Rede von Stefan Schmidt Caravaning-Tourismus

Foto von Stefan Schmidt MdB
02.03.2023

Stefan Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Urlaub steht in diesem Jahr hoch im Kurs. Nach den vielen Krisen aktuell und in den letzten Jahren haben die Menschen hierzulande größte Reiselust. Das wurde uns erst vor Kurzem wieder in einer Ausschussanhörung geschildert. Auch der Urlaub in der Natur, das Camping, ist gefragt. Camping bietet nicht nur Ruhe und Entspannung fernab vom Trubel der Städte und stärkt den Tourismus in ländlichen Räumen, sondern es ist auch eine besonders nachhaltige Urlaubsart – Tourismus in Einklang mit Umwelt- und Klimaschutz. Und das ist unser Ziel: den nachhaltigen Tourismus, vor allem in ländlichen Regionen zu stärken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Camping wird sogar noch nachhaltiger, wenn man im eigenen Land übernachtet, wenn die Anfahrtswege kurz sind und die Wertschöpfung in der Region bleibt. Aber Camping ist viel mehr als Caravaning, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU und CSU. Warum versteifen Sie sich in Ihrem Antrag darauf, das Reisen im Wohnwagen und insbesondere im Wohnmobil zu fördern? Wenn die Menschen campen gehen, dann in den meisten Fällen nicht mit dem Wohnwagen oder dem Wohnmobil, sondern mit dem Zelt. Zelten ist besonders naturnah, klimafreundlich und dazu auch noch etwas für den kleinen Geldbeutel.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Michael Donth [CDU/CSU]: Ja, habt ihr da einen Antrag?)

Eine sinnvolle Forderung habe ich auf jeden Fall in Ihrem Antrag gefunden,

(Michael Donth [CDU/CSU]: Oh!)

nämlich ÖPNV- und Sharing-Angebote auszubauen. Wir brauchen viel mehr Busse und Bahnen, vor allem auf dem Land, damit die Reisenden nicht ins Auto, nicht ins Wohnmobil steigen müssen,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

um zum nächsten Supermarkt oder ins nächste Restaurant zu kommen. Und genau das haben wir uns in der Ampel auch vorgenommen:

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wir wollen Ergebnisse sehen!)

die öffentlichen Verkehrsmittel attraktiver machen, die Kapazitäten erweitern. Schön, wenn Sie sich in der Union, wenn auch nur langsam, von Ihrem Straßenfetisch verabschieden

(Widerspruch bei der CDU/CSU – Michael Donth [CDU/CSU]: Und wo fahren die Busse?)

und die Fortschrittskoalition dabei unterstützen, den Koalitionsvertrag umzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Caravaning auf der Bahn! Bis 2070 im Deutschlandtakt!)

Im Übrigen ist der Antrag allerdings wenig schlüssig, und zwar abgesehen von der Frage, ob der Bund überhaupt zuständig ist. Einerseits fordert die Union, das Gewichtslimit in der Führerscheinklasse B zu erhöhen, ohne ernsthaft darüber nachzudenken, welche Folgen das für die Sicherheit auf unseren Straßen haben könnte.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Die EU-Kommission macht’s! Die EU-Kommission sieht das auch so!)

Andererseits fordert die Union mehr E‑Ladesäulen auch für touristische Bedarfe, ohne ein Wort darüber zu verlieren, dass wir auch bei Wohnmobilen dringend einen Antriebswechsel in Richtung E‑Mobilität brauchen.

(Zuruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])

Besonders gewundert habe ich mich allerdings darüber, dass CDU und CSU davon ausgehen, dass mehr Reisemobile in Deutschland automatisch einen höheren Bedarf an Reisemobilstellplätzen bedeuten. Denn dabei blenden Sie komplett aus: Viele der Stellplätze stehen die meiste Zeit des Jahres leer. Die meisten Stellplätze sind nur in wenigen Wochen der Hauptsaison belegt. Flächendeckend gibt es keine Überbelegung, ganz im Gegenteil.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Statt einer blinden Ausbaustrategie zu folgen, brauchen wir eine kluge Gesamtstrategie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Michael Donth [CDU/CSU]: Dann macht sie doch!)

Eine Gesamtstrategie, die erstens dafür sorgt, dass die Reisemobile besser auf die vorhandenen Stellplätze verteilt werden,

(Beifall des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU])

die zweitens bewirkt, dass die Stellplätze auch in der Nebensaison nachgefragt werden und die drittens auch Camping und Zeltplätze berücksichtigt. Diese Strategie stärkt den nachhaltigen Tourismus gerade in den ländlichen Regionen. Davon ist in Ihrem Antrag leider nichts zu finden.

(Michael Donth [CDU/CSU]: Ziffer 1! Ziffer 1! Gleich als Erstes haben wir das gefordert! – Gegenruf des Abg. Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Nach der Überschrift hat er aufgehört, zu lesen!)

Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege. – Herr Kollege Michael Donth, Sie haben als Nächster das Wort. Sie können direkt darauf antworten. Michael Donth von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)