Rede von Britta Haßelmann Beschlussfassung über Geschäftsordnung und Richtlinien

24.10.2017

Britta Haßelmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kommen wir einmal zum Kern der Debatte zurück.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Es geht um das Thema Parlamentsrechte. Das, was wir in den letzten vier Jahren erlebt haben, war kein Glanzstück parlamentarischer Auseinandersetzung, wenn damit inhaltliche Debatten gemeint sind.

(Beifall bei der AfD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb ist es gut, wenn wir uns alle wechselseitig daran erinnern – auch die, die heute vielleicht andere Rollen einnehmen, und all die, die noch nicht wissen, welche Rolle sie einnehmen werden –, was für ermüdende und langatmige Debatten wir hier in Zeiten dieser so Großen Koalition geführt haben. Ich kann mich sehr gut an die vielen Vorstöße aus unserer Fraktion erinnern, das Thema „Rechte des Parlaments stärken“ hier mehrheitsfähig zu machen. Wir sind leider immer wieder damit gescheitert; ich nenne nur: das Thema Parlamentskultur, die Frage der Debattenkultur, die Frage nach Transparenz und Öffentlichkeit von Ausschüssen und auch das Fragerecht oder die Regierungsbefragung. Außer mit dem Bundestagspräsidenten a. D., der auf der Tribüne sitzt, und vielleicht Einzelnen aus den Fraktionen gab es keine Übereinstimmung in dieser Frage. Und deshalb ist die Regierungsbefragung so, wie sie immer war, auch heute noch. Da braucht es dringend eine Änderung. Das sehen auch Bündnis 90/Die Grünen so.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der AfD)

Meine Damen und Herren, ich wüsste nicht – deshalb kann ich das Gefeixe aus den Reihen der SPD gar nicht verstehen –, warum wir heute einfach Ihrem Antrag oder aber – es liegen ja zwei Anträge vor – dem Antrag der Linken folgen sollten, der wiederum anders ist. Auch wir haben Vorschläge zur Regierungsbefragung und zur Fragestunde gemacht. Im Antrag der SPD finden sich unsere Punkte nicht in Gänze wieder. Warum haben Sie in Ihrem Antrag zum Beispiel auf die Abschaffung der Konsumtionsregel verzichtet? Das ist doch ein wichtiges Instrument, gerade für die Opposition, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Oder warum wollen Sie die Dringlichen Fragen abschaffen?

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Das ist ein super Instrument für die Opposition; das würde ich mir noch mal überlegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Frage ist auch: Warum wollen Sie eigentlich keine Befragung zu europäischen Themen?

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das habe ich mich auch gefragt!)

Wir haben doch hier im Parlament den Anspruch, europäische Themen zu beraten, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der AfD und der FDP)

Also jetzt mal Karten auf den Tisch: Warum sind all diese Sachen in Ihrem Antrag nicht enthalten?

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das passiert, wenn man das nicht ordentlich vorbereitet!)

Warum die Lacherei darüber, dass Sie uns hier heute vorführen wollen? Das ist doch absurd. Ich möchte mit Ihnen darüber diskutieren, warum Sie auf all diese wesentlichen Sachen verzichten wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich möchte mit der CDU/CSU darüber diskutieren, dass bei diesem Thema – auch bei der CDU/CSU – mal langsam ein bisschen Bewegung aufkommen muss, dass wir hier eine Veränderung brauchen. Herr Buschmann hat ja schon für die FDP erklärt, dass auch sie sich beim Thema Regierungsbefragung und Fragestunde etwas anderes vorstellt.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Ihr habt noch keinen Koalitionsvertrag!)

Deshalb habe ich kein Verständnis dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Linken, warum Sie meinem Vorschlag im Vor-Ältestenrat nicht gefolgt sind, es zu überweisen, sich alle Vorschläge aller Fraktionen im Deutschen Bundestag anzuschauen und dann sehr zeitnah darüber zu reden, wie wir es wirklich ändern.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE])

Sie wollten uns mit der Geschichte heute einfach vorführen, und da machen wir nicht mit – deshalb der Antrag auf Überweisung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich meine das sehr ernst und sehr eindrücklich: Ich wünsche mir, dass wir zur Stärkung des Parlamentes etwas verändern, dass wir beim Thema Transparenz etwas verändern. Dazu gehört die Regierungsbefragung, dazu hat unsere Fraktion auch noch weiter gehende Vorstellungen. Ich fände es toll, wir berieten das sehr zeitnah und in Ruhe, meine Damen und Herren.

Jetzt noch zum Antrag auf Einsetzung der Ausschüsse. Jan Korte, es ist ja nicht so, dass Sie den Antrag stellen, Ausschüsse einzusetzen. Nein, Sie beantragen, dass vier Ausschüsse in der Geschäftsordnung zwingend festgelegt werden. Wir sollten mal in Ruhe darüber diskutieren, warum es eigentlich diese vier Ausschüsse sein sollen, deren Einsetzung Sie heute fordern,

(Petra Pau [DIE LINKE]: Weil es im Grundgesetz steht!)

warum es zum Beispiel nicht der Geschäftsordnungs- und der Immunitätsausschuss sind.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gute Frage!)

Es gibt ab heute hier im Haus allein zwei oder drei Mitglieder – das habe ich der Presse entnommen –, deren Angelegenheiten wir im Immunitätsausschuss zwingend diskutieren müssten, nicht hier im Plenum.

(Jan Korte [DIE LINKE]: Das können wir doch ergänzen!)

Ich fände es gut, wenn wir darüber mal in Ruhe redeten.

Meine Damen und Herren, ich finde, wir sollten uns im Deutschen Bundestag sehr zeitnah wieder mit der Frage der Änderungen bei Transparenz und Parlamentsrechten befassen, nachdem alle Fraktionen ihre Vorstellungen eingebracht haben, damit wir es dann hoffentlich sehr schnell zu einem Ergebnis führen.

Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Ihr seid noch nicht an der Regierung! Noch nicht!)