Rede von Lisa Badum Brennstoffemissionshandel

Foto von Lisa Badum MdB
28.09.2022

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Pause ist jetzt vorbei. Wir sprechen über ein wichtiges Thema, in das ich Sie mit diesem Alltagserlebnis ein bisschen reinholen möchte. Sie kennen es vielleicht: Man trifft sich am Wertstoffhof, hat mühsam Dosen und Flaschen zusammengesammelt und unterhält sich. Am Ende dieses Dialogs fällt dann meistens der Satz: Diese ganze Mülltrennung bringt doch gar nichts; am Ende wird sowieso alles zusammengeworfen und verbrannt.

Klar ist: So pauschal stimmt das natürlich nicht. Deutschland hat ein gutes System, gerade mit der gelben Tonne, deren Inhalt weiterverwendet wird. Da geht es um Getränkekartons, Weißblech und auch um Plastikflaschen. Aber leider landet fast unser gesamter Restmüll – über 13 Millionen Tonnen – in der Müllverbrennung. Damit gehen wertvolle Stoffe wie Kupfer, Altglas oder Plastik verloren. Und das ist doppelt schwierig, zum einen, weil wir so einen höheren CO2-Ausstoß produzieren, und zum anderen, weil wir eben auch Rohstoffe verheizen und durch den Schornstein hinausblasen, und das in Zeiten einer weltweiten Rohstoffknappheit.

Mir ist selbstverständlich bewusst, dass wir heute nicht über eine Gesamtstrategie der Kreislaufwirtschaft beraten. Aber wir müssen uns schon fragen, liebe Kolleginnen und Kollegen, ob wir die Müllverbrennung weiter subventionieren wollen. Ich meine, nein. In den vergangenen Jahren haben die Müllverbrenner rund 1 Milliarde Euro gespart, weil Abfallbrennstoffe nicht, wie es eigentlich sinnvoll gewesen wäre, von Anfang an in die CO2-Bepreisung miteinbezogen wurden. Währenddessen haben alle anderen das Geld für die CO2-Zertifikate bezahlt: die Industrie, Mieter/-innen, Autofahrer/-innen – die Müllverbrenner aber nicht. Das ist wirklich nicht fair; denn das Molekül CO2 ist ja nicht weniger schädlich, weil es aus dem Müllverbrenner statt aus dem Auspuff kommt. Deswegen müssen wir das ändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Olaf in der Beek [FDP])

Wir rechnen bei einer Einbeziehung der Müllverbrennung in die CO2-Bepreisung allein 2023 mit zusätzlichen 900 Millionen Euro Einnahmen im Klima- und Transformationsfonds. Das ist Geld, welches wir den Bürgerinnen und Bürgern wieder zurückgeben können, zum Beispiel über das Klimageld.

Jetzt sagen die ein oder anderen: Können die Müllverbrenner das denn überhaupt bezahlen? – Da muss ich ehrlich sagen: Wer die Energiepreise verfolgt hat, der stellt fest, dass es sehr, sehr große Mehreinnahmen bei Wärme und Strom gibt – das sind 460 Prozent Mehreinnahmen in diesem Jahr –, während sich die Kosten für die Müllverbrennung aber nicht verändert haben. Deswegen warne ich wirklich davor, die Einführung jeglicher Preisinstrumente der Klimapolitik jetzt irgendwie aufgrund der hohen Preise für fossile Energieträger verschieben zu wollen. Wir berauben uns der Mittel im Haushalt, und wir werfen zwei Dinge in einen Topf, die nicht zusammengehören; wir vergleichen Äpfel mit Birnen. Ein langfristiges Instrument zur Transformation wie den CO2-Preis zu vergleichen mit kurzfristigen, schockartigen Preissteigerungen, die wir im fossilen Bereich vorfinden, das ist absolut falsch.

Wer jetzt wieder die alte Diskussion aufmacht und versucht, Klimaschutz gegen soziale Gerechtigkeit auszuspielen, dem muss ich sagen: Dann sagen Sie doch jetzt gleich deutlich, dass Sie uns direkt in die nächste Energiekrise reinmanövrieren wollen, wo wir in ein paar Jahren wieder unsere Abhängigkeiten von fossilen Energien und unsere mangelnde Effizienz beklagen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wir beklagen die mangelnde Effizienz der Bundesregierung!)

Der muss dann auch ehrlich sagen, dass er die Transformation weiter blockieren will, und zwar gerade den Menschen, die jetzt in den schlechtsanierten Häusern sitzen. Warum sitzen sie in diesen schlechtsanierten Häusern? Warum leiden viele jetzt unter den hohen Preisen für fossile Energieträger? Weil in der Vergangenheit die politische Mehrheit nicht mutig war, ordnungsrechtliche und preispolitische Instrumente anzuwenden und die Umweltfolgen in die marktwirtschaftlichen Berechnungen miteinzubeziehen, und das muss aufhören.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Bereich Abfall hat seinen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Das haben wir auch überparteilich im Rahmen des Klimaschutzgesetzes beschlossen; die Klimaziele wurden ja auch noch mal erhöht. 21 Millionen Tonnen CO2 entstehen jährlich aus der Abfallverbrennung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, an diese Emissionen müssen wir ran.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Klar ist auch: Jede erfolgreiche Maßnahme gegen die Klimakrise ist ein Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit. Denn Menschen mit hohem Einkommen haben einen größeren CO2-Fußabdruck, und sie müssen jetzt ihren fairen Anteil beitragen. Ärmere Menschen sind gerade von den Verteuerungen extrem stark – unverhältnismäßig stark – betroffen. Das sehen wir doch in der Diskussion, die wir jetzt führen.

Deswegen freue ich mich auf die weiteren Beratungen und auf mehr Klimaschutz, wenn wir es bald verabschiedet haben werden.

Vielen, vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank. – Als Nächstes erhält das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Thomas Gebhart.

(Beifall bei der CDU/CSU)