Bruno Hönel MdB
07.09.2023

Bruno Hönel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir Entscheidungsträger/-innen

(Lachen bei der AfD)

haben bei jeder Entscheidung die Verantwortung, neben den unmittelbaren Auswirkungen auch die Konsequenzen für künftige Generationen mitzudenken. Wie man genau das nicht macht, das haben uns der ehemalige Verkehrsminister Andreas Scheuer und die CSU mit ihrem Mautdebakel eindrucksvoll gezeigt. Aus reiner CSU-Ideologie wurden Steuergelder in Höhe von über 243 Millionen Euro versenkt,

(Stephan Brandner [AfD]: 330 Millionen, sagt die FDP!)

die uns nun für wichtige Zukunftsinvestitionen auch in diesem Einzelplan fehlen – ein politisches Versagen höchsten Ausmaßes. Wir haben die Rechnung jetzt auf dem Tisch: eine Viertelmilliarde Euro. Im Angesicht dieser Tatsache halte ich es für regelrecht skandalös, dass Andreas Scheuer immer noch hier im Deutschen Bundestag rumschlawinert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Whataboutism!)

Es geht also darum, unserer moralischen und gesellschaftlichen Verpflichtung zur Generationengerechtigkeit gerecht zu werden. Ob es um die Bekämpfung der Klimakrise oder den Zugang zu Bildung geht: Wir müssen jetzt wichtige Weichen stellen, und genau dafür steht der Etat für Bildung und Forschung wie kaum ein anderer Etat, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben einiges vorzuweisen, zum Beispiel die Dynamisierung des Zukunftsvertrages „Studium und Lehre stärken“ oder den ersten Teil der BAföG-Novelle. Wir haben „Polarstern II“ ausfinanziert, und nun erfolgt ein Anwachsen der Mittel für die Klima- und Nachhaltigkeitsforschung um rund 100 Millionen Euro auf 851 Millionen Euro in 2024. Der Bundestag hat hier in den vergangenen Beratungen einen klaren Schwerpunkt gesetzt. Es freut mich sehr, dass die Ministerin dieser Priorisierung auch folgt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Im letzten Jahr – ich habe es schon angesprochen – haben wir die größte Reform des BAföG seit Langem umgesetzt.

(Lachen der Abg. Katrin Staffler [CDU/CSU] – Nadine Schön [CDU/CSU]: Das hat ja die Inflation längst aufgefressen! – Katrin Staffler [CDU/CSU]: Das ist ja lächerlich!)

Nun sehen wir aber – da hat der Kollege Jarzombek nicht vollumfänglich unrecht; das will ich hier auch sagen –, dass die Inflation einige dieser Verbesserungen auffrisst. Die Lage ist weiterhin dramatisch; über ein Drittel der Studierenden sind armutsgefährdet. Das ist ein Zustand, den wir nicht akzeptieren dürfen. Deswegen ist es auch unser erklärtes Ziel, mehr Menschen ins BAföG zu bringen, ihnen existenzsichernde Leistungen zukommen zu lassen und gleichzeitig die Inflationseffekte auszugleichen. Hier sehen wir das Ministerium in der Pflicht, den zweiten Teil der BAföG-Reform, die große Strukturreform, jetzt zügig umzusetzen. Das sind wir unseren Studierenden und Auszubildenden schuldig, und das einmal mehr nach all den Coronaentbehrungen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir über Chancengerechtigkeit sprechen, dann müssen wir auch das Startchancen-Programm thematisieren. Gerade Schulen in sozialen Brennpunktregionen haben seit Langem einen hohen Förderbedarf, dem wir nun nachkommen wollen. Wir sind auf einem guten Weg. Es gibt ein belastbares Konzeptpapier, und im Haushaltsentwurf sind 500 Millionen Euro für 2024 vorgesehen. Jetzt sind die Länder gemeinsam mit der Ministerin in der Pflicht, sich zu einigen, um das Programm schnellstmöglich aufs Gleis zu setzen. Wir wollen Aufstiegsperspektiven schaffen, soziale Mobilität ermöglichen. Da haben Sie uns an Ihrer Seite, Frau Ministerin Stark-Watzinger.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Einen weiteren Erfolg des vergangenen Jahres, die Förderung der Endometriose-Forschung, möchte ich noch einmal herausstellen. Endometriose ist die zweithäufigste gynäkologische Erkrankung. Obwohl es Millionen betroffene Frauen in Deutschland gibt, wurde bisher kaum dazu geforscht. In den 16 Jahren unter CDU-Kanzlerinnenschaft haben Sie dafür insgesamt 500 000 Euro zur Verfügung gestellt – viel zu wenig für eine Krankheit, bei der es an vielem, von Diagnosemöglichkeiten bis zur Aufklärung für Ärztinnen bzw. Ärzte und Frauen, mangelt, von Heilungsmöglichkeiten einmal ganz abgesehen. Erneut haben wir also Ihre Altlasten, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, beseitigt

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Ach Gottchen!)

und endlich Fördermittel in Millionenhöhe beschlossen: 5 Millionen Euro jährlich, auch in 2024. Millionen Frauen in Deutschland wurden jahrelang alleingelassen. Das ändert sich jetzt mit dieser Ampelkoalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Nina Warken [CDU/CSU]: Da sind Sie aber auch nicht selber draufgekommen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie ist für viele Menschen leider noch nicht vorbei. Ich bekomme aktuell zahlreiche Zuschriften von Post-Covid- und ME/CFS-Betroffenen;

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Großes Problem!)

ich glaube, es geht Ihnen ähnlich. Da bekommt man ein Gefühl dafür, unter welch unerträglichen Umständen die Betroffenen leben müssen.

(Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: So ist es!)

Ich kann Ihnen versichern: Wir sehen Ihre Leiden

(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

und wir wissen, dass es nun unsere Aufgabe ist, im Haushaltsverfahren genau zu schauen, ob die vorgesehenen Mittel auch den Bedarfen entsprechen. Das betrifft neben dem BMBF natürlich gleichermaßen das Gesundheitsministerium. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben da noch eine Menge Arbeit vor uns.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Das glaube ich auch! – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

Lassen Sie sich mich zusammenfassend sagen: Der vorliegende Entwurf ist von der angespannten Haushaltslage und den Sparvorgaben geprägt; das ist klar. Trotz aller Krisen hat es die Ministerin aber geschafft, mit 20,3 Milliarden Euro einen Einzelplan aufzustellen, der über dem letzten Finanzplan der GroKo liegt

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist kein Kriterium!)

und wichtige Impulse für den Innovations- und Wissenschaftsstandort Deutschland setzt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Darauf bauen wir jetzt im parlamentarischen Verfahren auf. Wir werden noch einige Akzente setzen müssen, um die Generationengerechtigkeit im Haushalt zu stärken. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist jetzt als Haushaltsgesetzgeber unsere gemeinsame Aufgabe.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Hönel. – Als nächste Rednerin erhält das Wort die Kollegin Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)