Rede von Dr. Kirsten Kappert-Gonther Cannabis
Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Prohibition von Cannabis ist gescheitert. Sie hat unzählige Menschen kriminalisiert,
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
unvorstellbare Ressourcen in Justiz und Strafverfolgung gebunden, und – das ist das Schlimmste – sie verhindert den Gesundheitsschutz.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)
Fast hundert Jahre hat sie gedauert. Damit muss endlich Schluss sein!
Darum ist es eine historische Chance, dass wir die kontrollierte Freigabe von Cannabis im Koalitionsvertrag verankert haben.
(Beifall der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Nun ist die Ungeduld verständlicherweise groß, viele Menschen wünschen sich eine sofortige Entkriminalisierung. Ich muss sagen: Ich verstehe das. Auch wir wollen die Prohibition lieber früher als später beenden.
Dass die Linke diesen Ball aufnimmt, ist geschickte Oppositionspolitik,
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Danke!)
doch es ist auch etwas populistisch.
Leitgebend für das Vorhaben der Ampel ist der Gesundheitsschutz. Wir werden die historische Chance nutzen und Cannabis umfassend legalisieren und regulieren.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Sie haben das Argument selber schon gebracht, Herr Gürpinar: Die Entkriminalisierung als eigenständiges Gesetz würde die umfassende Legalisierung verzögern; denn auch für die Entkriminalisierung ist eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes notwendig – das schlagen Sie ja selbst vor –, und jeder Gesetzentwurf in diesem Haus, jeder Gesetzentwurf, muss ein ordentliches parlamentarisches Verfahren durchlaufen, das ist ja klar, und das dauert Monate, das bindet Kapazitäten, und zwar Kapazitäten, die wir dringend für die umfassende Umsetzung der kontrollierten Freigabe brauchen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Was schlagen Sie konkret vor? Sie wollen § 29a Betäubungsmittelgesetz einfach stehen lassen und einen § 29b hinzufügen. Da frage ich Sie: Ist Ihnen bewusst, dass die „geringe Menge“ nach § 29a in den Bundesländern ganz unterschiedlich ausgelegt wird und dass auch Menschen, die mit weniger erwischt werden, einer polizeilichen Ermittlung ausgesetzt sind? Es ist leider eben nicht so einfach, wie Sie vorgeben.
(Ates Gürpinar [DIE LINKE]: In Bayern schon!)
Das wichtigste Ziel der umfassenden Cannabislegalisierung muss die Stärkung des Jugend- und Gesundheitsschutzes sein.
(Martin Sichert [AfD]: Die Stärkung des Jugendschutzes?)
Dafür brauchen wir Alterskontrollen an Verkaufsstellen und klar deklariertes Cannabis, das frei ist von Streckmitteln und frei von zugesetzten, synthetischen Cannabinoiden. Das ist auf dem illegalen Markt nicht gewährleistet. Deshalb finde es ich im Übrigen auch so wichtig, dass wir den Eigenanbau ermöglichen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Um Gottes willen! – Ates Gürpinar [DIE LINKE]: Der steht drin!)
Auch dafür, Herr Gürpinar, brauchen wir wirksame Regeln für Prävention und Gesundheitsschutz; das gehört zusammen.
Wir sind schon – Kollege Heidenblut hat es gesagt – mitten im Prozess, die Ampel geht voran. Wir arbeiten sehr eng zusammen und treffen uns oft zu dem Thema. Der Drogenbeauftragte geht voran; er hat bereits einen Konsultationsprozess durchgeführt, bei dem Hunderte von Expertinnen und Experten nicht mehr das Ob, sondern das Wie diskutiert haben.
(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Es gab ganz viele kritische Stimmen!)
Und die Regierung geht voran: Der Gesundheitsminister hat angekündigt, dass noch in diesem Jahr ein Gesetzentwurf vorgelegt wird.
(Tino Sorge [CDU/CSU]: Er hat angekündigt! – Gegenruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Er heißt ja auch Ankündigungsminister!)
Glauben Sie es: Gemeinsam mit vielen Bürgerinnen und Bürgern achten wir sehr genau darauf, dass diese Versprechen auch eingehalten werden.
Wir haben also längst angefangen, und das ist gut, das ist wichtig, das ist überfällig. Die Entkriminalisierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehen wir im Zuge dieses Gesetzesvorhabens an. Ich freue mich auf unsere weiteren Beratungen im Gesundheitsausschuss.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:
Als Nächster erhält das Wort Thomas Dietz für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)