Rede von Andreas Audretsch Allgemeine Finanzdebatte

Andreas Audretsch MdB
05.09.2023

Andreas Audretsch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Satz, der wahrscheinlich in jeder Haushaltsdebatte irgendwann fällt, ist: Haushaltspolitik bedeutet, Prioritäten zu setzen. – Und dieser Satz ist richtig. Das Gegenteil stimmt aber auch; denn die Zeiten, die bei Ihnen noch ausschlaggebend waren, liebe Union, in denen man sagen konnte: „Wir machen Wirtschaft oder Klimaschutz, wir machen Wirtschaft oder Soziales“, sind vorbei.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Und genau das machen wir mit diesem Haushalt: Wir investieren in Wirtschaft, in Klimaschutz, in gute Jobs, aber auch in soziale Sicherheit,

(Peter Boehringer [AfD]: Wenn Sie das tun würden, dann wäre das ja richtig!)

weil es doch sinnvoll ist, alles mit einem Konzept zu lösen. Und das ist der Anspruch für die Beratungen dieses Haushaltes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Peter Boehringer [AfD]: Nein, das ist freie Marktwirtschaft!)

Ich war im Sommer in Deutschland unterwegs. Ich war in Werkshallen, ich war bei Betriebsräten, ich war bei Vorständen, und eines war überall klar: Jetzt ist die Zeit, zu investieren. – Klar ist nämlich, dass sich jetzt entscheidet, ob die deutschen Unternehmen in Zukunft in der Lage sein werden, erfolgreich zu sein und auf den internationalen Märkten mitzuspielen. Deswegen tun wir jetzt das, was die Union über so viele Jahre verweigert hat. Wir machen endlich eine aktive Wirtschafts- und Industriepolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich mache es Ihnen konkret: 1 Milliarde Euro für Salzgitter lösen private Investitionen aus. Das bedeutet, dass 1 Prozent der CO-Emissionen Deutschlands eingespart werden. Das bedeutet, dass wir hier bei uns neue Fähigkeiten aufbauen, nämlich klimaneutralen Stahl zu produzieren. Das bedeutet aber auch, dass wir Tausende von Jobs hier in Deutschland halten, weil die Leute eine Perspektive kriegen, Stahl zu produzieren und in Deutschland gute Arbeit zu leisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Gleiche gilt für Northvolt in Schleswig-Holstein: Es ist gut, dass Batteriezellen jetzt dort produziert werden, weil das zu Klimaschutz beiträgt, weil das die Wirtschaft stärkt und weil das für gute Jobs in Deutschland sorgt.

Die Ansiedlung von Intel in Magdeburg oder die von Bosch in Dresden bedeuten ein Ökosystem für Zukunftsinvestitionen. Das bedeutet Wohlstand; das bedeutet Klimaschutz, und es bedeutet gute Jobs für Menschen, die genau das suchen. Und genau das sind wir ihnen schuldig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich könnte das fortsetzen.

Jetzt entscheidet sich, wo künftig Halbleiter produziert werden. Jetzt entscheidet sich, wo Solarpanele produziert werden. Jetzt entscheidet sich, wo die Batteriezellproduktion der Zukunft stattfindet. Wir sind absolut klar bei dieser Frage: All das muss hier in Deutschland passieren; all das müssen wir hier hinkriegen, damit wir in Zukunft eine starke Wirtschaft haben und gleichzeitig den Menschen das geben, was sie brauchen, nämlich gute Jobs, gute Löhne, Tarifbindung, damit die Menschen wissen: Es lohnt sich, hier zu arbeiten, es lohnt sich, Geld zu verdienen, nach Hause zu kommen, den Kredit abzuzahlen und am Ende des Monats auch für die Familie noch was übrig zu haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Sebastian Brehm [CDU/CSU])

Das steht im Mittelpunkt, und wir schaffen es mit diesem Haushalt, das voranzutreiben.

Bei alldem sollte man denken, dass das selbstverständlich sei – ist es aber nicht. Die Union hat über Jahre Zukunftsinvestitionen abgewürgt. Sie hat über Jahre Zukunftstechnologie nicht hier angesiedelt. Sie hat uns über Jahre von fossilem Gas abhängig gemacht. Und all das hat sie am Ende damit verbunden, immer und immer wieder gegen gute Löhne zu kämpfen. Ich erinnere mich daran, als Sie hier die Zustimmung für 12 Euro Mindestlohn verweigert haben. Das ist das, was mit Ihnen nach Hause geht. Es könnte immer mehr sein; das ist richtig. Aber was wir als Ampel jetzt machen, ist ein Richtungswechsel, und der ist dringend nötig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Christoph Meyer [FDP])

Der Richtungswechsel gilt auch mit Blick auf Menschen, die weniger Geld haben. Ich sage Ihnen mal, Herr Haase, wen Sie gerade als „unnormal“ in dieser Gesellschaft bezeichnet haben: Das ist die alleinerziehende Mutter, die jeden Tag arbeiten geht und am Ende des Monats nicht das kriegt, was ihr zusteht. Um genau diese Menschen geht es, wenn wir über die Kindergrundsicherung sprechen,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Christian Haase [CDU/CSU])

weil genau diese Menschen in verdeckter Armut sind. Und wir sorgen mit der Kindergrundsicherung dafür, diese Menschen dort rauszuholen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir machen Schluss mit der ideologischen Scheuklappe: Wirtschaft oder Klimaschutz, Wirtschaft oder Soziales. Alles in einem Konzept zusammenführen – das ist, was Sinn macht, und das tun wir in dieser Ampel.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Christian Görke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Jetzt kommt Niveau in die Debatte!)