Bruno Hönel MdB
16.05.2024

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Vorbereitung auf die Debatte habe ich mir einmal den Spaß erlaubt, meinen eigenen WG-Gesucht-Account aus Studienzeiten zu reaktivieren und zu schauen, was der Wohnungsmarkt für Studis und Azubis so hergibt. Nur einmal ein kleiner Auszug: WG-Zimmer in Berlin-Gesundbrunnen, 14 Quadratmeter, 870 Euro kalt, WG-Zimmer in Hamburg-Eilbek, 16 Quadratmeter, 525 Euro warm. Dies ist eines der günstigeren Angebote in Hamburg. Auch in meinem Wahlkreis in Lübeck sieht es nicht viel besser aus: Einzimmerwohnung in einer Bettenburg in Lübeck-St. Lorenz, 30 Quadratmeter, 540 Euro warm. In allen Fällen liegt die Wohnpauschale beim BAföG bei 360 Euro.

Es gibt vereinzelt auch günstigere Angebote. Die sind dann aber entsprechend hart umkämpft, mit 50 Bewerbungen und mehr auf ein WG-Zimmer. Immer weniger junge Menschen können sich das leisten. Jeder dritte Student ist armutsgefährdet. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Klagelieder der Studis und Azubis sind kein Jammern auf hohem Niveau. Das sind existenzielle Fragen, und wir als Politik müssen Antworten darauf finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir als Koalition haben – das wurde heute schon mehrmals gesagt – in einem ersten Schritt einer ganzheitlichen BAföG-Reform die Freibeträge und auch die BAföG-Sätze erhöht. Es gibt also mehr BAföG-Empfänger, die dann auch mehr Geld in der Tasche haben. So weit, so gut. Zur bitteren Realität gehört aber, dass die Inflation diese Verbesserungen größtenteils aufgefressen hat. Deswegen haben wir als Ampelhaushälterinnen und -haushälter aus dem Parlament heraus 150 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt, um damit eine Studienstarthilfe einzuführen, aber auch das BAföG an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anzupassen.

Frau Schön von der Union, in Ihre Richtung will ich sagen, dass ich Ihre Kritik unglaubwürdig finde, und zwar aus zwei wesentlichen Gründen:

Der erste Grund ist, dass wir als Parlament von der Partei, die eine Reform der Schuldenbremse und damit auch höhere Bildungsausgaben stetig blockiert, erwarten können, dass sie sagt, wie Milliardenaufwüchse, Milliardenforderungen, die Sie heute in dieser Debatte wieder erhoben haben, langfristig gegenfinanziert werden können. Das können Sie aber nicht. Das ist Haushalts-Voodoo. Von daher ist Ihre Kritik an dieser Stelle nicht viel mehr als heiße Luft.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der zweite Grund für diese Unglaubwürdigkeit ist, dass Sie den 150 Millionen Euro mehr beim BAföG dann noch nicht einmal zugestimmt haben. Im Haushaltsausschuss hat sich die Union enthalten.

(Dr. Lina Seitzl [SPD]: Hört! Hört!)

Von daher kann ich jede und jeden verstehen, die Ihnen dieses in Oppositionszeiten neu entdecktes Herz für Studierende und Azubis einfach nicht abnehmen. Das ist schlichtweg unglaubwürdig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP])

Besser als heiße Luft ist tatsächlich, wenn man konkrete Verbesserungen politisch durchsetzt. Deswegen ist es gut, dass die Studienstarthilfe jetzt kommt, mit der Studierende aus Elternhäusern mit wenig Geld einen Zuschuss für die Kosten erhalten, die besonders zu Beginn des Studiums anfallen. Wir sprechen immer über mehr Chancengerechtigkeit. Genau das erfüllt die Studienstarthilfe; denn sie wirkt zielgenau bei den Studierenden, die dieses Geld brauchen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie der Abg. Dr. Lina Seitzl [SPD])

Wir müssen das BAföG aber auch in der Breite an die deutlich gestiegenen Preise, beispielsweise beim Wohnen oder auch bei den Lebensmitteln, anpassen. Wenn man Tiktok glaubt – das ist ja jetzt in aller Munde –, dann merken das viele Studierende und Auszubildende wohl auch an den sehr stark gestiegenen Dönerpreisen. Da helfen aber keine Dönerpreisbremsen, die nur dazu führen, dass die Döner Kebabs pleitegehen und dichtmachen. Was da wirklich hilft, sind existenzsichernde BAföG-Sätze, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Lina Seitzl [SPD])

Deswegen müssen wir die zusätzlichen 150 Millionen Euro nun auch für eine Erhöhung der BAföG-Sätze verwenden. Das ist jetzt unser gemeinsamer politischer Auftrag für die parlamentarischen Beratungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Der nächste Redner ist Martin Rabanus für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Laura Kraft [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])