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10.06.2021

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich sage es ganz unumwunden: Ihr Gesetzentwurf ist weder ambitioniert noch zukunftsweisend. Dabei wäre eine moderne und rechtssichere Arbeitsgrundlage enorm wichtig für die Polizistinnen und Polizisten, die täglich für uns alle im Einsatz sind. In etlichen Runden wurden ganz konkrete Verbesserungsmöglichkeiten erörtert, und in der vernichtenden – so muss ich es leider sagen – Sachverständigenanhörung im Innenausschuss wurden die Schwachstellen ohne Ende offengelegt. Die Gewerkschaft der Polizei hat in ihrer Stellungnahme die Zuständigkeitserweiterung im Aufenthaltsgesetz als – ich zitiere – „aus verfassungsrechtlichen und tatsächlichen Gründen abzulehnen“ kritisiert. Die Aufgabenerweiterung sei durch die Bundespolizei auch überhaupt nicht leistbar. Das sage nicht ich, das sagt die GdP.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber das ist nur eine Gewerkschaft!)

Die Formelkompromisse, die Sie gefunden haben, können nicht die Grundlage für den so dringend benötigten großen Wurf beim Bundespolizeigesetz sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Festhalten an der Quellen-Telekommunikationsüberwachung setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Liebe SPD, ihr seid nicht nur über eure eigene Großspurigkeit gestolpert, diese Aktion verhindern zu wollen, sondern ihr seid komplett umgefallen. Verfassungsrechtlich hochumstritten, steht das Ding bereits im Bundeskriminalamtgesetz. Vor einer halben Stunde haben Sie die Aufnahme ins Verfassungsschutzgesetz beschlossen, und jetzt soll es auch noch im Bundespolizeigesetz landen, und das, obwohl Sie mit den Sicherheitslücken, die Sie für den Staatstrojaner offenhalten müssen, die IT-Sicherheit von 83 Millionen Menschen in unserem Land gefährden – eine regelrechte Einladung an Cyberkriminelle und andere, die nichts Gutes im Sinn haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der FDP)

Sie gefährden die Bürgerinnen und Bürger für die Möglichkeit, ein Instrument anzuwenden, das in der bisherigen Praxis überhaupt gar keine Rolle spielt. Das ist keine Sicherheitspolitik, das ist das Gegenteil davon, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Konstantin Kuhle [FDP] und Ulla Jelpke [DIE LINKE])

Um das noch mal ganz klarzustellen: Die Polizei braucht eine Lösung. Sie braucht eine Lösung, um Messengerkommunikation aus ganz konkretem Anlass und unter ganz engen Voraussetzungen mitlesen zu können, aber diese Lösung muss rechtsstaatlich sein, und sie darf vor allen Dingen nicht die Sicherheit in unserem Land gefährden.

Darüber hinaus finden sich in Ihrem Gesetzentwurf kaum Maßnahmen, die die Arbeit der Bundespolizei wirklich verbessern würden. Die Abschaffung des Racial-Profiling-Paragrafen und die Einführung einer echten Kontrollbefugnis mit klaren Zulässigkeitsvoraussetzungen, wie sie im Übrigen auch von der Gewerkschaft der Polizei gefordert wird, sind dringend nötig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Verbesserungen bei der Datenverarbeitung, die Evaluation von Rechtsgrundlagen und die Schaffung eines unabhängigen Polizeibeauftragten sind ebenfalls längst überfällig.

Außerdem müssen auch die vielen offenen Stellen besetzt werden. Deshalb brauchen wir dringend eine qualitative Personaloffensive mit verbesserter Aus- und Fortbildung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr Gesetzentwurf ist bestenfalls unausgegoren, im schlimmsten Fall verfassungswidrig – das wird sich noch zeigen –, aber die Reform der Reform ist jedenfalls schon jetzt vorprogrammiert. Unsere Polizei hat mehr verdient.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Vielen Dank. – Ich mache darauf aufmerksam, dass jetzt die letzte Minute für die Möglichkeit der Abgabe der Stimme zur namentlichen Abstimmung gekommen ist und ich eigentlich jetzt gleich die Urnen schließen muss. Ist noch jemand im Saal, der noch nicht abgestimmt hat? – Da läuft sie. – Sind jetzt die letzten Stimmen abgegeben worden? Kann ich ein Signal bekommen? – Ja, der Daumen ist oben. Ich schließe damit die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer um die Auszählung. – Vielen Dank.

Wir kommen zur nächsten Rednerin: Frau Andrea Lindholz von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)