Rede von Sara Nanni Beschaffungsmaßnahmen für die Bundeswehr
Sara Nanni (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat uns in Europa eine unangenehme Gewissheit gebracht: Wir leben in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem militärisch starken Staat, der von einer politischen Elite geführt wird, die militärische Aggression als ganz normales Mittel der Politik begreift. Auf diese Gewissheit folgt die Einsicht, dass wir wieder mehr in unsere Sicherheit investieren müssen, auch militärisch. Deshalb hat eine breite Mehrheit in diesem Parlament dafür gesorgt, dass die Bundeswehr durch ein Sondervermögen ihre Defizite in der materiellen Ausstattung schließen kann.
Die Verhandlungen um die Ausgestaltung des Sondervermögens waren zäh, aber die wirklich harte Arbeit beginnt jetzt. Denn wir müssen die 100 Milliarden Euro effektiv und effizient investieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Die Bundeswehr ist in den letzten Jahren oft in die Schlagzeilen geraten, weil die Beschaffung nicht gut funktioniert hat: Kosten, die explodiert sind, Zeitpläne, die dauernd neu gemacht und dann doch wieder gerissen wurden. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Ein Grund für die schlechte Ausstattung der Bundeswehr lag auch eindeutig in der Lücke zwischen den sicherheitspolitischen Ansprüchen und den verfügbaren Haushaltsmitteln. Das ist nun behoben. Doch Geld allein wird die Fähigkeitslücken der Bundeswehr nicht schließen.
Die Defizite in der Beschaffung liegen auch an Mängeln in den Strukturen und der Auftragsvergabe. Darum wollen wir mit dem vorliegenden Gesetz das Vergabeverfahren vereinfachen und beschleunigen.
Gleichzeitig – das ist auch klar – kann dieses Gesetz nur einer von vielen Hebeln sein, um das Beschaffungswesen der Bundeswehr effizienter zu gestalten. Weitere Reformen, die über den Bereich des Vergabeverfahrens hinausgehen, bleiben notwendig.
Aber was steht jetzt in diesem Gesetz? Sicherheitsinteressen sollen im Vergabeverfahren nun verstärkt berücksichtigt werden können. Das ist der Lage mehr als angemessen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Die Vergabe wird beschleunigt durch die Möglichkeit, Teil- und Fachlose zusammenzulegen, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe dies rechtfertigen. Auch die Nachprüfungsverfahren werden beschleunigt. Es wird auch eine Markterkundung geben, die explizit nach marktverfügbaren Lösungen sucht. Sehr gut!
Entwicklungslösungen müssen ab jetzt besonders begründet werden. Auch das schafft mehr Transparenz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Ein Punkt, der uns Grünen besonders am Herzen liegt: Wir stärken mit diesem Gesetz auch die gemeinsame europäische Beschaffung und bekennen uns klar zum europäischen Markt. Europa sollte in der Lage sein, möglichst viele Bedarfe selbst zu decken. Aber nicht jedes Land muss alles herstellen können.
Und das Gesetz wird befristet. Denn neue Wege müssen sich bewähren. Deswegen wird es vor Ende der Frist eine Evaluation geben, die prüft, ob der Zweck des Gesetzes auch erfüllt wird. So regiert man in der Krise: mutig, aber nicht übermütig.
Das Gesetz ist Teil von guten ersten Schritten auf dem Weg zu einer effizienteren, kostengünstigeren und schnelleren Beschaffung. Deshalb bitte ich um die Zustimmung dieses Hauses.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Yvonne Magwas:
Der Kollege Hansjörg Durz, CDU/CSU-Fraktion, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der CDU/CSU)