie dieser Koalition, und das führt uns durch die Verhandlungen zum Postgesetz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Wir werden mit dem neuen Gesetz die postalische Grundversorgung sicherstellen, und zwar zu guten Bedingungen, sodass wir wirklich verlässlich an sechs Tagen pro Woche weiter Post und Pakete geliefert bekommen, und das bei einem bezahlbaren Porto. Selbstverständlich ist klar: Das Porto darf nicht in die Höhe schießen. Es geht nicht darum, Verbraucherinnen und Verbraucher über Gebühr zu belasten. Selbstverständlich werden wir auch die guten Arbeitsbedingungen im Blick behalten; denn der Wettbewerb – das ist gerade schon erwähnt worden, auch vom Kollegen Roloff – soll nicht auf Kosten der Beschäftigten ausgetragen werden. Wir Grüne finden – das ist für uns ganz wichtig und ein Stück weit eine Selbstverständlichkeit –: Es ist höchste Zeit, dass wir auf Nachtflüge verzichten. Die brauchen wir nicht mehr zum Austragen von Briefen und Paketen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Sebastian Roloff [SPD])

Wir können darauf verzichten, und auch dazu werden wir Vorschläge machen.

Insgesamt werden wir mit der Novelle den fairen Wettbewerb stärken, Verbraucherinnen und Verbraucher schützen und das Klima entlasten. Ich freue mich sehr auf die weiteren Beratungen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Detzer. – Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Pohl, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)