Marcel Emmerich MdB
16.03.2023

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Nach der Rede vom Kollegen Seif aus der Unionsfraktion dachte ich: Der Beziehungsstreit innerhalb der Unionsfraktion zum Thema Migration ist mit einem einstimmigen Beschluss des Migrationspapiers beigelegt; das geht jetzt in eine moderne Richtung.

(Detlef Seif [CDU/CSU]: Ordnung und Steuerung gehören dazu! Zuhören!)

Aber dann kam der Kollege Hoffmann ums Eck und hat die alten Unionstiraden wieder rausgeholt und gezeigt, dass die Union in der Frage „Migration und Asyl“ immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist und Sie da noch viel Arbeit vor sich haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Es ist doch offensichtlich: Wir haben eine humanitäre Verantwortung, die sogar völkerrechtlich bindend ist. Wir schützen Menschen, die vor politischer Verfolgung fliehen, die vor Kriegen fliehen, und dieser Verantwortung kommen wir nach. Gleichzeitig haben wir die Situation in diesem Land – ich glaube, egal wo wir alle in unseren Wahlkreisen unterwegs sind, egal in welcher Kneipe, in welchem Restaurant, in welchem Unternehmen –: Überall werden händeringend Leute gesucht, Arbeitskräfte und Fachkräfte.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Und dann hört man immer wieder, dass Auszubildende von der Werkbank weg abgeschoben werden. Dieser Zustand darf nicht sein.

(Zuruf von der AfD)

Dieser Zustand hat nichts damit zu tun, dass man ein Interesse daran hätte, den Wohlstand in Deutschland aufrechtzuerhalten und mit dafür zu sorgen, die Zukunftsfähigkeit dieses Landes aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen setzen wir auf eine moderne Einwanderungspolitik, und zwar mit fairen Asylverfahren, mit einer guten Integrationspolitik, mit einem Chancen-Aufenthaltsrecht. All das gehört dazu; das kann man nicht voneinander trennen. Dass Geflüchtete nur geduldet sind, obwohl sie schon seit vielen Jahren hier leben, mittlerweile die Sprache können und trotzdem nicht die Möglichkeit haben, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden, das darf nicht sein. Das gehen wir an; denn das ist ganz entscheidend für die Integration und für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Bis 2030 können bis zu 5 Millionen Menschen in kleinen und mittelständischen Betrieben sowie in großen Unternehmen fehlen. Händeringend wird Personal gesucht. Diese Leute brauchen wir. Deswegen sollten wir sie mit offenen Armen und mit offenen Herzen empfangen und ihnen dabei helfen, hier anzukommen, so wie das viele, viele Ehrenamtliche vor Ort machen, die helfen, eine Wohnung zu suchen, die helfen, einen Arbeitsplatz zu suchen. Diese Menschen leisten Enormes. Das müssen wir anerkennen und wertschätzen, statt in irgendwelchen Tiraden zu behaupten, dass Geflüchtete in unsere Sozialsysteme einwandern.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege!

Marcel Emmerich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir sollten das ganze Thema mit mehr Optimismus angehen und mit weniger Pessimismus.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Beatrix von Storch [AfD]: Realismus wäre vielleicht gut!)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Für die FDP-Fraktion hat die Kollegin Dr. Ann-Veruschka Jurisch jetzt das Wort.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)