Rede von Stefan Schmidt Anlegerschutz

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14.04.2021

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Graue Kapitalmarkt ist noch immer eher ein Haifischbecken als ein sicherer Hafen für Kleinanlegerinnen und Kleinanleger. Die rund 75 000 betrogenen Anlegerinnen und Anleger im Fall Prokon oder die 54 000 im Fall P&R Container können ein Lied davon singen. Umso erfreulicher ist es, dass die Bundesregierung endlich einsieht: Wir müssen Privatanlegerinnen und ‑anleger viel effektiver vor unklaren Risiken und Betrug schützen. Dafür muss der Graue Kapitalmarkt deutlich stärker reguliert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf greift viele wichtige Maßnahmen auf und ist ein guter Schritt hin zu mehr Verbraucherinnen- und Verbraucherschutz. Er reicht aber nicht aus, um möglichen Betrug schon im Vorfeld wirksam zu verhindern. Ich will das kurz skizzieren: Es ist zwar im Grundsatz richtig und gut, dass Blindpools für Privatanlegerinnen und ‑anleger verboten werden, dass nur noch beaufsichtigte Vermittler Vermögensanlagen vertreiben sollen und dass eine Mittelverwendungskontrolle auch bei Direktinvestitionen in Sachgüter eingeführt wird, aber der Teufel steckt, wie so häufig, im Detail, beispielsweise bei den Plänen zur Mittelverwendungskontrolle.

Die einzige Voraussetzung, die der Gesetzentwurf an den Mittelverwendungskontrolleur stellt, ist seine Unabhängigkeit. Muss er aber besonders qualifiziert und sachkundig sein? Nein. Und was passiert, wenn er gegen Regeln verstößt? Gar nichts. So verhindern wir doch keinen Betrug. Wir müssen festlegen, und zwar direkt im Gesetz, dass der Mittelverwendungskontrolleur entsprechend qualifiziert sein muss, zum Beispiel als Rechtsanwalt oder Wirtschaftsprüfer, und es braucht klare Haftungsregeln bei Fehlverhalten, Bußgeldvorschriften bei Verstößen. Nur so lassen sich schmutzige Geschäfte auf Kosten der Anlegerinnen und Anleger verhindern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist auch richtig und längst überfällig, dass die BaFin mehr Auskunftsrechte erhält und schon bei Verdachtsmomenten einschreiten können soll. Das macht sie aber noch lange nicht zu einer Behörde mit mehr Biss. Die Befugnisse müssen doch viel weiter gehen. Wann kommt denn endlich die materielle Prospektprüfung? Die BaFin kann Betrug doch nicht wirksam abwehren, wenn sie weiterhin nur prüft, ob das Prospekt ein Inhaltsverzeichnis hat oder der Sitz des Anbieters genannt wird, aber nicht klärt, ob die Angaben in der Bilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung des Anbieters Sinn ergeben oder die versprochenen Renditen auch realistisch sind. Die BaFin muss Prospekte endlich auf Plausibilität prüfen. Nur so bekommen wir auch mehr Biss in diese Behörde.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nutzen wir also die Gelegenheit, um die Anlegerinnen und Anleger noch effektiver vor Betrug zu schützen und das Haifischbecken des Grauen Kapitalmarkts trockenzulegen. Dafür werden wir Grüne uns in den Beratungen einsetzen, damit wir in ein paar Jahren nicht wieder hier stehen und den nächsten Anlegerskandal haben, auf den wir zurückblicken müssen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)