Rede von Katharina Dröge Aktuelle Stunde „Rosneft und Energieversorgung“

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22.09.2022

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Müller, wenn Sie aufgepasst hätten, dann hätten Sie den nationalen Kraftakt mit Blick auf die Energieversorgung, den Sie sich gewünscht haben, in den letzten Monaten erlebt.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Was ist mit der Pipeline?)

Das, was diese Bundesregierung und was insbesondere Wirtschaftsminister Habeck in den letzten Wochen und Monaten geschafft haben, das war eine beeindruckende politische Leistung,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

das waren Entscheidungen, die dieses Land in dieser Form noch nie erlebt hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf der Abg. Nina Warken [CDU/CSU])

Dazu gehört, dass die Raffinerie Schwedt unter Treuhand der Bundesnetzagentur gestellt wird: ein weiterer wichtiger Schritt, um sich von der erpresserischen Politik Putins unabhängig zu machen, ein wichtiger Schritt für die Versorgungssicherheit und insbesondere für die Menschen, für die Beschäftigten in der Region.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Und es war bereits ein zweiter Schritt. Auch das Unternehmen der deutschen Gazprom musste schon unter Treuhand gestellt werden, um die Versorgungssicherheit in diesem Land zu garantieren. Die fatale Abhängigkeit von russischem Gas und russischem Öl – das waren 55 Prozent unseres Gases vor Kriegsbeginn und 35 Prozent unseres Erdöls vor Kriegsbeginn –, das, liebe Union, ist Ihr politisches Erbe. Das ist das historische politische Versagen der Kanzlerschaft von Angela Merkel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir mussten mit diesem Erbe innerhalb von wenigen Wochen aufräumen.

Um zu verstehen, was das für ein Paradigmenwechsel ist, den wir in diesen wenigen Wochen und Monaten geschafft haben, lohnt ein Blick zurück. Da lohnt ein Blick zurück auf die Geschichte der Unternehmen Rosneft und Gazprom, und da lohnt ein Blick zurück auf das Jahr 2015.

2015 war das Jahr, in dem die Annektierung der ukrainischen Krim durch Russland schon ein Jahr her war, ein Jahr, in dem ein Land Teile seines Nachbarlandes besetzt hatte, einen unabhängigen Staat. Niemand musste sich im Jahre 2015 noch Illusionen darüber machen, wer Wladimir Putin ist.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Und trotzdem war 2015 das Jahr, in dem Sie in der Bundesregierung zugelassen haben, dass der Speicher Rehden, der größte Gasspeicher Deutschlands, einer der größten in Europa, vom russischen Unternehmen Gazprom gekauft wurde.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Fragen Sie doch mal den grünen Europaabgeordneten!)

Sie haben zugeschaut, wie kritische Infrastruktur, die für unsere Energiesicherung existenziell war, nach Russland ging.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Und mein Kollege Oliver Krischer hat Sie damals gewarnt, im Deutschlandfunk. Ich zitiere:

Ich will mir nicht ausmalen, wenn wir tatsächlich mal einen Krisenfall haben, wie dieser Speicher dann eingesetzt wird. Bestimmt nicht im Sinne der Menschen in Deutschland, bestimmt nicht im Sinne der Gasversorgungssicherheit in Deutschland.

Das hat er Ihnen sogar schon 2014 gesagt. Doch Sie haben das ignoriert, und Sie haben weiterhin weggeschaut.

2015 war nämlich auch das Jahr, in dem das russische Unternehmen Rosneft weitere Unternehmen zur Energieversorgung erworben hat. Die Unternehmen, über die wir gerade reden – PCK Schwedt, Bayernoil, MiRO Karlsruhe –, gingen 2015 mehrheitlich an Rosneft. Auch hier haben Sie einfach zugeschaut, wie unsere Energieversorgung von Russland aufgekauft wurde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

2015 ist auch das Jahr, in dem das Unternehmen EON seine fossilen Geschäfte in eine Bad Bank ausgelagert hat, die später den Namen Uniper bekommen hat. Dieses Unternehmen hatte das Geschäftsmodell, billiges Gas aus Russland zu kaufen, dies an unsere Stadtwerke zu verkaufen und sich an der Pipeline Nord Stream 2 zu beteiligen. In dieser Woche müssen wir dieses Unternehmen mit Milliarden Euro retten, weil wir zugeschaut haben, wie viel zu lange falsche Abhängigkeiten zementiert wurden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

2015 ist auch das Jahr, in dem die Unternehmen Gazprom, BASF, EON, Shell und einige andere einen Gesellschaftsvertrag über die Umsetzung des Pipelineprojektes Nord Stream 2 unterschrieben haben. Eine Pipeline, die Sie immer unterstützt haben, eine Pipeline, vor der halb Europa Sie gewarnt hat, wurde damals zementiert.

Ich habe Ihnen eine Kleine Anfrage aus dem Jahr 2015 von der Abgeordneten Annalena Baerbock mitgebracht. In der haben Sie als Bundesregierung alles dokumentiert: den Verkauf des Gasspeichers an Gazprom, den Verkauf der Raffinerien an Rosneft, die Pipeline Nord Stream 2. Es lag alles auf dem Tisch.

(Zuruf von der CDU/CSU)

Sie haben alles gewusst, aber Sie haben nichts gemacht, und die Frage ist: Warum eigentlich?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir können jetzt vorspulen in das Jahr 2021. Wir sind wenige Monate vor Kriegsbeginn, und die deutschen Gasspeicher leeren sich.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum eigentlich?)

Wieder haben wir Sie gewarnt. Wieder haben wir Sie gebeten, zu handeln. Sie haben nichts getan! Sie hätten die Möglichkeit gehabt, Mindestfüllmengen festzuschreiben. Als Robert Habeck das Wirtschaftsministerium übernommen hat, waren wir entsetzt, wie leer die Speicher waren.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Warum eigentlich? – Sepp Müller [CDU/CSU]: Jetzt sind wir über den Minister entsetzt – täglich, stündlich!)

Deswegen gehörte es zu den ersten Amtshandlungen dieses Ministers, die Speicher aufzufüllen, Mindestfüllmengen zu beschließen, Infrastruktur im Eiltempo zu bauen, überall LNG-Terminals zu errichten, Nord Stream 2 zu beenden, das Energiesicherungsgesetz zu novellieren.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin.

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

All das haben wir gemacht, um mit Ihren Fehlern aufzuräumen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt noch eine Antwort aus 2015: Wir haben Sie gefragt, was man tun kann, um die Rohstoffabhängigkeit von Russland zu reduzieren.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin!

Katharina Dröge (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ihre Antwort damals war: der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Erhöhung von Energieeffizienz. Auch das mussten wir sieben Jahre später für Sie übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehe jetzt eigentlich davon aus, dass alle abgestimmt haben. – Ich werde nach der nächsten Rede die Abstimmung schließen.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Die Wahl!)

Das sage ich noch einmal ganz deutlich.

Dann erhält jetzt das Wort Carina Konrad für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)