Rede von Stefan Gelbhaar Bußgelder in der Straßenverkehrsordnung

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15.05.2020

Stefan Gelbhaar (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, wollen für gefährliche Rechtsbrüche – und das sind Geschwindigkeitsübertretungen – Rabatte einräumen. Da sind Sie jetzt im Boot mit den Verrückten von der AfD.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Oliver Luksic [FDP]: Nein, wir wollen die bisherige Rechtslage!)

Wir hingegen sagen aber klar: Radfahren und Zufußgehen sollen keine Mutprobe mehr sein. Aber Ihr Antrag könnte uns völlig egal sein, wenn wir einen Verkehrsminister mit Kompass hätten. Leider wissen wir seit gestern Abend: Was wir haben, ist ein Fähnchen im Wind, mit einer mittleren Halbwertszeit von drei Wochen, bis Beschlüsse nicht mehr gelten sollen. Ich habe die SPD allerdings so verstanden, dass es kein Zurückdrehen dieser Novelle geben wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Stellen Sie das vielleicht noch einmal explizit klar, damit wir das alle genau wissen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Antragsteller argumentieren jedenfalls, dass die Verkehrsunfälle zurückgegangen sind. Ja, Autoinsassen verunglücken seltener. Aber Fußgänger und Fußgängerinnen sowie Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen verunglücken immer häufiger. Das muss in Ihr Weltbild einmal einfließen. Und wenn Sie ehrlich sind, dann sagen Sie von der AfD mit Ihrem Antrag, dass über 3 000 getötete und fast 400 000 verletzte Menschen pro Jahr halt hinzunehmen sind. Und hier sagen wir: Nein, das ist nicht hinnehmbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Deswegen ist und war die Bußgelderhöhung richtig und überfällig. Wir liegen jetzt im europäischen Mittelfeld; überzogen ist da gar nichts.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Geschwindigkeitsbegrenzungen sind keine Schikane; sie sollen Leben schützen. Ein Unterschied von 20 km/h kann die Differenz sein zwischen einem großen Schreck und einem getöteten Menschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Die Freiheit des einen kann nur so weit reichen, wie sie die Freiheit des anderen nicht beendet. Alle sollen sich frei und sicher im öffentlichen Raum bewegen können. Und diese Freiheit steht jedem und jeder zu, allen voran Kindern und alten Menschen, ob zu Fuß, im Rollstuhl oder auf dem Fahrrad.

Ich sage aber auch: Diese Novelle war durchaus halbherzig; denn es fehlt einiges. Wir brauchen eine konsistente Novelle. Verkehrssicherheitszonen, wo nur Lkw mit Abbiegeassistenten einfahren: fehlt; Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in den Städten – das würde Frau Kluckerts Problem mit dem Hin und Her bei den Tempo-30- und Tempo-50-Zonen lösen –: fehlt; mehr Beinfreiheit für die Kommunen bezüglich der Nutzung des Straßenraums: fehlt.

Das alles zu ändern, wäre eine Ansage eines Verkehrsministers mit Ziel und Maß. Wir haben aber, wie gesagt, ein Fähnchen im Wind als Verkehrsminister. Und so bleibt mir nur, mit einem Zitat von Seneca zu schließen: „Wer den Hafen nicht kennt, in den er segeln will, für den ist kein Wind der richtige.“

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Ich hätte das gerne auf Latein gehört! – Gegenruf des Abg. Stefan Gelbhaar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten zu wenige verstanden!)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Dr. Christoph Ploß für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)