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20.11.2020

Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das erste Gesetz, das ich hier im Bundestag begleiten durfte, war die Aussetzung der Wehrpflicht. Und jetzt kommen schon wieder welche mit dieser verstaubten Debatte um die Ecke, ganz so, als ob sie die letzten zehn Jahre verschlafen hätten. Wobei Sie – das wurde hier zu Recht noch mal gezeigt – ja nicht nur zehn Jahre zurückwollen, sondern in noch viel dunklere Zeiten. Aber ich bin mir sicher, dass dies nicht der Hintergrund für die Forderung der AfD ist. Mit Sorge höre ich, dass im Zusammenhang mit der Wehrpflicht auch aus einer ganz anderen Ecke eine Frage gestellt wird: Würde die Einführung der Wehrpflicht nicht gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr helfen? – Ich glaube, nein. Die Lehre aus den letzten Jahren muss doch sein, dass eben nicht jeder dort richtig ist, sondern dass man vielmehr genauer hinschauen muss,

(Jan Ralf Nolte [AfD]: Dann müssen Sie uns zustimmen!)

wer mit welcher Motivation den Dienst bei den Streitkräften leistet.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer in unserer Demokratie das Gewaltmonopol ausübt, an den stellt die Gesellschaft zu Recht sehr hohe Anforderungen. Ich kann nach vielen Gesprächen mit Soldatinnen und Soldaten sagen: Die große Mehrheit der Menschen in der Bundeswehr erfüllt diesen Anspruch mit Bravour. Es ist gerade auch in ihrem Interesse, dass klargemacht wird, dass für Feinde der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, für Rechtsextremisten und Reichsbürger, für Spione und Islamisten kein Platz in der Bundeswehr sein darf. Da ist jeder Fall ein Fall zu viel, jeder Fall eine große Gefahr für Sicherheit und Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Rechtsextremisten in unseren Sicherheitsbehörden entdeckt werden, dann braucht es schnellere Verfahren und klarere, härtere Konsequenzen.

Meine Damen und Herren, wir haben in den letzten Jahren mit vielen tapferen Soldatinnen und Soldaten gesprochen, die Probleme aufgedeckt haben – ob es um Auslandseinsätze, um Rechtsextremismus oder um Rüstungsskandale ging –, mit Soldatinnen und Soldaten, die eben nicht wegschauen und ein hohes Verantwortungsgefühl zeigen. Die müssen wir stärker in dieser Haltung unterstützen.

Wir entscheiden als Parlament am Ende darüber, ob Soldatinnen und Soldaten in gefährliche Einsätze geschickt werden. In elf Jahren im Verteidigungsausschuss habe ich eine Sache an unserer Arbeit besonders zu schätzen gelernt – man sieht es seltener hier im Plenum, man erlebt es eher hinter den verschlossenen Türen des Ausschusses –: Am Ende wollen alle demokratischen Fraktionen dieser Verantwortung gerecht werden, egal ob sie Auslandseinsätzen zustimmen oder sie kategorisch ablehnen.

So zum Beispiel, als uns die Soldatinnen und Soldaten in Afghanistan und anderen Auslandseinsätzen erzählt haben, dass sie keine Möglichkeit haben, mit ihren Familien in Deutschland über Video zu telefonieren. Das Verteidigungsministerium meinte damals: „Das geht technisch gar nicht“, obwohl nahezu alle anderen Staaten das ermöglicht haben. Der Verteidigungsausschuss hat über Fraktionsgrenzen hinweg nicht lockergelassen und gegen alle „Geht doch nicht“-Bedenkenträger das möglich gemacht, auch wenn sicherlich noch nicht alles perfekt ist.

Und als es um an Körper und Seele verwundete Soldatinnen und Soldaten ging, haben wir gemeinsam die ursprüngliche Rechtsauffassung des Ministeriums widerlegt. Wir haben auch hier gegen die „Geht nicht“-Front die Beweislast zugunsten der Betroffenen umgekehrt. Und wir machen weiter Druck, dass sich Behandlung und Betreuung verbessern und die belastenden Wartezeiten geringer werden.

In diesem Sinne werden wir von den demokratischen Fraktionen weiter zusammenarbeiten, in der Verantwortung gegenüber unserer Parlamentsarmee. Schaufensteranträge, selbsternannte Fürsprecher und verstaubte Antworten aus der Mottenkiste hat es dafür in den letzten Legislaturperioden nicht gebraucht, und die braucht es auch jetzt nicht.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Ingo Gädechens das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)