Rede von Agnieszka Brugger Bundeswehrmandat EUNAVFOR MED IRINI im Mittelmeer
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ja, die Mission erinnert an ihre Vorgängermission EUNAVFOR MED Sophia. Einer von mehreren gravierenden Unterschieden ist aber, dass mit Sophia die Schlepper zunächst auf See militärisch bekämpft werden sollten und es auch konkrete Planungen gab, das in Libyen dann auch an Land zu tun. Es ist richtig, dass die EU-Staaten sich von diesem hochgefährlichen Ansatz nun endlich verabschiedet haben. Das war auch einer der Gründe, warum wir Grüne das alte Mandat abgelehnt haben.
Bei aller berechtigten Kritik muss man aber eines unbedingt anerkennen: Im Rahmen des Einsatzes wurden über 43 000 Menschen aus Seenot gerettet. Man kann für jedes einzelne Menschenleben, das gerettet wurde, einfach nur von Herzen Danke sagen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Dass die Mission insgesamt aber beendet wurde, weil einzelne europäische Regierungen sich einer fairen Verteilung von Schutzsuchenden verweigert haben, das war in der Tat echt ein Armutszeugnis. Salvini-Fanboys in diesem Haus sind es auch.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU] und Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP])
In der EU braucht es für eine Mission einen einstimmigen Beschluss. Das haben Sebastian Kurz und Viktor Orban nun ausgenutzt, um bei Irini einen zynischen Mechanismus hineinzuverhandeln: dass eine Regierung einen kurzen Operationsstopp beantragen kann, wenn aus ihrer Sicht zu viele Menschen gerettet werden. Die brutale Realität ist aber: Wenn niemand auf dem Mittelmeer rettet, dann gibt es nicht weniger Geflüchtete, sondern es gibt mehr Tote. Wir erwarten daher von der Bundesregierung: Verurteilen Sie diesen beschämenden und zynischen Mechanismus, der mit europäischen Grundwerten nichts zu tun hat, aufs Schärfste, und schreiten Sie auf europäischer Ebene mit Nachdruck ein! Sorgen Sie dafür, dass niemand verhindern kann, dass Menschenleben gerettet werden!
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ein hochproblematischer Teil der alten Mission Sophia bleibt aber bestehen: die Ausbildung und die Zusammenarbeit mit der libyschen Küstenwache, obwohl deren Mitglieder teilweise nachweislich selbst mit Menschen handeln und Flüchtlingsboote abdrängten und in Flüchtlingslagern Menschenrechte brutal verletzt werden. Wir fordern die Bundesregierung daher auf: Nehmen Sie diese falsche Komponente aus dem Mandat!
Wegen der Ausbildung der libyschen Küstenwache können wir Grüne nicht Ja zu Irini sagen. Aber wir werden das Mandat nicht ablehnen, weil es richtig ist und bleibt, dass das Waffenembargo angesichts des Krieges in Libyen überwacht wird, weil sich bei der Berliner Konferenz viele Staaten, die diesen Konflikt über Jahre befeuert haben und es teilweise heute noch tun, zumindest an einen Tisch gesetzt haben. Auch wenn es gerade wieder größere Rückschläge gab und die Bewachung zur See allein nichts gegen den Waffenstrom auf dem Landweg ausrichten kann, gibt es zumindest den Versuch einer politischen Lösung und nach Jahren endlich eine gemeinsame europäische Position in dieser Frage.
Es mag unbefriedigend sein, aber in der internationalen Politik gibt es keine bessere Alternative, als immer wieder zu reden, zu verhandeln und dann auch danach zu handeln. Es war richtig, dass Sie die Akteure in Libyen zum Reden bekommen haben. Aber schöne Konferenzbilder und kluge Papiere allein reichen nicht. Jetzt müssen die Kanzlerin und Heiko Maas allen auch zeigen, –
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Frau Kollegin, bitte kommen Sie zum Schluss.
Agnieszka Brugger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
– dass es Konsequenzen hat, wenn man das Embargo bricht.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Machen Sie auf europäischer Ebene Druck und senden Sie an alle, die ihr Wort gebrochen, weiter Waffen oder Söldner ins Land geschickt und so den Konflikt befeuert haben, ein klares und deutliches Signal, auch mit einem Stopp der Rüstungsexporte!
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vizepräsident Wolfgang Kubicki:
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächster Redner ist der Kollege Peter Beyer, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)