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27.01.2021

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Das vergangene Jahr war das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Wir haben vorhin über Agrarpolitik gesprochen: drei Dürresommer in Folge. Die Erderwärmung liegt bereits 1,2 Grad über dem Niveau des vorindustriellen Zeitalters. Der UN-Generalsekretär hat Ende letzten Jahres noch einmal gesagt: Wir, die Weltgemeinschaft, müssen „den Krieg gegen die Natur … beenden“. Wir sind mitten in der Coronakrise; aber gleichzeitig findet die Klimakatastrophe statt. Wir müssen jetzt handeln und jetzt umdenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das müssen wir in allen Sektoren tun, eben gerade auch bei dem Thema, das wir heute haben: beim Bauen. Der ökologische Fußabdruck von Gebäuden ist enorm und riesengroß, viel größer, als manche glauben, und leider auch viel größer, als manche von Ihnen hier im Deutschen Bundestag wissen oder auch glauben. 40 Prozent – 40 Prozent! – der indirekten und direkten CO-Emissionen entstehen im Gebäudesektor: beim Bauen, beim Betreiben, aber auch beim Abriss von Gebäuden. 52 Prozent des Abfallaufkommens entstehen dabei. Es ist vollkommen klar: Ohne eine Bauwende ist die Klimakrise nicht zu stoppen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin deswegen sehr froh, dass uns im Deutschen Bundestag eine Petition von Architects for Future erreicht hat, die nichts anderes einfordert, als dass wir Baupolitik endlich auch als Klimapolitik begreifen. Ich finde, hier sollten wir endlich unseren Job machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir Grüne bringen heute Anträge zur Wärmepolitik, zur Klimapolitik, zur Ressourcenpolitik, zur Planungspolitik und zur Baupolitik ein. Kurz gesagt: Es geht uns um eine Bauwende. Wir deklinieren durch, was in den nächsten zehn Jahren gemacht werden muss, um diesen Sektor endlich auf den Pariser Klimapfad zu bringen.

Wenn ich in das vergangene Jahrzehnt schaue, in dem größtenteils Sie in der Großen Koalition die Verantwortung hatten, dann muss ich sagen: Das war ein vergeudetes Jahrzehnt für dieses Themenfeld. Bei der Bau- und Wärmewende sind wir nicht vorangekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Timon Gremmels [SPD])

Ein Beispiel dafür – Herr Gremmels, Sie schütteln mit dem Kopf; aber das sehen Sie doch genauso –: Die Standards, die das Gebäudeenergiegesetz, das letztes Jahr hier beschlossen worden ist, vorsieht, sind nicht Paris-kompatibel. Das haben Herr Altmaier und die Große Koalition zu verantworten. Das ist ein Riesenfehler.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Timon Gremmels [SPD]: Falsch!)

Oder schauen wir ins Bauministerium. Ich finde es skandalös, dass Herr Seehofer die Mantelverordnung, also die Verordnung, die regelt, wie Baustoffe in Deutschland recycelt werden, in diesen Tagen blockiert, und zwar rein aus bayerischen Lobbyinteressen heraus. Das können wir uns nicht länger leisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das ist zukunftsvergessen und industriefeindlich, weil es die Kreislaufwirtschaft ausbremst. Wir haben kein technisches Problem bei der Umsetzung, sondern ein politisches.

Das höchste Holzhaus der Welt steht leider nicht in Deutschland, sondern in Norwegen, weil es dort eine nationale Holzbaustrategie gibt. Bei der Wärmewende rennen wir Dänemark hinterher, weil wir nicht bereit sind, endlich mal darüber zu sprechen, wie wir mehr Erneuerbare in den Markt bringen können. Bei der Lebenszyklusbetrachtung von Gebäuden sind wir gesetzgeberisch noch meilenweit von dem Standard entfernt, den es in der Industrie schon seit 20 Jahren gibt. Ich finde, hier müssen wir als Politik endlich loslegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt die Idee, die Stadt von morgen aus nachwachsenden Rohstoffen zu errichten und damit als CO-Senke zu betrachten. Damit können wir uns Stück für Stück aus der Klimakrise herausbauen. Holz, nachwachsende Rohstoffe oder Recyclingbaustoffe sind die Zukunft. Ich finde die Idee bestechend, und ich finde, wir sollten sie umsetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Sie von der Union mir das nicht glauben, dann schauen Sie einfach nach Brüssel zu Ursula von der Leyen.

(Dr. Florian Toncar [FDP]: Oh, lieber nicht!)

Die EU-Kommission bringt eine Renovation Wave auf den Weg, ein umfassendes Konzept, wie wir den Gebäudesektor in Zukunft CO-frei gestalten sollen. Ich finde, Sie als Union sollten auf Ihre Parteikollegin hören, wenn Sie uns schon nicht trauen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege Christian Hirte.

(Beifall bei der CDU/CSU)