Rede von Michael Kellner Aktuelle Stunde „Rosneft und Energieversorgung“

Michael Kellner
22.09.2022

Michael Kellner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht in der Aktuellen Stunde um die Gewährleistung der Energiesicherheit in Deutschland. Dafür war der letzte Freitag ein wichtiger und ein guter Tag, indem wir Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung gestellt haben. Das war notwendig, weil die Versicherer nicht mehr versichern wollten,

(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Name und Adresse? Wer? Wer will nicht mehr? Es gibt keinen einzigen mit Namen und Adresse! Keinen einzigen!)

weil die Prüfer nicht mehr prüfen wollten, weil die Händler nicht mehr handeln wollten mit der PCK.

Ehrlicherweise – das wird immer gerne als Over-Compliance beschrieben –: Ich finde es richtig, wenn Unternehmen sagen, sie wollen nicht mit einem russischen Staatskonzern zusammenarbeiten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hätten wir diese Treuhandverwaltung nicht gemacht, dann wäre dieses Kartenhaus zusammengefallen. Das heißt, es war ein wichtiger Schritt zur Zukunftssicherung.

Wir haben Wort gehalten. Ich war so oft vor Ort und habe die Sorgen gemerkt. Wir haben Wort gehalten. Wir haben eine Jobgarantie für die Menschen dort, für die Beschäftigten ausgesprochen; ein ganz wichtiges Signal.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Koeppen [CDU/CSU]: Ich glaube Ihnen kein Wort!)

Ich will mich ausdrücklich bei der IG BCE und dem Betriebsrat der PCK bedanken, die diesen Kurs unterstützt haben, auch wenn es schwer war, vor Ort zu argumentieren.

(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])

Ich will auch sagen: Es wird dort weiter Rohöl verarbeitet werden. Es wird dann eben kein russisches Rohöl mehr sein. Ich finde das angesichts dieses Krieges in der Ukraine richtig. Das ist ein weiterer Schlag gegen Putin.

(Beatrix von Storch [AfD]: Nein!)

So wie Russland den Krieg in der Ukraine verliert, so wird Putin auch diesen Wirtschaftskrieg verlieren. Seit 20 Tagen kam kein Erdgas mehr aus Russland,

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, hurra!)

und die Erdgaspreise sind gefallen. Sie sind immer noch zu hoch, aber sie sind gefallen. Wir werden gemeinsam diesen Wirtschaftskrieg auch gewinnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ach, wir sind im Krieg? Kriegspartei!)

Herr Müller, ich erwarte ja gar nicht, dass die Union sagt: Alles gut und richtig. – Ich finde, wir sollten hier aber am Pult keine falschen Behauptungen aufstellen.

(Beifall der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Die Wärmeversorgung der Stadt Schwedt ist gesichert, auch wenn nur Öl über Rostock kommen würde.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Wie denn? Wie viel?)

Selbst wenn kein zusätzlicher Tropfen aus Kasachstan oder Polen kommen würde,

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Aha! „Würde“! Wir werden Sie daran messen! Jeder Einzelne wird Sie daran messen! Das werden wir sehen! – Zuruf des Abg. Jens Koeppen [CDU/CSU])

wäre die Wärmeversorgung der Stadt Schwedt gesichert. Sie wäre gesichert! Deswegen ist diese Behauptung wirklich Angstmache, wenn Sie sagen, die Wärmeversorgung ist dann nicht gegeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erwarte von der Union – das erwarte ich nicht von den anderen Kollegen; aber von Ihnen erwarte ich das –, dass Sie hier keine Falschbehauptungen aufstellen. Ich finde, das ist falsch.

Die Arbeit ist nicht zu Ende. Bei der Ertüchtigung der Pipeline gehen wir voran. Sie haben vor allen Dingen die Chance, die Transformation mitzugestalten. Denn es ist ja so – wir haben es gerade aus Mecklenburg-Vorpommern gehört; wir haben es oft in Schwedt gehört, und man kann es in Leuna übrigens schon sehen –: Es gibt so viele gute Ideen, diese Transformation anzupacken. Wir haben jetzt die Chance.

Wir haben jetzt ein riesiges Entlastungspaket geschnürt. Ich bin Carsten Schneider sehr dankbar. Wir haben lange gemeinsam mit den Ländern darum geworben, dass wir das Herzstück des Transformationsprogramms als Teil der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ voranbringen. Laut Grundgesetz ist vorgeschrieben, dass die Finanzierung jeweils hälftig bei Bund und Ländern liegt.

Das ist keine einfache Debatte. Ich bin Ihnen, Herr Haseloff, ebenso wie der Ministerpräsidentin Frau Schwesig und dem Land Brandenburg dankbar, dass wir gemeinsam diesen Weg gehen. Denn dieses GRW-Programm hat einen riesigen Vorteil: Wir können damit nämlich direkte Unternehmenshilfe leisten. Das ist besser als bei dem Kohleausstiegsgesetz, besser als bei den Strukturhilfen in der Lausitz. Wir können Unternehmensansiedlungen unterstützen. Deswegen bin ich so froh, dass wir gemeinsam diesen Rechtsrahmen gewählt haben. Ich bin sehr dankbar, dass wir das gemeinsam hinbekommen haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist gut; denn damit eröffnen sich die Chancen für die Region. 750 Millionen Euro gemeinsam von Bund und Ländern stehen den Ländern Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern für 15 Jahre zur Verfügung. Denn wir haben die Ideen. Wir sehen ja, wie wir mit Biomolekülen in eine grüne Chemieindustrie gehen können; das ist schon weit fortgeschritten in Leuna. Wir sehen die Chancen, die Mecklenburg-Vorpommern als Importregion für Grünen Wasserstoff hat. Wir sehen die Chancen, die wir bei synthetischen Kraftstoffen haben, die wir entwickeln können. All diese Geschäftsfelder können wir jetzt erschließen.

Deswegen will ich mich für die Zusammenarbeit bedanken. Ich will noch einmal sagen: Es war am Freitag ein guter Tag für Schwedt. Die Arbeit geht weiter!

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Jens Koeppen [CDU/CSU]: Insolvenzverwalter!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächster Redner in dieser Debatte ist Dr. Volker Ullrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)