Foto von Konstantin von Notz MdB
12.10.2023

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es sind schwierige, ja schwere Zeiten.

Der brutale, rücksichtslose Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, maximale Herausforderungen bezüglich der Spionage und der illegitimen Einflussnahme auf unsere und alle europäischen Demokratien, der rechte Terror – ob NSU, der Mord an Walter Lübcke oder die Taten von Halle und Hanau – und der islamistische Terrorismus, zuletzt die schrecklichen, menschenverachtenden, von Judenhass getriebenen Terroranschläge in Israel: All das führt uns vor Augen, wie wichtig die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden ist und wie wichtig auch die Arbeit der Nachrichtendienste in Deutschland ist, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Wir brauchen die Nachrichtendienste, weil sie ein wichtiger Teil der Verteidigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind – gegen die vielen Feinde von innen und von außen. Bei dieser Arbeit müssen die Dienste vor allem zwei Kriterien erfüllen: Sie müssen die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die sie verteidigen, selbst einhalten. Und sie müssen effektiv, wirksam und schlagkräftig sein. Das ist kein Widerspruch, meine Damen und Herren: Das eine bedingt das andere.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ein ganz besonderer Dank geht an dieser Stelle an die Bürgerrechtspartei CSU, die mit ihrem völlig überzogenen, klar verfassungswidrigen Landesverfassungsschutzgesetz die Urteile des Bundesverfassungsgerichts im letzten Jahr überhaupt erst möglich gemacht hat. Damit hat sie auch die von uns seit vielen Jahren kritisierten Bundesnormen abgeräumt. Viele dieser Übermittlungsbefugnisse waren offenkundig zu weit, zu unbestimmt, zu pauschal.

(Sebastian Hartmann [SPD]: So war das aber nicht beabsichtigt!)

Das Urteil bedeutet ganz schlicht: Wenn wir bis zum Ende dieses Jahres keine neuen Regelungen beschließen, dürfen keine Informationen mehr fließen. Und dann könnten die Dienste nicht mehr warnen. Das wäre angesichts der aktuellen Weltlage ein Riesenproblem. Und deswegen sind wir befremdet – Frau Staatssekretärin, ich sage es in aller Kollegialität – von der Verhandlungstaktik und auch dem Zeitplan des Bundesinnenministeriums in diesem sensiblen Gesetzgebungsprozess, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Stefan Heck [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])

Die vorliegenden Gesetzentwürfe gehen zwar in die richtige Richtung; das ist völlig richtig. Aber Sie beantworten einige der entscheidenden Fragen bisher völlig unzureichend. Zum Beispiel § 20 Bundesverfassungsschutzgesetz ist juristisch so schlicht nicht haltbar.

(Konstantin Kuhle [FDP]: So ist es!)

Der Anspruch, eine verfassungskonforme Regelung zu schaffen, ist nicht lästig, und er ist auch kein Hindernis, sondern er ist die absolute Voraussetzung für die gemeinsame, effektive und rechtsstaatliche Abwehr konkreter Gefahren, die von den Terroristen, den Despoten und den Autokraten in dieser Welt ausgehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Deswegen kann ich Ihnen nur sagen –

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss –: Wir stehen bereit, den Diensten hier gute Regelungen an die Hand zu geben.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Herr Kollege.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Dafür arbeiten wir vor allen Dingen auch gerne mit der Opposition zusammen. Ich freue mich auf die gemeinsamen Beratungen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Der nächste Redner ist Dr. Christian Wirth für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)